Nein zu einer "Rumpf-Bema-GOZ"
Sehr verehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,
es kommt Bewegung in das Thema GOZ – aber in welcher Form? Das ist die große Frage. An der grundsätzlichen Reformbedürftigkeit der mittlerweile seit 18 Jahren nicht mehr geänderten GOZ besteht kein Zweifel. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass die Gebührenordnung für Zahnärzte weiterentwickelt werden soll. Ende.
Bisher beabsichtigt ausschließlich das Bundesgesundheitsministerium, die Vergütungen im PKV- und GKV-Bereich anzugleichen. Hier wird es gefährlich. Wenn das Verzeichnis für ambulante Leistungen vereinheitlicht werden soll, kann das nur ein mehr oder weniger kaschierter Einstieg in eine Bürger-Einheitsversicherung sein. Dies wird von der Zahnärzteschaft strikt abgelehnt.
Die Bundeszahnärztekammer hat in einem Schreiben an das Bundesgesundheitsministerium um Klärung gebeten. Es kam eine zum Teil bewusst kryptisch gehaltene Antwort. Festzuhalten ist demnach, dass das Ministerium behauptet, die Angleichungen der Vergütungen seien ein wichtiges gesundheitspolitisches Thema, und vorgibt, die GOZ-Novellierung solle zügig erfolgen. Ein Referentenentwurf soll im Laufe des Jahres 2006 vorliegen. Auf der Grundlage des neuen Bema will man eine neue GOZ schaffen. Ob in die Entwicklungsarbeit ein externes Institut eingeschaltet werden soll oder bestehende Gremien neu organisiert werden sollen, bleibt noch offen. Fragen, wie Auslagenersatz oder Analogbewertungen, will man nach Abschluss der GOZ-Neufassung beraten. Zur Berechnung der finanziellen Auswirkungen soll ein Gutachten in Auftrag gegeben werden und über das Vergütungsniveau soll auf Basis dieses Gutachtens entschieden werden.
„Wenn das Verzeichnis für ambulante Leistungen vereinheitlicht werden soll, kann das nur der Einstieg in eine Bürger-Einheitsversicherung sein.“
Das Ministerium spricht davon, dass sachgerechte Abweichungen vom Bema im Einzelfall nicht ausgeschlossen sein sollen. Daraus lässt sich erkennen, dass diese in der vorgesehenen gleichgeschalteten „Rumpf-Bema-GOZ“ erst gar nicht erwünscht sind. Dabei kommt es dem BMG überhaupt nicht auf die Weiterentwicklung der GOZ im Hinblick auf eine vollständige Abbildung der wissenschaftlichen Zahnheilkunde an. Vielmehr geht es darum, ein einheitliches Vergütungssystem als Vorreiter der Bürgerversicherung durchzudrücken.
Seinerzeit im letzten Frühjahr hatte sich die Bundeszahnärztekammer zur konstruktiven Zusammenarbeit an der GOZ-Novellierung deshalb bereit erklärt, weil das Ministerium zusicherte, grundlegende Eckpunkte der Zahnärzte bei der Novellierung zu berücksichtigen. Das, und vor allem das, ist weiter einzufordern. Insgesamt keine guten Aussichten! Hier bahnt sich ein erster und wesentlicher Schritt in Richtung Einheitsversicherung an. Das wäre der Niedergang eines freiheitlichen Gesundheitswesens. Dieser Weg beeinträchtigt den Wettbewerb, widerspricht der Freiheit des Europäische Binnenmarkts und des Dienstleistungsverkehrs. Existenzgründungen werden wirtschaftlich erschwert und die dringenden Probleme der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung werden dadurch nicht im geringsten gelöst. Die Politik wird sich reiflich überlegen müssen, ob das so gewollt ist. Wir werden auf jeden Fall auf allen Ebenen dagegenhalten.
Für uns Zahnärzte bleibt nach wie vor die wissenschaftliche Neubeschreibung der präventionsorientierten Zahnheilkunde die Basis für eine sachgerechte Weiterentwicklung unserer Gebührenordnung. Eine leistungsgerechte Honorierung und eine zukunftsorientierte Leistungsbeschreibung sind notwendig, um den Patienten am medizinischen Fortschritt teilhaben zu lassen, um Innovationen aus der Praxis heraus auch weiterhin zu ermöglichen und um die Attraktivität des zahnärztlichen Berufsstandes zu sichern – nicht zuletzt auch, um als Heilund Freiberufler unsere Rolle und Verantwortung in Staat und Gesellschaft wahrzunehmen.
Es wird wichtig sein, nicht überstürzt zu handeln, sondern zum richtigen Zeitpunkt unsere wohlgeordneten Karten auf den Tisch zu legen. Wir werden alles tun, um deutlich zu machen, was sinnvoll für die Patientenansprüche und für den medizinischen Fortschritt ist und uns allem entgegenstellen, was lediglich einen dogmatischideologischen Hintergrund hat.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Dr. Jürgen WeitkampPräsident der Bundeszahnärztekammer