Politikmikado bei der Krankenhausreform
Dr. Jutta Visarius
Gesundheitspolitische
Fachjournalistin
So einfach wie am Anfang ist das mit dem Durchregieren der Koalition in der Gesundheitspolitik nicht mehr – trotz satter Mehrheit im Bundestag. Aber noch ist einiges in dieser Legislaturperiode abzuarbeiten. Es muss eine Regelung zur Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen her. Und der ordnungspolitischeRahmen für die Krankenhaus- Finanzierung im DRG-Zeitalter muss gesetzt werden. Letzterer ist zustimmungspflichtig, die Länder sind also beteiligt.
Im letzten Jahr ist das BMG überraschend mit Eckpunkten an die Öffentlichkeit getreten.Die Länder waren von dieser Aktion wievom Blitz getroffen – Monistik, Bundesbasisfallwert und die Möglichkeit zu selektiven Verträgen sind die umstrittensten Punkte. Die Länder haben nachgezogen und unmissverständlich erklärt, sie würden weder bei der Monistik noch bei einem bundeseinheitlichen Basisfallwert mitspielen, beim selektiven Kontrahieren schon gar nicht. Diese ablehnende Position gegenüber dem BMG ist der größte gemeinsame Nenner, der gefunden werden konnte. Denn die Länder sind sich keineswegs einig, wie denn die Krankenhausfinanzierung aussehen soll. Sie befürchten einen Verlust an Einfluss in ihren Ländern, wenn sie die duale Finanzierung aufgeben, einen Machtverlust, aber auch einen Verlust an Gestaltungsspielraum und Kompetenzen für die notwendige Sicherstellung der regionalen Versorgung. Nun hat sich die Unionsfraktion mit einem Papier positioniert und den Themenbogen erweitert, nicht nur um Wünschenswertes, sondern auch um unabweisbar Notwendiges. Dieses Papier ist außergewöhnlich umfangreich und umfasst auch Themenbereiche, die nicht nur direkt die Krankenhausfinanzierung betreffen, aber schon lange von unterschiedlichen Gruppen in die Diskussion gebracht wurden. Es reicht vom Konzept eines besseren Ausgleichs der Kostensteigerungen bis zu Erleichterungen bei der Einführung medizintechnischer Innovationen.Auch die SPD Fraktion soll sich mit dem Krankenhausthema befasst haben. Genaueresweiß man noch nicht, Schriftliches haben die SPD-Gesundheitspolitiker noch nicht produziert. Aber sie haben sich schon einmal damit befasst.
Zurzeit stehen damit drei Positionen unvermitteltim Raum, und jede zieht nach eineranderen Seite. Ob sie vermittelbar sind,mag einmal dahingestellt bleiben, aber es sieht nicht danach aus, als suche man ernsthaft nach Kompromissen.
Die Krankenhäuser brauchen aber dringend Planungssicherheit. Der enorme Anstieg der Personal- und Sachkosten, das Sonderopfer, Investitionsstau und anderes mehr machen es vielen schwer. Das bestreitet auch die Politik nicht mehr. Ulla Schmidt hat auf dem Frühlingsempfang der DKG ein Gesprächsangebot gemacht. Sie will die DKG in ihr Boot ziehen, um im stationären Bereich keine offene Flanke zu haben. Aber mehr Geld hat sie ihnen auch nicht angeboten. Die DKG ziert sich, sind doch viele der eigenen Forderungen nicht erfüllt. Der beste Freund der Länder ist die DKG nun auch nicht gerade, haben doch die Länder die Krankenhäuser bei den überlebensnotwendigen Investitionen über die Jahre finanziell ausbluten lassen. Wenigstens wollen aber auch die Länder den Budgetdeckel lockern – das kostet sie ja auch nichts.
Und der Souverän? Die DKG dürfte sich am ehesten mit der Position der Unionsfraktion anfreunden, findet man doch dort viele der eigenen Forderungen wieder. Auch in der SPD Fraktion wird sie wohl eher Gehör findenals im BMG. Die Krankenkassen werdensich im BMG-Papier am besten aufgehobenfühlen. Die Aufstellung der Truppen ist damit klar.
Jetzt ist aber erst einmal Politikmikado angesagt – wer sich zuerst bewegt, der hat verloren. Der technische Teil der Gesetzgebung liegt als Entwurf schon etliche Zeit vor und ist weitgehend unumstritten. Aber muss man jetzt etwas entscheiden? Wer will das Risiko auf sich nehmen? Politisch gibt es keinen Grund für eine der Seiten, nachzugeben oder sich zu bewegen. Was geschieht, wenn nichts geschieht? Eigentlich nichts – alles läuft weiter wie bisher.
Das ist für die Politik besser, als jetzt Positionenaufzugeben, auch mit Blick auf denWahlkampf. Dahinter stehen auch Ideologien, praktische Notwendigkeiten, Klientelpolitik und auch inzwischen aufgestaute Wut auf die jeweils anderen. Das heißt, keine Krankenhausgesetzgebung mehr in diesem Jahr oder wenn, nur eine rein technische, vielleicht in einem Artikelgesetz.
Ja – wenn da nicht die Krankenhäuser mit ihren offensichtlichen Problemen wären. Ob die Politik so viel Vernunft aufbringen wird?