Frischer Wind auf der Sonnenseite
Amerikaner und Umweltschutz – eine Paarung, die zum Scheitern verurteilt scheint. Bis heute haben die Amerikaner das Protokoll von Kyoto nicht unterschrieben und der wieder gewählte Präsident Bush weckt – wie schon sein Vorgänger Bill Clinton – auch keine (falschen) Hoffnungen in Sachen Umweltschutz. Dennoch: Clintons Vize, Al Gore, maßgeblich am Zustandekommen des Kyoto-Protokolls beteiligt, hat sich in den Vereinigten Staaten einen Namen als Umweltschützer gemacht.
US-Umweltfonds für Generationen
Jetzt startet Al Gore zusammen mit dem ehemaligen Investmentbankier David Blood den Generationen-Fonds. Damit will er beweisen, dass sich mit klassischer Finanzanalyse und Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien durchaus hohe Renditen erzielen lassen. Dabei sind die beiden bestimmt nicht unter die Missionare gegangen. Vielmehr meinen sie, dass Nachhaltigkeitsprinzipien wie umweltverträgliche Produktion, mitarbeiterfreundliche Arbeitsumgebung und gesellschaftliche Verantwortung die Gewinne steigern – und zugleich den nachfolgenden Generationen die Welt in einem lebenswerten Zustand zu erhalten.
Die übliche Betrachtungsweise der Aktienanalysten erscheint ihnen zu kurz gefasst. Nur Firmen, die nachhaltig gemanagt werden, werden ihres Erachtens auf lange Sicht erfolgreich arbeiten. Dabei spielen Firmeninteressen eine wichtige Rolle. Verursachen Produkte und ihre Herstellung Umweltschäden, können diese auf die Dauer ein Unternehmen teuer zu stehen kommen. Ein typisches Beispiel ist Toyota: Der japanische Autoriese tüftelt seit Jahren daran, die Abgaswerte seiner Modelle zu senken. In Deutschland findet sich die Deutsche Telekom in fast allen Ökofonds wieder. Der Grund: Der Konzern hat ein eigenes Umweltmanagement eingerichtet. Die Reihe der Beispiele lässt sich beliebig fortsetzen.
Und Personalchefs wissen, Angestellte, die sich wohl fühlen, weil ihre Kinder gut versorgt und die Arbeitszeiten familienfreundlich gestaltet sind, deren Engagement fürs Unternehmen gewürdigt wird, nützen dem Unternehmen mehr als Lohndumping.
Al Gore und sein Partner haben die nachhaltige Geldanlage nicht neu erfunden. Doch mit ihrem Konzept wollen sie institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Stiftungen und Großinvestoren überzeugen. Bei ihnen treffen sie auf offene Ohren. Denn die Skandale um Enron oder Parmalat und der Zusammenbruch der aufgeblasenen New Economy haben die Investoren weltweit verunsichert. Die wollen jetzt über Unternehmen, in die sie Geld stecken, mehr wissen als nackte Bilanzzahlen.
Anlegen wie die Rockefellers
Die Händler an der Wall Street und an der Frankfurter Börse halten die Anlage in Ökofonds zwar nach wie vor eher für einen Marketing- Gag als für eine ernsthafte Alternative. Doch inzwischen steigen auch die Manager von amerikanischen Pensionsfonds auf die Barrikaden. Zumindest wollen sie von der amerikanischen Börsenaufsicht SEC jetzt wissen, wie sehr die Geschäfte der gelisteten Unternehmen durch die globale Klimaveränderung beeinträchtigt werden können. Zu den Überzeugungstätern gehört auch der Rockefeller- Clan. Er will 25 Prozent seines Vermögens in nachhaltig arbeitende Unternehmen investieren. Amerika erwacht.
Auch die europäischen Großinvestoren sind aufgewacht. Letztes Jahr haben sich Vermögensverwalter, Pensionsfonds und Stiftungen mit einem gesamten verwalteten Vermögen in Höhe von 364 Milliarden Euro zusammengeschlossen um das Projekt „Enhanced Analytics Initiative“(EAI) voran zu treiben. Zu ihnen gehören das Pariser BNP Asset Management, der Deutsche Investment Trust Dit, der niederländische Pensionsfonds PGGM, einer der größten der Welt und der größte europäische, der britische USS. Wie ihre beiden amerikanischen Vorbilder zweifeln auch sie an der Aussagekraft kurzzeitiger Aktienanalysen. Für den Erfolg eines Unternehmens seien eben nicht nur finanzielle, sondern gerade auch ideelle Merkmale entscheidend. Dit- Portfolio-Manager Felix Schnella verlangt, dass nicht nur die „grünen Exoten“ über diese Informationen verfügen, sondern auch der klassische Investor. Broker, die diese Arbeit in Zukunft leisten wollen, erhalten mehr Aufträge für Wertpapiertransaktionen. Ein Schweizer Institut untersucht jetzt 21 Broker auf ihre diesbezüglichen Fähigkeiten.
Die lange belächelten Ökofonds legen heftig zu. In ethisch-ökologische Geldanlagen investierten Anleger in Deutschland, Österreich und der Schweiz bislang rund fünf Milliarden Euro. Das ist natürlich ein verschwindend geringer Betrag im Vergleich zu den Anlagen in herkömmlichen Fonds. Allein die deutschen Aktienfonds bringen es zusammen auf 133 Milliarden Euro, darunter der deutsche Publikumsfonds DWS Vermögensfonds I mit 6,7 Milliarden Euro. Doch die Zuwachsraten bei den Ökofonds überzeugen: Allein im letzten Jahr legten die inzwischen 107 Fonds um 20 Prozent an Volumen zu.
Für private Anleger, die nicht über ein Heer von Analysten und Rechercheuren verfügen, ist es allerdings noch schwierig, heraus zu finden, nach welchen Kriterien die Fondsmanager die Aktien auswählen.
Ein Siegel für die Ethik
Was verbirgt sich hinter Bezeichnungen wie Öko, Umwelt, Nachhaltigkeit oder Sustainability? Eindeutige Kriterien zur Definition existieren bislang nicht.
2003 beauftragte die EU-Kommission das European Sustainable and Responsible Investment Forum (Eurosif), Transparenzrichtlinien für die nachhaltige Geldanlage zu entwickeln. Fonds, die das Eurosif-Siegel tragen, versprechen Aufklärung bei ihrer Anlagepolitik.
Jeder Anleger sollte so herausfinden können, ob der jeweilige Fonds seinen Ansprüchen genügt. Das kann heißen, ein Fonds arbeitet nach dem „best in class-Prinzip“. Danach sucht er sich aus einer Branche die Firma heraus, die die Nachhaltigkeitsansprüche am besten von allen Branchenmitgliedern erfüllt.
Eine andere Variante ist das Ausschlussprinzip. So nimmt beispielsweise ein Fonds nur Aktien von Unternehmen, die keine Waffen produzieren oder schließt die Tabakindustrie aus. Der Umgang mit den Mitarbeitern, die Einstellung zu Frauen oder die Einrichtung eines Kindergartens sind ebenfalls ethische Auswahlkriterien.
Zu den Anbietern, die sich den Bedingungen des Eurosif-Siegels freiwillig unterworfen haben, gehören die Schweizer Nachhaltigkeitsspezialisten Sarasin und Sustainable Asset Management (SAM), aber auch Dit von der deutschen Allianz oder SEB Investment. In Deutschland erfahren die Ökofonds bei vielen Fondsgesellschaften keine Unterstützung. Die führen sie zwar, doch für die Werbung geben sie kein Geld aus. Deshalb verkümmern sie in ihrem Schattendasein, die Käufer bleiben aus. Die Folge: Die Volumina sind sehr klein. In den vergangenen zwei Jahren wurden sechs Ökofonds geschlossen, vier neue gegründet.
Anders ist die Situation in der Schweiz. Dort stieg das von der Zürcher SAM verwaltete Vermögen im letzten Jahr um 88 Prozent. Zu den Marktführern bei den nachhaltig investierenden Fonds auf dem europäischen Kontinent gehört die schweizerische Bank Sarasin in Basel. Sie managt seit 1998 den erfolgreichsten deutschen Fonds Öko- Vision, einen Umweltfonds mit besonders strengen Kriterien.
Allein elf verschiedene Fonds, die nach Eurosif-Regeln gemanagt werden, bietet die belgische Gesellschaft Dexia an. Auch sie beweisen: Professionell gemanagte Ökofonds können durchhaus mit den Klassikern mithalten.
Frischer Wind für Alternativen
In Zeiten explodierender Ölpreise versprechen vor allem Fonds, die sich auf alternative Energien spezialisiert haben, lang anhaltenden Erfolg. Denn Öl wird knapper, die Nachfrage in China und Indien lässt die Preise explodieren. Experten erwarten auf lange Sicht eine Notierung zwischen 50 und 100 Dollar pro Barrel. Eine Prognose, die offenbar viele Anhänger findet.
So verzeichnet der SAM New Energy Fonds im letzten und vorletzten Jahr zweistellige Zuwachsraten. Windkraft und Solarenergie werden in Zukunft nicht nur aus ökologischen Gründen die Nase vorn haben. Investoren und Firmenchefs, die mit dem spitzen Bleistift rechnen, werden auf die Alternativen setzen. In Asien gibt es hierfür riesige Wachstumsmärkte. Die Chinesen haben jedenfalls im November 2004 verkündet, dass sie den größten Windpark Asiens bauen und in Zukunft überhaupt auf erneuerbare Energien setzen wollen. In Deutschland mehren sich die Gegner der Windkraft, der Platz für die Windparks ist knapp geworden. Die Menschen, in der Eifel oder in Schleswig-Holstein schauen lieber auf blühende Rapsfelder statt auf die unüberhörbar brummenden Windmühlen. Auch Off-shore Windparks finden nicht viele Freunde. Auf Sylt etwa will man den Gästen nicht den Anblick der rotierender Flügel zumuten – selbst wenn diese in 35 Kilometer Entfernung und nur bei sehr klarer Sicht am Horizont erkennbar wären.
Die Deutschen setzen eher auf die Kraft der Sonne. In dieser Technik sind sie derzeit unschlagbar. Bewiesen haben sie das mit dem größten Sonnenkraftwerk, das vor kurzem im saarländischen Quierschied auf dem Gelände des ehemaligen Kohlebergwerks Göttelborn eröffnet worden ist. Es kann den Energiebedarf von rund 4 000 Haushalten decken.
Ein besonderer Vorteil der ständig verfügbaren Energiespender, der Solaranlage auf dem Dach oder (das klappt zwar nicht immer) dem Windrad im Garten: Wer will, der kann sich selbst mit Strom versorgen. Jedenfalls wird eine dezentrale und damit weniger anfällige Energieversorgung möglich.
Bei aller Euphorie gilt gerade für Einsteiger die Faustregel, dass Fonds, die sich auf neue Techniken spezialisiert haben, ein deutlich höheres Risiko haben als herkömmliche Fonds.
Die Favoriten im Rennen
Auf der sicheren Seite befindet sich, wer sein Gewissen mit dem Kauf von Anteilen des ÖkoVision beruhigt. Dieser Fonds existiert bereits seit 1996 und gilt als erfolgreicher Klassiker. Er investiert weltweit in kleinere und mittlere Firmen und zu einem Drittel in große. Die Unternehmen werden nach ökologischen und ethischen Gesichtspunkten geführt und besitzen in ihrer Branche gute Ertragsaussichten. Dazu gehören unter anderen die Deutsche Telekom, die Schweizer Swisscom und der japanische Kameraproduzent Canon. 25 Prozent der Aktien sind amerikanisch, das Währungsrisiko bleibt überschaubar. Zu den risikoarmen Fonds zählt der Dexia Sustainable European Balanced Medium. Er investiert ausgewogen in Aktien und Anleihen.
Zu den besten Aktienfonds zählt der Dexia Sustainable Social Accent C. Er legt nach ethischen Gesichtspunkten an. Das Schwergewicht liegt auf amerikanischen Aktien. Ausgewählt sind Unternehmen, die eine Vorreiterrolle in ihrer Branche spielen. 90 Prozent der Aktien notieren in Fremdwährungen, dennoch überstand der Fonds die letzten Krisen ohne Blessuren.
Ethik kostet
Grundsätzlich gilt: Je strikter ein Anleger sich bei der Fondsauswahl an ethischen Kriterien orientiert, desto höher die Risiken. Denn Ethik bringt zwar langfristig Marktvorteile, kann aber zunächst Geld kosten. Deshalb folgt der kluge Anleger den Rockefellers: Er legt nur einen Teil seines Vermögens in nachhaltige Fonds an.