Putzeffizienz verschiedener Zahnbürsten mit der Stillman- und der Schrubbtechnik
Mundhygiene hat einen zentralen Stellenwert bei der Kariesprophylaxe und bei der Vorbeugung von Erkrankungen des Zahnhalteapparates [Einwag & Naujoks, 1993; Gülzow, 1995; Ekstrand et al., 1998].
Verschiedene Hilfsmittel stehen hierfür zur Verfügung: Zahnbürsten, Zahnseide, Interdentalbürsten und die Verwendung von Zahnpasta [Dörfer, 1997].
Die Zahnbürste ist die Grundvoraussetzung für eine umfassende Mundhygiene. Dabei ist der Erfolg stark abhängig von der Häufigkeit und Dauer der Benutzung, der Putztechnik, der genutzten Zahnbürste und Zahnpasta. So werden in der Zahnheilkunde verschiedene Techniken zur Reinigung der Zähne beschrieben. Dazu gehören beispielsweise die Rotationsmethode nach Fones [1934], die Rot-nach-Weiß-Methode nach Leonard [1949] und die modifizierte Bass-Technik [Bass, 1954]. Bei höheren motorischen Fähigkeiten und guter Mitarbeit wird Patienten auch die Stillman-Technik näher gebracht. Dabei werden die Borsten der Zahnbürste Richtung apikal angesetzt, gegen Zahn und Zahnfleisch gedrückt, horizontal bewegt und anschließend rollend zur Kaufläche geführt. Die Stillman-Technik ist also ein kombinierter Bewegungsablauf von Rüttel- und Rollbewegung [Stillman, 1932].
Bei der so genannten Schrubbtechnik werden einfache Bewegungsmuster durchgeführt, wobei eine horizontale, Hin- und Herbewegung abläuft, bei der das Bürstenfeld senkrecht auf die Zahnflächen gerichtet ist [Mireau et al., 1989]. Diese Technik ist als kindgemäßer Einstieg in die Zahnpflege akzeptiert [Unkel et al., 1995], wird jedoch auch von vielen Erwachsenen genutzt.
Problematisch an dieser Methode ist, dass Prädilektionsstellen für Karies überstrichen werden, eine unsystematische Zahnpflege vorherrscht und der Verdacht besteht, dass Zahnhartsubstanz und Gingiva dabei Schaden nehmen können.
Es gibt eine Vielzahl von Studien, die durchgeführt wurden, um die Überlegenheit der einen oder anderen Zahnputztechnik hervorzuheben, die jedoch nicht uneingeschränkt die effektivste darstellen konnten [Frandsen et al., 1972; Bergenholtz, 1984; Disyam, 1987].
Das Ziel dieser Studie sollte der Vergleich der häufig angewandten Schrubbtechnik und der deutlich aufwändigeren Stillman-Technik sein. So sollte eruiert werden, ob unterschiedliche Zahnbürsten mit der einen oder anderen Technik effektiver sind, oder ob eine günstig gestaltete Zahnbürste eine ineffiziente Putztechnik ausgleichen kann.
Zur Klärung dieser Fragestellung sollte ein In-vitro-Versuchsaufbau eingesetzt werden, denn die Reproduzierbarkeit und Repräsentation von In-vivo-Studien ist aus verschiedensten Gründen schwierig: Zum einen weist jeder Mensch individuelle Besonderheiten hinsichtlich Nahrungsaufnahme, Speichel- und Plaquezusammensetzung, Zahnstellungen, Restaurationen und motorischer Fähigkeiten auf. Zum anderen erweist sich die Wahl der Probandengruppe als schwieriges Unterfangen und die Auswertung von Putzergebnissen ist häufig subjektiv.
So ist es schwierig, ein Ergebnis aus einer kleinen Gruppe Probanden auf die durchschnittliche Bevölkerung zu übertragen.
Material und Methode
Die Abbildung 1 zeigt den Robot Sankyo SKILAM SR 5383 (Sankyo Seiki Mfg.Co., Ltd.) und die Vorrichtung zur Halterung der Modelle.
Dieser Roboter ist ein 4-Achsen-Roboter vom rechtwinkligen Koordinatentyp, der drei Translationsachsen und eine Rotationsachse besitzt.
Auf der X-Achse werden lineare Vor- und Zurückbewegungen und auf der Y-Achse in derselben Ebene Seitwärtsbewegungen ausgeführt. Auf beiden Achsen ist eine Auslenkung von 300 Millimetern möglich.
Die Z-Achse reguliert die Höhe bei einer maximalen Auslenkung von 150 Millimetern. Die W-Achse ist die Rotationsachse.
Der Roboter bewegt sich in einem räumlichen Koordinatensystem. Dabei ist die Genauigkeit der einprogrammierten Positionen 0,06 Millimeter.
Getestet wurden zehn verschiedene, im Handel erwerbbare Zahnbürsten (Abbildungen 2a bis j).
Für die Durchführung der Putztests wurden dem Roboter zwei Programme eingespeist, wovon das eine die Schrubbtechnik simulierte, das andere die Stillman-Technik (Abbildungen 3 und 4).
Bei der Schrubbtechnik wird eine einfache, horizontale Zehn-Millimeter-Vor-und-Zurückbewegung in beide Richtungen durchgeführt.
Das Programm, das die Stillman-Technik simuliert, lässt den Roboter am Übergang Zahnfleisch zum Zahn ansetzen und zweimal eine lineare Vor- und Zurückbewegung mit einer Neigung von 45 Grad zur Zahnachse durchführen, die mit einer Abrollbewegung in Richtung der Zahnkronen abschließt.
Es wurden jeweils Putzzyklen innerhalb von 15 Sekunden durchgeführt. Das entspricht zehn Schrubbbewegungen beziehungsweise zwei Zyklen der Stillman-Technik. Wenn man davon ausgeht, dass die Zahnputzdauer des Einzelnen zwischen zwei und drei Minuten liegt, sind 15 Sekunden für drei Zähne der gemittelte Wert.
Vor jedem Putzdurchgang erfolgte eine Kraftmessung. Dabei ist die entsprechende Zahnbürste in die Halterung am Roboter eingebracht. Mithilfe einer Waage wurde die Anpresskraft immer auf ein Newton eingestellt.
Als Prüfkörper dienten Zahnsegmente mit Kunststoffzähnen von 13, 14, 15. Diese Kunststoffzähne wurden sandgestrahlt und durch Eintauchen mit einem dunkelfarbigen Plaqueersatz (Lakritzelösung) versehen.
Das zu reinigende Zahnsegment ist auf einem Modellträger befestigt. Die Auswertung der Putzergebnisse erfolgt über digitale Fotos und anschließende Verarbeitung mit einem speziell dafür programmierten Computerprogramm. Auf diese Weise soll ein objektives und reproduzierbares Ergebnis entstehen. Dafür wurde ein zweiter Arbeitsplatz eingerichtet. Dieser besteht aus einer Kamera, die in eine dafür hergestellte Halterung eingeschraubt werden kann, und einem PC (Abbildung 5).
Jedes Foto wird als Graustufenbild auf dem Bildschirm angezeigt. Von elf fest definierten Bereichen, den so genannten Rahmen, werden die Graustufen abgefragt. Jeder Rahmen hat eine festgelegte Anzahl von Bildpunkten. Jeder Bildpunkt wird auf einer Skala von 0 (= schwarz) bis 255 (= weiß) vermessen. Die Summe der Graustufen der Bildpunkte für jedes Kästchen wird addiert und durch die Anzahl der Bildpunkte geteilt, so ergibt sich ein Mittelwert für jeden Rahmen. Um einen Wert für das gesamte Modell zu erhalten, wird mit allen Rahmen so verfahren.
Um die Bilder untereinander vergleichen zu können, wurde ein Referenzkeil eingebaut, der jeweils einen Referenzwert für schwarz, für grau und für weiß liefert. Für den Test wird immer ein Bild mit Plaquebeschichtung vor dem Putzvorgang (Abbildung 6) gemacht und eines danach vom geputzten Modell (Abbildung 7). Die Differenz dieser Werte ist der ausschlaggebende Wert für den Putzerfolg und entspricht einem Vorher-Nachher-Vergleich. Je höher der erzielte Wert, desto besser das Putzergebnis. Das gleiche Verfahren wurde bereits zuvor genutzt (Sander et al., 2005b). Die zehn Zahnbürsten wurden jeweils mit Wasser und zwei Zahnpasten als Putzmedium getestet.
Pro Bürste, Medium und Putztechnik wurde jeder Putzvorgang zehnmal wiederholt. Zum eigentlichen Putzvorgang wurde die Zahnbürste am Roboter eingeschraubt und das Modell in die Spannvorrichtung eingebracht. Die Zahnbürste wurde angefeuchtet und es erfolgte die Applikation von einem Milliliter der Zahnpastasuspension (ein Teil Paste : zwei Teile Wasser) auf das Modell. Die verwendeten Zahnbürsten gibt die Tabelle wieder. (Tabelle 1)
Resultate
Die Abbildungen 8 und 9 zeigen Boxplot-Diagramme, mit denen die Ergebnisse aller zehn Zahnbürsten mit einem Putzmedium (Wasser und Zahnpasten) in je einem Boxplot dargestellt sind. Die Prozentile wurden bei 25 Prozent und 75 Prozent gewählt. Der mittlere Querstrich kennzeichnet den Medianwert, das Kreuz den Mittelwert.
Jeder Boxplot ist durch die Werte von zehn Wiederholungen eines Putzvorganges entstanden.
Auf der Y-Achse befinden sich die Werte für die Putzeffizienz, die Ergebnisse sind durch die Differenzbildung zweier Helligkeitsstufen entstanden. Je höher die Differenz, desto besser ist die Putzleistung der Zahnbürste mit dem entsprechenden Medium. In Abbildung 8 (Schrubbtechnik) ist zu sehen, dass bei allen Bürsten, außer der elmex ®, aronal®, Dr. Best® Interdent, eine Steigerung der Putzeffizienz durch Zugabe der Zahnpasten erreicht wird (bezüglich der Mittelwerte).
Die Zahnbürste CrossAction® erzielt in Verbindung mit den Zahnpasten die höchsten Messergebnisse.
Die Zahnbürste CrossAction® erzielt in Verbindung mit den Zahnpasten die höchsten Messergebnisse.
Die Zahnbürsten Dr. Best® X-Sensor und CrossAction® erreichen in Verbindung mit Zahnpasta die höchsten Messergebnisse.
Vergleicht man die beiden Diagramme (Abbildungen 8 und 9) miteinander, so kann im Allgemeinen (Mittelwert) von höheren Ergebnissen bei Anwendung der Stillman-Technik gesprochen werden.
Diskussion
Es gibt diverse Studien, in denen Putzversuche mit einer Zwei-Achsen-Bürstmaschine durchgeführt wurden [Arnold & Trost, 1972; Mayer, 2000; Setzwein, 2002; Sander et al., 2005a]. In diesem Fall sollte ein Roboter, der vier verschiedene Freiheitsgrade besitzt, genutzt werden, um zwei verschiedene Putztechniken nachzuahmen. Bereits in früheren Studien wurden Roboter für solche Aufgaben genutzt [Ernst et al., 1997]. Dadurch war es möglich, die Zahnbürsten nicht nur mit der Schrubbtechnik zu testen. Der Versuchsaufbau lässt einen direkten Vergleich der Reinigungseffizienz der ausgewählten Zahnbürsten mit dem entsprechenden Medium bei Anwendung verschiedener Putztechniken zu.
Variablen, die die Putzeffizienz beeinflussen können, wie Zahnstellung, Putzmechanik, Putzdauer und Anpresskraft, konnten konstant gehalten werden.
Bei Anwendung der Schrubbtechnik erreichen die Zahnbürsten Oral-B® Cross-Action® und Dr. Best® X-Sensor die höchsten Zielwerte.
Die Zahnbürsten Oral-B® Advantage® und meridol® schneiden unterdurchschnittlich ab.
Auch bei Anwendung der Stillman-Technik erzielen die Zahnbürsten X-Sensor und CrossAction® die höchsten Werte.
Diese beiden Bürsten sind in diesem Testverfahren somit sowohl bei Anwendung der Schrubbtechnik, als auch bei Anwendung einer komplizierten Technik sehr effizient.
Dieses Ergebnis wird in Studien von Beals et al. [2000] untermauert. In dieser In-vitro-Studie wurden mehr als 80 Zahnbürsten getestet, mit dem Ergebnis, dass die CrossAction ® durchschnittlich eine 15,5-prozentige höhere Reinigungseffizienz erreicht als eine Bürste mit geraden Borsten. Auch andere Studien haben der CrossAction® eine Überlegenheit gegenüber anderen Zahnbürsten bescheinigt [Cronin et al., 2000; Sharma et al., 2000a; Sharma et al., 2000b].
Ein Fazit dieser Studie ist, dass mit einer komplizierteren Putztechnik ein besserer Putzerfolg zu erwarten ist, als bei Anwendung der Schrubbtechnik. Es unterstützt, dass es sinnvoll ist, motivierten Patienten aufwändige Putztechniken zu vermitteln.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist allerdings, dass der Auswahl der Zahnbürste und auch der Zahnpaste besondere Bedeutung zukommt. Dies wird umso deutlicher, wenn man einzelne Ergebnisse miteinander vergleicht.
So kann zum Beispiel ein Anwender mit der Oral-B® CrossAction® und Zahnpasta bei Nutzung der Schrubbtechnik ein besseres Reinigungsergebniss erzielen als bei Anwendung der Stillman-Technik mit den Zahnbürsten fuchs® sensitiv und elmex® interX, unabhängig vom Putzmedium.
Dem Anwender der Schrubbtechnik können also sowohl Zahnbürsten, und diese in Kombination mit einer Zahnpasta, empfohlen werden. So sollte in diesem Fall von der blend-a-dent Professional gänzlich abgesehen werden, selbiges gilt für die meridol®. Zahnbürsten wie die aronal® öko-dent, die X-Sensor oder CrossAction® in Verbindung mit den Zahnpasten können vergleichbare Ergebnisse mit der Schrubbtechnik erzielen, wie einige Zahnbürsten nur bei Anwendung der Stillman-Technik.
Die Zahnbürste Oral-B® CrossAction® ist in Verbindung mit den Zahnpasten und der Schrubbtechnik allen Zahnbürsten überlegen, die mit der Stillman-Technik und Wasser verwendet wurden (auf Mittelwerte bezogen).
Da bei der Anwendung der Stillman-Technik im Ganzen bessere Reinigungsergebnisse erwartet werden können, sollte ihr der Vorzug gegeben werden. Diese Steigerung wird besonders deutlich bei der Zahnbürste meridol®, die mit der Stillman-Technik eine deutliche Steigerung zur Schrubbtechnik hat.
Zusammenfassung
In einer In-vitro-Studie sollte ein robotergestützter Messaufbau entwickelt und genutzt werden, um die Reinigungseffektivität von verschiedenen manuellen Zahnbürsten standardisiert zu testen.
Es wurden zehn handelsübliche Zahnbürsten in Kombination mit Wasser und zwei Zahnpasten auf ihre Effektivität hin geprüft, künstliche Plaque von künstlichen Zähnen zu entfernen.
Ein Vier-Achsen-Roboter wurde dafür so programmiert, dass er sowohl die Schrubbtechnik als auch die Stillman-Technik ausführen konnte. Die Auswertung der Putzversuche erfolgte durch digitale Fotografie. Dabei wurde jeweils vor und nach dem Versuch ein digitales Graustufenbild angefertigt. Die Reinigungseffizienz wurde durch einen computergestützten Vergleich der Bilder bestimmt.
Anhand der durchgeführten Versuche lassen sich folgende Schlüsse ziehen: 1) Mit der Stillman-Technik kann eine höhere Putzeffizienz erreicht werden, als mit der Schrubbtechnik. 2) In dieser Studie erweisen sich die schräg stehenden X-Borsten der Dr. Best® X-Sensor und die Oral-B® CrossAction® als am effizientesten. Für die Stillman-Technik war auch die Zahnbürste meridol® sehr effektiv in Verbindung mit den Zahnpasten. 3) Die beiden getesteten Zahnpasten bewirken einen zusätzlichen Reinigungseffekt.
Dr. Franz Martin Sander,Dr. Christian Sander,Dr. Katrin Völker,Prof. Dr. Franz Günter Sander
Dr. Franz Martin SanderUniversitätsklinikum UlmAbteilung KieferorthopädieOberer Eselsberg89081 Ulmguenter.sander@uni-ulm.de
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Zahnbürste
Hersteller
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meridol®
GABA GmbH, Lörrach
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fuchs®sensitiv
Fuchs GmbH, Bensheim
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elmex®interX
GABA GmbH, Lörrach
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aronal®öko-dent
GABA GmbH, Lörrach
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Dr. Best®Interdent
GlaxoSmithKline, Bühl
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Dr. Best®X-Sensor
GlaxoSmithKline, Bühl
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Colgate Navigator
Colgate-Palmolive GmbH, Hamburg
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Oral-B®Advantage®
Oral-B Laboratories, Kronberg
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Oral-B®CrossAction®
Oral-B Laboratories, Kronberg
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blend-a-dent Professional
Blend-a-med, Schwalbach
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