Patienten – gebunden durch Zufriedenheit
Patientenbindung gerät umso dauerhafter, je zufriedener die Patienten mit der Praxis sind. Hierzu gehört weit mehr als nur die zahnärztliche Fachkompetenz des Behandlers, das liegt auf der Hand. Doch welche Faktoren sind dies im Einzelnen? Das Behandlungsangebot? Die Praxisgestaltung? Oder die Serviceleistungen der Praxis? Um die eigenen praktischen Erfahrungen und Analysen von über 1 200 Kundenpraxen durch wissenschaftlich gesichertes Datenmaterial zu ergänzen, beauftragte die Unternehmensberatung für Zahnärzte New Image Dental Ende 2006 die FH Wiesbaden mit einer Studie, die mehrere aktuelle Fragen des Praxismarketings untersuchte.
Zur Erforschung der Patientenzufriedenheit führte eine Projektgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Bettina Fischer eine repräsentative Befragung von Patienten in Zahnarztpraxen durch, die die persönliche Wichtigkeit einzelner Aspekte ihrer Zahnarztpraxis bewerten und ihre Zufriedenheit mit diesen äußern sollten.
Die Gewinnung empirisch gesicherter Daten zur Patientenzufriedenheit ist deshalb von so großer Bedeutung, weil gerade solche Daten aufzeigen, worauf Patienten beim Zahnarztbesuch Wert legen. Und mehr noch: Patienten, die einen Aspekt in der Zahnarztpraxis als wichtig einstufen, aber im Durchschnitt ihre nur geringe Zufriedenheit damit angeben, signalisieren damit eindeutig: hier sollte die Praxis besser werden. Auf diese Weise können aus den Ergebnissen einer empirischen Studie immer auch Tipps und Strategien für das Praxismarketing und die Patientenbindung abgeleitet werden.
Schritt für Schritt zur Wahrheit
Welche Faktoren sind es nun, die die Patientenzufriedenheit ausmachen? Worauf sollten Zahnärzte bei der Wahl ihrer Strategie zur Patientenbindung besonders achten? Jahrelange praktische Erfahrungen aus dem Praxismarketing haben gezeigt, dass der Patient als zahnmedizinischer Laie die Zahnarztpraxis nach einer Vielzahl von Eindrücken und Erfahrungen beurteilt, die unabhängig von seiner zahnärztlichen Fachkompetenz bestehen. Dementsprechend umfasste der Fragebogen der Projektgruppe 30 mögliche Einflussfaktoren – von der Wartezeit bis zum persönlichen Auftreten des Zahnarztes –, die verschiedenen Rubriken zugeordnet werden konnten.
Um eine empirisch abgesicherte Antwort zu finden, kommt es zunächst darauf an, aus der Vielzahl möglicher Einflussfaktoren die wirklich relevanten herauszufiltern. In diesem Falle wurden die Ergebnisse der Studie mit Hilfe eines modernen Verfahrens der Strukturgleichungsmodellierung berechnet, welches in der Lage ist, die Gewichtung einzelner Einflussfaktoren zu bestimmen (siehe zm-Info). Eine Vorauswertung der Daten ergab, dass die Bindung von Patienten zu 63 Prozent durch deren Zufriedenheit erklärt wird, die wiederum zu 56 Prozent durch drei Rubriken bestimmt wird:
• Zahnärztliche Leistung,• Persönlichkeit und Auftreten des Arztes,• Service in der Praxis.
Diese drei Rubriken wiederum werden näher definiert durch:• Aufmerksamkeit des Ansprechpartners und das Gefühl, ernst genommen zu werden• Einfühlungsvermögen• Angebot innovativer Technologien• Servicebereitschaft• Terminvergabe
Allgemein gute Noten
Die allgemeine Zufriedenheit der Patienten kann als sehr hoch angesehen werden: Die Studie ergibt einen Mittelwert von 4,26 auf einer Skala von 1 (unzufrieden) bis 5 (zufrieden) respektive einen kumulierten Wert von 94 Prozent in den Kategorien 4 und 5: Je älter, desto zufriedener, dieser Trend trat klar bei der Studie hervor: Vor allem die älteren Patienten sind mit ihrer Zahnarztpraxis besonders zufrieden (siehe Grafik 1). Bei der Differenzierung der Zufriedenheit nach dem Alter fällt auf, dass die Altersgruppen 46-60 Jahre und 61-90 Jahre nur unter den Zufriedenheitskategorien 4 und 5 zu finden sind, und dass ausschließlich jüngere Patienten die Kategorien mit geringerer Zufriedenheit besetzen; die Kategorie 2 sogar nur die 18- bis 25-Jährigen.
Frauen sind die Zufriedeneren, Männer dagegen bleiben skeptischer – das wurde deutlich bei der Auswertung nach Geschlechtern (siehe Grafik 2). Eine mögliche Erklärung wäre hier eine allgemein größere Abneigung von Männern vor dem Zahnarztbesuch, die bereits andere Untersuchungen belegen.
Wünsche vom Lande: Auch der Wohnort spielt eine Rolle bei der Zufriedenheit. In der Studie fällt auf, dass die Zufriedenheitskategorie 2 ausschließlich von Landbewohnern angegeben wird – das legt den Schluss nahe, dass die Patienten auf dem Land weniger zufrieden sind als in der Stadt (siehe Grafik 3).
Netter Empfang
Patienten wollen das Gefühl genießen: „Ich bin in dieser Praxis wichtig!“ Dies dokumentieren die Befragten durch gleichermaßen hohe Werte für Bedeutung und Zufriedenheit: 95 Prozent der Befragten messen diesem Gefühl eine Bedeutung von 4 oder 5 bei, fast ebenso viele (94 Prozent) äußerten einen entsprechenden Zufriedenheitsgrad von 4 oder 5 – wobei in der höchsten Kategorie 5 die Zufriedenheit um zwölf Prozentpunkte hinter der subjektiven Einschätzung der Wichtigkeit zurückbleibt (siehe Grafik 4).
Das bedeutet: Auch wenn sich generell die Patienten ernst genommen fühlen, darf jeder Zahnarzt, jedes Praxisteam ihnen dieses Gefühl noch stärker vermitteln!
Differenziert man die sechs Prozent weniger Zufriedenen (Bewertung: Kategorie 3 und schlechter) nach Alter und Geschlecht, ergibt sich folgendes Bild: 87 Prozent dieser Personengruppe sind männlich, ebenfalls 87 Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahren alt. – Vereinfacht ausgedrückt: Unter denen, die sich in der Zahnarztpraxis nicht ernst genommen fühlen, befinden sich viele junge Männer!
Einfühlungsvermögen hoch im Kurs
Das Einfühlungsvermögen wird ebenfalls als wichtig empfunden, und auch die Zufriedenheit ist relativ hoch: 87 Prozent der Befragten messen dem Einfühlungsvermögen eine Wichtigkeit von 4 oder 5 bei, 83 Prozent geben ihre Zufriedenheit mit 4 oder 5 an. Auch liegt in der höchsten Kategorie die Wichtigkeit über der Zufriedenheit – und zwar um 17 Prozentpunkte! Im Klartext: Die Patienten wünschen sich noch mehr Einfühlungsvermögen von ihren Zahnärzten (siehe Grafik 5).
Bei wem also bleiben hier Wünsche offen? Betrachtet man die Gruppe der weniger Zufriedenen (17 Prozent der Befragten), so besteht diese zu 61 Prozent aus 18- bis 25- jährigen und zu 17 Prozent aus 26- bis 35- jährigen. Anders ausgedrückt: 78 Prozent der Unzufriedenen sind jünger als 35 Jahre!
Wen die Technik reizt …
Das Angebot innovativer Technologien und Behandlungsmethoden signalisiert dem Patienten, dass die Praxis auf dem aktuellen Stand der Zahnmedizin arbeitet. Und ihm eine gute, zeitgemäße zahnärztliche Versorgung zukommen lassen will. Männer schätzen dieses Signal weit mehr als Frauen. 74 Prozent der Befragten messen einem solchen Angebot eine Wichtigkeit von 4 oder 5 bei, zeigen sich zugleich weniger zufriedenheit als bei anderen Kategorien: Nur 73 Prozent werten mit 4 oder 5. In der höchsten Kategorie beträgt der Rückstand der Zufriedenheit auf die Wichtigkeit deutliche 18 Prozentpunkte.
Auffällig ist auch der mit 27 Prozent vergleichsweise hohe Anteil der weniger Zufriedenen. Auch hier sind 53 Prozent der Befragten 18 bis 25 Jahre alt. Mit 58 Prozent sind überraschend viele Frauen unzufrieden. Eine Erklärung wäre, dass sich Frauen als schönheitsbewusstere Klientel zum Beispiel eher ästhetische oder kosmetische zahnmedizinische Leistungen wünschen.
Die Sache mit dem Service
Serviceleistungen steigern den Komfort für den Patienten während seines Praxisaufenthaltes und vermitteln ihm ein Gefühl der persönlichen Wertschätzung (siehe Grafik 6). Die Bewertung der Wichtigkeit und Zufriedenheit ist hier nahezu gleich stark ausgeprägt: 81 Prozent bewerten Service mit einer Wichtigkeit von 4 oder 5, auf der Zufriedenheitsskala geben hier 79 Prozent der Befragten den Wert 4 oder 5 an.
Die Gruppe der eher Unzufriedenen (22 Prozent der Befragten) besteht zu 63 Prozent aus 18- bis 25-jährigen und zu 60 Prozent aus Landbewohnern; auch dies bestätigt die Tendenz, dass die Zufriedenheit der Landbewohner geringer ausfällt als bei Städtern.
Eine reibungslos funktionierende Terminvergabe sorgt für geringe Wartezeiten. Das wirkt sich positiv auf die Arbeit des Praxisteams aus und sorgt indirekt für eine entspannte Atmosphäre. 83 Prozent der Befragten finden denn auch eine reibungslose Terminvergabe sehr wichtig (Kategorie 4 und 5), 85 Prozent geben für sich die Zufriedenheitskategorien 4 oder 5 an – auch hier also weitgehende Kongruenz von Wichtigkeit und Zufriedenheit (siehe Grafik 7).
Von den Unzufriedenen sind 45 Prozent zwischen 18 und 25 Jahre. Ebenfalls bemerkenswert: 80 Prozent der Unzufriedenen lebt auf dem Land! Dies könnte mit eingeschränkten Öffnungszeiten vieler Praxen in ländlichen Gegenden zu tun haben, die gerade Berufstätigen oder Pendlern den Gang zum Zahnarzt erschweren.
Auch ein dickes Lob lässt Optimierung zu
Die Studie zeigt, dass die Patienten mit Deutschlands Zahnarztpraxen im Allgemeinen sehr zufrieden sind. Außerdem bestätigt sie eindrucksvoll Erfahrungen von Marketing-Fachleuten: Faktoren, die nicht von der zahnmedizinischen Fachkompetenz des Behandlers abhängen, beeinflussen den Grad der Zufriedenheit – erheblich! Mit den vorliegenden Ergebnissen ermöglichen weiter reichende Aussagen über die Zufriedenheit und damit auch über die Bindung von Patienten sowie praktische Empfehlungen zum Praxismarketing.
Laut Studie hängt das Maß der Zufriedenheit beim Patienten ab von der Persönlichkeit des Arztes, dem Preis-/Leistungsverhältnis der zahnmedizinischen Leistung und dem Service in der Praxis. Bei der Entwicklung respektive Umsetzung seines Praxiskonzepts sollte der Zahnarzt daher besonderes Augenmerk auf die Faktoren richten, die diese Aspekte näher bestimmen:
• dem Patienten mit Aufmerksamkeit begegnen• das Gefühl vermitteln, ihn ernst zu nehmen• mit Einfühlungsvermögen auf dessen Wünsche und Bedürfnisse eingehen• innovative Techniken gezielt anbieten• Bereitschaft signalisieren, echten Service bieten• auf eine reibungslose Terminvergabe zu achten
Aufholbedarf
Bei den Antworten zu den Aspekten „Aufmerksamkeit“, „Einfühlungsvermögen“ und „Innovative Techniken“ fällt auf, dass die Zufriedenheit der Patienten jeweils hinter der Wichtigkeit zurückbleibt, die sie diesem Gesichtspunkt beimessen. Clevere Praxischefsnutzen diese Optimierungsreserven, zum Beispiel durch:
• individuellere Patientenberatung• kontinuierliche Fortbildung von Zahnarzt und Team in diesem Bereich• regelmäßige Investitionen in die Praxisausstattung.
Trotz der allgemein hohen Zufriedenheit der Patienten gibt es Patientengruppen, in denen diese Zufriedenheit weniger stark ausgeprägt ist: Patienten bis 35 Jahre und Landbewohner. Bei den jüngeren Patienten zieht sich diese Tendenz durch alle Aspekte der Praxis, bei den Landbewohnern nur durch die Terminvergabe. Gerade hier sollte zum Beispiel verstärkt über Patientenbindungsstrategien nachgedacht werden, zum Beispiel durch:
• Spezielle Öffnungszeiten etwa für Berufstätige,• Spezifische Beratungs- und Behandlungsangebote für jüngere Patienten.
Erfolg erlaubt
Zum Erhalt einer hohen Zufriedenheit unter den Patienten und zu deren dauerhafter Bindung sollten Patientenwünsche und -bedürfnisse besonders berücksichtigt werden. Gerade der durchweg hohe Anteil an jungen Patienten in der Gruppe der weniger Zufriedenen durch die gesamte Befragung hindurch sollte jedem Praxisinhaber zu denken geben. Diese Zielgruppe sollte durch gezielte Patientenbindungsmaßnahmen verstärkt angesprochen werden: Schließlich stellen die Jungen die Patienten von morgen dar – und damit die Zukunft der Praxis!
Jochen Kriens M. A., Stefan Lemberg M. A.,Mainzer Str. 5, 55232 Alzey
• Eine Zusammenfassung der Studie ist im Internet zu finden unter:http://www.new-image-dental.de