Das Ausmaß ist noch nicht absehbar
An zahlreichen Auswirkungen der globalen Erderwärmung bestehen kaum noch Zweifel: steigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher und Polkappen, ein erhöhter Säuregrad der Ozeane, tropische Wirbelstürme sowie andere auffällige Wetterkapriolen sind nur die bekanntesten Phänomene, die Wissenschaftler dem stetigen Temperaturanstieg zuschreiben. Allein in den letzten drei Jahrzehnten hätten Europa über 1 000 extreme Wetterereignisse heimgesucht, berichtet die WHO.
Klimaforscher stimmen zudem inzwischen weitgehend darin überein, dass vor allem der Mensch den Klimawandel herbeigeführt hat. Als Hauptübel gilt der erhöhte Ausstoß an Treibhausgasen, vornehmlich CO2, in die Atmosphäre.
Mehr und mehr kommen die Wissenschaftler aber auch dahinter, dass sich die veränderten klimatischen Bedingungen gravierend auf die menschliche Gesundheit auswirken können. Der diesjährige Weltgesundheitstag Anfang April stand daher unter dem Motto: Schutz der Gesundheit vor den Folgen des Klimawandels.
Vorsicht geboten
Die durch den Klimawandel bedingten gesundheitlichen Probleme seien allerdings in „ihrer Fülle noch nicht absehbar“, machte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Jörg Hacker, kürzlich in Berlin deutlich. Betroffen seien vor allem Menschen in den südlichen Ländern. „Aber auch bei uns ist Vorsicht geboten“, so Hacker. Beispiel hierfür ist der extrem heiße August im Jahr 2003. Zahlreiche westeuropäische Staaten, darunter Deutschland, litten unter der wochenlang anhaltenden Hitze. Nach Angaben des Regionalbüros für Europa der WHO verzeichneten zwölf EU-Länder insgesamt bis zu 70 000 Tote mehr als üblich. Mit jedem Hitzegrad mehr, so die Niederlassung der Weltgesundheitsorganisation in Rom, steige die Sterblichkeit um ein bis vier Prozent.
Leidtragende der Hitze waren und sind vor allem ältere Mitbürger, Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen oder Nierenkrankheiten, Atemwegspatienten sowie Menschen mit Stoffwechselstörungen und Kinder.
Malariagefahr
Auch die zunehmende Verbreitung von Infektionskrankheiten, wie die durch Zecken übertragbare Borreliose oder die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSMI), eine spezielle Form der Hirnhautentzündung, sowie die gehäufte Zahl von Darmerkrankungen, führen Forscher auf die wärmere Witterung zurück. Nicht auszuschließen sei auch, dass die Malaria bald wieder in Europa auftauche.
Umfassende Konzepte, wie man den gesundheitlichen Gefahren in Europa sinnvoll begegnen kann, fehlen bislang. Zwar bemüht sich die Europäische Union (EU) im Zuge des Kyoto-Protokolls bereits seit Jahren, die Treibgasemissionen zu senken – bislang jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Darüber hinaus arbeitet die Gemeinschaft an einer „kohärenten Strategie“ zur Anpassung an den Klimawandel.
Aufklärung verstärken
Klimaforscher wiederum fordern, Ballungsgebiete mit Kaltluftschneisen zu „durchlüften“, um das Stadtklima zu verbessern. Und die WHO wartet mit der Idee auf, die durch den Klimawandel bedingten Gesundheitsfolgen „durch eine Stärkung der Gesundheitssysteme in Schach zu halten“. Neben einer erhöhten Katastrophenbereitschaft und einer verbesserten epidemiologischen Überwachung empfehlen die Gesundheitsexperten vor allem, die Bevölkerung über die gesundheitlichen Gefahren durch die Erderwärmung und vorbeugende Maßnahmen aufzuklären und zu einer gesünderen Lebensweise zu motivieren.
Letztlich offenbaren die Vorschläge eine gewisse Hilflosigkeit hinsichtlich der Frage, wie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels am besten zu begegnen sei. Daran knüpft sich offensichtlich die Hoffnung, dass sich praktikable Lösungen im Laufe der Zeit herauskristallisieren werden.
Petra SpielbergRue Belliard 197/b4B-1040 Brüssel
• In den zm wird zum Thema „Klimawandel und Auswirkungen auf die Gesundheit“ in Kürze ein umfangreicher Problemaufriss aus medizinischer Sicht erfolgen.