FDI-Wissenschaftskongress in Montreal

Zahnmedizin global gesehen

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Global fortbilden, lokal handeln – unter dieser Prämisse kam eine Vielzahl von Besuchern nach Montreal, um sich auf dem Wissenschaftskongress des Weltzahnärzteverbandes FDI fachlich auf den neuesten Stand zu bringen. Das große Spektrum an Themen bot für jeden Zahnarzt aus dem „Schmelztiegel FDI“ etwas an.

Zum Kongress vom 24. bis 27. August waren bereits mehr als 12 000 Fachbesucher vorangemeldet, eine Zahl, die sich bis zum Beginn des Kongresses noch um rund 3 000 Teilnehmer erhöhte, davon waren 4 850 Zahnärzte. Die Teilnehmer kamen vor allem aus Nordamerika, aber wie bei jedem FDI Kongress war auch die Zahl der skandinavischen Kollegen sehr hoch. Daneben trugen unter anderem die Kollegen aus Großbritannien, Australien und Neuseeland sowie überraschend viele Teilnehmer aus Russland zum „Schmelztiegel FDI“ bei.

Obwohl der Kongress offiziell erst am Mittwochabend mit der festlichen Eröffnung beginnen sollte, wurden schon ab Montag Vorkongress-Kurse abgehalten. Die Themenschwerpunkte umfassten Ästhetische Zahnheilkunde, Implantologie und prothetische Versorgung, sowie Parodontologie und Endodontie. Daneben wurden auch Kurse zur Wiederbelebung und Oralmedizin abgehalten. Hier waren es Themen wie die Aufnahme und Verwendung von medizinischen Informationen aus der Anamnese und die Anpassung der zahnärztlichen Therapie an die Medikation des Patienten. Speziell wurden die Auswirkungen eines hohen Blutdruckes auf die zahnärztliche Behandlung angesprochen.

Amalgam: in Kanada ein Thema

Von zunehmender Bedeutung in Kanada, weniger noch in den USA, ist das Problem der Umweltbelastung durch die Entsorgung von Amalgam. In den verschiedenen Provinzen Kanadas gibt es hierzu unterschiedliche Vorschriften, sodass mancherorts nur Amalgampartikel gefiltert und entsorgt werden müssen, während zum Beispiel in Toronto, wie in Deutschland, Amalgamabscheider vorgeschrieben sind.

Mehrere Firmen hatten die Nähe zu den USA genutzt, um Symposien abzuhalten. Dies waren halbtägige Veranstaltungen, die unter einem bestimmten Thema standen. Diese Symposien wurden in den größten Hallen abgehalten und hatten Teilnehmerzahlen von teilweise über 1 000 Zuhörern mit folgenden Themen:

• Dentin Hypersensitivität (GlaxoSmith- Kline)

• Gingivitis – ein zunehmendes Gesundheitsrisiko (Colgate I)

• Parodontitis – Ausmaß und Kosten der Behandlung (Pfizer)

• Innovative Reduktion der Bakterien (Colgate II)

• Minimalinvasive Präparations- und Füllungstechniken (GC)

• Die Biofilmrevolution (Philips)

• Fortschritte bei Mundhygieneprodukten (Procter & Gamble)

• Bleichen von Zähnen (Oral B)

Die meisten Referenten stammten aus den USA und Kanada, aber es waren natürlich auch Kollegen aus Europa und Asien, die ihre Methoden präsentierten. Obwohl die Zahnmedizin sicherlich globaler geworden ist – bei abnehmenden Kariesraten in Industrienationen, aber zunehmenden Ansprüchen unserer Patienten – so ist es sicherlich interessant, die noch vorhandenen Unterschiede in der Praxis zu beobachten. Die stärkste Auswirkung haben hier natürlich die Fragen der Bezahlung und Kostenübernahme durch Versicherungen oder staatliche Gesundheitssysteme. Da zum Beispiel in Nordamerika der größte Teil der Bevölkerung keine „Zahn“-Versicherung hat, müssen Zahnärzte und ihr Personal schon lange mehr Wert auf eine gute Beratung der Patienten legen. Auch sind die rechtlichen Konsequenzen der Nichterkennung einer Parodontitis oder Karies viel schmerzhafter und teurer für Zahnärzte als in Deutschland.

Andere typisch amerikanische Ansichten sind bei ästhetischen Themen feststellbar. So unterziehen sich zunehmend Patienten einem „Complete Makeover“, das heißt, häufig werden die Front- oder alle Zähne („extreme dental makeover“) ästhetisch versorgt, ehe danach auch schönheitschirurgische Änderungen des Gesichts und weiterer Körperregionen anstehen. Für europäische Augen immer wieder verblüffend ist die amerikanische Lösung der Farbauswahl, wo ja A1 nicht mehr weiß genug ist und natürliche Farbunterschiede zwischen Hals und Schneide „einheitsgebleicht“ werden.

Die französischsprachigen Vorträge wurden meist in kleineren Räumen abgehalten. Aber auch sie waren häufig bis auf den letzten Platz gefüllt.

Verblüffend war das Ergebnis der „Abstimmung mit den Füßen“, wodurch einerseits gute Präventionsprogramme mit schwedischem Redner fast leer blieben und andererseits sich die Kollegen in Vorträgen zur aufwändigen Versorgung drängten. Aber hier werden sich die FDI und auch andere Veranstalter künftig an der Nachfrage zu orientieren haben.

Prof. Dr. Elmar ReichRolf-Keller-Platz 188400 Biberach

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