Mammazentrum München erschließt modernste Diagnostik
Eingebunden sind zwei große radiologische Praxen und das universitäre Zentrum für bildgebende und interventionelle Brustdiagnostik am Münchner Klinikum rechts der Isar. Die Praxen bringen zum Zeitpunkt der Gründung ihre 16 000 Mammographien jährlich mit ein, die Universität das hier für Europa erstmals etablierte neue Verfahren der Vakuumbiopsie.
„Natürlich kennen wir die Diskussion um den Sinn und die Notwendigkeit der Brustkrebsfrüherkennung und speziell der Vorsorgemammographie. Wir sehen uns aber nicht als Mammographiezentrum. Es ist seit langem bekannt, dass der sinnvolle Einsatz zusätzlicher Methoden wie Ultraschall die Schwächen der Mammographie etwa bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe ausgleichen kann. Hierdurch kann man eine Sensitivität bei der Entdeckung von Brustkrebs von über 90 Prozent erreichen. In diesem Sinne kombinieren wir alle Methoden, um für unsere Patientinnen die höchst mögliche Sicherheit zu erreichen“, so Prof. Sylvia Heywang-Köbrunner, die Leiterin der Abteilung für bildgebende und interventionelle Brustdiagnostik des Klinikums rechts der Isar der TU München.
Sie nennt als weitere Voraussetzung für den Erfolg eines solchen Zentrums: Eine Reihe erfahrener Experten aus verschiedenen relevanten Gebieten, wie Bildgebung oder Gynäkologie, arbeiten unter einem Dach zusammen. Schon vor dem Zusammenschluss im Mammazentrum hat die Gruppe mehr als 20 000 Frauen untersucht und dabei mehr als 500 Karzinome entdeckt, davon überproportional viele in statu nascendi. Diese Erfolge führten dazu, dass das Mammazentrum zum Referenzzentrum für Mammographie aufstieg – als eines von vier deutschen Zentren und einziges in Süddeutschland.
Oftmals war es lediglich die konsequente Verfolgung von Zweifelsfällen, die zur eindeutigen Diagnose führte, wie der niedergelassene Radiologe Dr. Thomas Hilbertz an einer Patientin erläuterte, bei der ein diskreter Mikrokalk-Herd in der digitalen Mammographie den entscheidenden Hinweis gab, der dann im folgenden Ultraschall zur Aufdeckung eines acht Millimeter messenden, invasiven, duktalen Mammakarzinoms führte. Mikrokalk ist jedoch nur in der Mammographie sichtbar, so dass Ultraschall allein kaum zu guten Ergebnissen geführt hätte. Hier war die Kombination der Verfahren, wie sie das Zentrum bietet, der entscheidende Schritt zur erfolgreichen Diagnostik.
Schonung der Patientinnen und des Budgets
Wie Professor Heywang-Köbrunner betont, konnte im eigenen Patientengut durch gezielten Einsatz der eingeführten diagnostischen Methoden bei 90 Prozent der untersuchten Frauen schlussendlich ein gutartiger Befund gesichert und eine Operation – meist mit Narkose – vermieden werden. Damit blieb in den meisten Fällen den Frauen auch jegliche bleibende Narbe am Untersuchungsort erspart.
Diese Erfahrung ist inzwischen auch durch umfangreiche Studien gesichert. So ließ sich zeigen, dass die Treffsicherheit der Biopsie unter Kontrolle durch Bildgebung bei guter Qualitätssicherung mindestens so gut ist wie die Sicherheit einer Gewebeentnahme bei offener Operation. Davon profitieren natürlich die Frauen mit negativem Befund. Aber auch Patientinnen, bei denen sich eine bösartige Neubildung feststellen lässt, haben Vorteile: „Inzwischen ist belegt, dass auch bei Bösartigkeit eines Befundes weniger Operationsschritte für die komplette Tumorentfernung nötig sind und vor allem eine wesentlich bessere Planung für Brust erhaltende Operationen möglich wird, wenn die Diagnose vor dem Eingriff feststeht“, so die Professorin.
Die durch diese Vorteile entstehende Kosteneinsparung ist beträchtlich, wie Heywang-Köbrunner anmerkt. Die Qualitätssicherung im Münchner Zentrum wird auch durch konsequente Interdisziplinarität erreicht. So arbeiten die Gynäkologen der gegenüber angesiedelten Universitätsklinik regelmäßig im Zentrum mit. Jeder Befund wird gemeinsam mit dem Pathologen durchdiskutiert. Und das Zentrum ist derzeit noch offen für weitere Kooperationspartner – jedenfalls so lange der Platz reicht und die Spezialisierung der neuen Partner zum Team passt.
Zur Verbesserung der Kommunikation im Zentrum und mit anderen Einrichtungen hat München ein digitales Bildarchivierungs- und Kommunikations-System entwickelt.
Vorteilhafte Vakuumbiopsie
Trotz ihres etwas abschreckenden Namens ist die Vakuumbiopsie im Vergleich zur bisher als Standard geltenden Stanzbiopsie ein wahrer Segen für die Mammadiagnostik. Bei dieser Technik wird eine Hohlnadel, mit der unter Vakuum Gewebeteile entnommen werden können, unter digitaler Bildgebung direkt in das zu untersuchende Gewebe geführt. Der Entnahmevorgang ist wesentlich präziser, weil unter Vakuum das Gewebe nicht ausweichen kann, was im Stanzprozess nicht selten geschieht.
Die Methode ist inzwischen Standard in den USA, in Deutschland zieren sich jedoch die gesetzlichen Kassen teilweise, die Kosten zu tragen. Eine positive Ausnahme machen derzeit die AOK Bayern und die LKK. Einzelne BKKen und Ersatzkassen behandeln die Kostenübernahme im Rahmen des Brustkrebsscreenings. Privatkassen tragen die Kosten bei entsprechendem Antrag. Einen Durchbruch dieser Methode in Deutschland erwarten die Münchner Gynäkologen durch die von ihnen initiierte Multizenterstudie, die soeben international hochrangig publiziert wurde. Allein an der TU München wurden mit der Vakuumbiopsie mittlerweile mehr als 3 000 Frauen untersucht.
Bei den entdeckten Tumoren befanden sich mehr als zwei Drittel noch im Stadium des Carcinoma in situ, das besonders gut auf therapeutische Interventionen anspricht.
Fazit
Das Münchner Mammazentrum könnte bundesweit Modellcharakter haben, es wird aber erst dann ein wirklicher Erfolg sein, wenn es von den betreffenden Frauen gut angenommen wird. Daher wird die individuelle Patientenbetreuung groß geschrieben, wie Dr. Christian Kutschker, der zweite Radiologe unter den Gründern, erläutert. So kann jede Frau, die das Zentrum aufsucht, sicher sein, dass sie den behandelnden Arzt ihrer Wahl vorfindet – gleichzeitig jedoch alle Expertise des Zentrums verfügbar hat.
Davon sollten sowohl Frauen, die zur Routine-Mammographie kommen, wie auch Patientinnen, die einen unklaren Befund mitbringen, gleichermaßen profitieren.