Neue Chance zur Tabakentwöhnung
Die meisten Raucher haben ihre „Rauch- Karriere“ schon früh begonnen und zunächst gar nicht bemerkt, dass sich eine Abhängigkeit ausbildet. Doch schon innerhalb von nur zweieinhalb Monaten treten vor allem bei jungen Rauchern suchttypische Symptome auf und nach gut fünf Monaten des Tabakkonsums kommt es zum sogenannten Craving, also zum starken Verlangen nach der Zigarette. Hat der Raucher seinem Laster erst einmal knapp ein Jahr gefrönt, so ist mit Entzugssymptomen zu rechnen, wenn er den Griff zur Zigarette wieder lassen will.
Rauchen – als stürzte täglich ein Jumbo ab
Das durchschnittliche Einstiegsalter beim Rauchen ist mit etwa 13 Jahren erschreckend niedrig, die Konsequenzen eines langjährigen Zigarettenkonsums sind fatal: 50 bis 75 Prozent der Raucher versterben an den Folgen des Tabakkonsums. Das sind allein in Deutschland pro Tag im Schnitt 383 Personen und damit ebenso viele wie bei einem Jumboabsturz ums Leben kommen würden. Je früher zur Zigarette gegriffen wird, desto stärker sinkt die Lebenserwartung, im Schnitt um zehn bis 23 Jahre. Ursache sind rauchertypische Erkrankungen und Todesursachen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie das Bronchialkarzinom und die chronisch obstruktive Bronchitis.
Nikotinagonist als neue Therapiechance
Trotz guten Willens schaffen die meisten Raucher es nicht, mit der Qualmerei aufzuhören. Sie brauchen deshalb dringend Unterstützung, meint Dr. Thomas Hering aus Berlin. Der niedergelassene Pneumologe spricht sich für eine Kombination aus medikamentöser Behandlung mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen aus, da so am ehesten Erfolgschancen bei der Raucherentwöhnung bestehen. Die medikamentösen Therapiemöglichkeiten haben sich jüngst erweitert, wie bei einer Pressekonferenz der Pfizer Pharma GmbH dargestellt wurde. Das Unternehmen bietet seit dem Frühjahr unter dem Handelsnamen Champix® den Wirkstoff Vareniclin als ersten partiellen Nikotinagonisten zur Tabakentwöhnung an. Der Wirkstoff bindet im Gehirn an die nikotinergen Acetylcholinrezeptoren, und das sogar stärker als Nikotin selbst. Er sorgt ebenso wie Nikotin für eine Dopaminausschüttung, die jedoch deutlich geringer ausfällt als unter Nikotin. Zugleich schützt Vareniclin durch die Bindung den Rezeptor gegenüber einer Besetzung durch Nikotin. Die Folge für den Raucher: Es kommt zu einer geringen Dopaminwirkung und dadurch zu deutlich weniger Entzugssymptomen
Wird der frischgebackene Ex-Raucher unter dem Schutz von Vareniclin dennoch schwach und greift zur Zigarette, so kann das Nikotin nicht wie gewohnt die Rezeptoren besetzten, seine Wirkung bleibt aus, was Lerneffekte induziert, die das Nichtrauchen erleichtern sollen.
Den Ausstieg aus der Qualmerei gut vorbereiten
Der Ausstieg aus der Tabakabhängigkeit sollte nach Hering gut geplant werden. „Es ist am besten, wenn der Raucher sich ein Datum setzt, an dem er mit dem Rauchen aufhört“, sagt der Pneumologe. Die Einnahme von Vareniclin sollte ein bis zwei Wochen vor diesem Datum beginnen, wobei zunächst eine Einnahmephase von zwölf Wochen vorzusehen ist. Gelingt der Rauchverzicht, so kann eine zweite Therapiephase zur Stabilisierung erwogen werden. Dass sich mit Vareniclin die Tabakentwöhnung offenbar gut unterstützen lässt, haben in Frankfurt vorgestellte Doppelblindstudien erwiesen. In den Studien wurden Raucher, die mindestens zehn Zigaretten täglich konsumierten, placebokontrolliert zwölf Wochen lang mit einmal täglich Vareniclin oder dem Wirkstoff Bupropion, der schon länger in dieser Indikation genutzt wird, behandelt. In einer ersten Studie, an der mehr als 1 000 Raucher teilnahmen, wurde unter dem neuen Präparat nach neun bis zwölf Wochen eine Abstinenzrate von 44 Prozent gesehen. Unter Bupropion lag die Abstinenzrate dagegen nur bei 30 und unter Placebo nur bei 18 Prozent. Es zeigte sich somit eine signifikante Überlegenheit der neuen Therapieoption.
In einer zweiten Studie wurde der Effekt einer erneuten Vareniclin-Gabe bei denjenigen untersucht, die nach der ersten Therapiephase abstinent waren. Das Ergebnis waren deutlich höhere dauerhafte Abstinenzraten. So kamen nach sechs Monaten noch 71 Prozent und nach zwölf Monaten noch 44 Prozent der Studienteilnehmer ohne Zigaretten aus, während die entsprechenden Raten unter Placebo bei 50 und 37 Prozent lagen.
Vareniclin ist allerdings nicht ohne Nebenwirkungen: Als häufigste Reaktion auf die Einnahme gibt das Unternehmen Pfizer Übelkeit an, die von den Studienteilnehmern zumeist jedoch als „mild“ eingestuft worden sei. Zu rechnen ist ferner mit Schlaflosigkeit und mit abnormen Träumen.
Christine VetterMerkenicher Straße 22450735 Köln