Wie Zinsen Kunden locken

Ein unwiderstehliches Angebot

Bankinstitute locken derzeit mit attraktiven Zinssätzen. Damit die Freude beim Zahnarzt ungeteilt bleibt, lohnt ein Blick in die jeweiligen Anlagebedingungen unbedingt.

Wo ist der Haken? Diese Frage stellte sich Werner E., Inhaber einer Zahnarztpraxis in Hamburg, als er mit der Post ein Werbeschreiben einer bundesweit tätigen Bank erhielt: darin das Angebot, er würde bei einer Kontoeröffnung ab einem Anlagebetrag von 5 000 Euro einen Zinssatz von 4,75 Prozent erhalten. Das Geld würde auf einem Sparkonto mit gesetzlicher Kündigungsfrist angelegt.

Selbstverständlich, so wurde ihm ergänzend mitgeteilt, „könne er jederzeit vollständig oder teilweise über den angelegten Betrag auch wieder verfügen“.

Nachdem sich E. das Angebot angesehen hatte, musste er spontan an eine ähnliche Offerte denken, die ihn vor einem Jahr rund 400 Euro an Vorschusszinsen kostete. Seinerzeit bot ihm seine Hausbank ebenfalls ein Sparkonto mit einem zusätzlichen Zinsbonus an. E. disponierte die Liquiditätsreserve der Praxis von rund 70 000 Euro auf dieses Konto und verließ sich auf die Aussagen seiner Kundenberaterin, dass auch kurzfristige Kontoverfügungen problemlos möglich seien. Als er das Geld tatsächlich für eine Investition benötigte, gab es zwar keine Probleme mit der Rücküberweisung, aber seine Bank stellte ihm die erwähnten Vorschusszinsen in Rechnung. Zu Recht, wie sich später herausstellte, denn die Bedingungen dieser Sondersparform erlaubten die Berechnung von Vorschusszinsen ausdrücklich, da E. den Betrag nicht rechtzeitig gekündigt hatte.

Das neue Angebot war offenbar mit dem damaligen Sparkonto vergleichbar. E. fiel darüber hinaus noch auf, dass die Bank ausdrücklich darauf hinwies, dass es sich bei den 4,75 Prozent um einen variablen, also grundsätzlich jederzeit veränderbaren Zinssatz handelt, „der sich an der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus für Kurzfristanlagen orientiere“. Ein Anruf bei dieser Bank brachte E. keine weiteren Erkenntnisse. Sein Gesprächspartner machte ihm lediglich deutlich, dass sein Haus vor allem an möglichst vielen Neukunden interessiert sei. Keine konkrete Aussage wollte er zur Frage von E. treffen, wie lange denn mit diesem attraktiven Zinssatz zu rechnen sei. Nach diesem Gespräch erkundigte sich E. bei seiner Hausbank, ob sie ihm ein ähnliches Angebot machen könne. Aber selbst vor dem Hintergrund der langjährigen Geschäftsbeziehung sah sich die Bank außerstande, ihm für ein Termingeld mehr als 3,5 Prozent Zinsen zu bieten.

Zeit der Verführung

In wirtschaftlich normalen Zeiten hätte E. das Angebot über 4,75 Prozent wohl beiseite gelegt und nicht weiter verfolgt. Da er derzeit aber – wie eine Vielzahl anderer Praxisinhaber – nahezu jede sich bietende Chance zur Verbesserung seiner Rentabilität nutzen muss, erwägt er, das Konto zu eröffnen – in der Hoffnung, dass die Anlagezinsen erst einmal nicht fallen werden. E. ist klar, dass er dann die Zinsentwicklung während der nächsten Monate selbst beobachten muss, um möglichst schnell zu reagieren, sobald sich die derzeitige Zinssituation ändert. Allerdings schließt er sich der Meinung von Wirtschaftsbeobachtern an, die vor allem vor dem Hintergrund einer langsam wieder anziehenden Konjunktur mittelfristig mit eher steigenden Zinssätzen rechnen.

Darüber hinaus versucht er, seine betrieblichen Dispositionen so zu steuern, dass er auf den angelegten Betrag erst einmal möglichst nicht zurückgreifen muss, um sich die Zinsen möglichst lange zu sichern. Durch die erwähnten Probleme der Vergangenheit wird er sich vor der Unterschrift auf dem Kontoeröffnungsantrag die Bankbedingungen, die mit der Geldanlage verbunden sind, aber sehr sorgfältig ansehen. Offene Fragen will er dann noch vor der Unterschrift auf dem Kontoeröffnungsantrag vom Ansprechpartner der Bank beantworten lassen.

Michael VetterFranz-Lehar-Str. 1844319 Dortmund

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