Tradition hochkarätiger Fortbildung bleibt ungebrochen
Mit der diesjährigen Themenwahl wollte Prof. Dr. Winfried Walther, Leiter der Akademie, vor allem auf die Bedürfnisse der Patientengeneration eingehen, die noch nicht präventionsorientiert groß geworden ist. Er ging in seinem Impulsreferat auf die Verantwortlichkeit des Zahnarztes ein, die dieser seinen Patienten gegenüber hat, und der damit selbst eine große Qualitätskomponente darstellt. Walther stellte die Komplexität der prothetischen Behandlung vor, die nicht nur aus der zahnmedizinischen Arbeit, sondern auch aus der Gemeinschaftsleistung von Zahntechniker und Patienten besteht. Erst dann, wenn alle drei mit ihrer Leistung zufrieden sind, ist von einer sogenannten„Qualität“ zu sprechen. Nachdem der Referent einen „Ausflug“ zur Qualität inder Prothetik gemacht hat – einige treffende Aussagen sind an dieser Stelle als Zitate wiedergegeben – schritt der Akademieleiter zur Uraufführung eines Projektes, das bislang in der Zahnmedizin einzigartig ist. Es soll eben dieser Qualitätsicherung bei der Planung einer großen prothetischen Restauration dienen und über die Prognose der Pfeilerzähne mittels eines eigens dafür erstellten Computerprogramms „DentHelp“ Auskunft und damit Behandler und Patient Sicherheit geben.
„DentHelp“ wurde von der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen entwickelt. Der innovative Aspekt des Systems ist die fallbasierte Expertise zum Überlebensverhalten von Konuskronenpfeilern. Auf Grundlage eines Trainingsdatensatzes, der das Schicksal von 730 Patienten dokumentiert, errechnet die Anwendung, ob der im individuellen Fall zu planende Konuspfeiler ein Intervall von zehn Jahren überleben wird.
Prognose der Pfeilerzähne einfach errechnen lassen
Durch Einsatz von induktiven Lernverfahren wurden daraufhin Entscheidungsregeln generiert, die auf neu zu planende Fälle angewendetwerden können. Die Regeln beschreibenden Zusammenhang zwischen dem initialen zahnärztlichen Befund, weiteren Patienten- und Konstruktionsparametern und dem Auftreten einer Extraktion im weiteren Fallverlauf. Um die Regeln zu verifizieren,wurde eine zehnfache Kreuzvalidierungdurchgeführt. Dadurch kann die Sensitivität und die Spezifität der Expertise errechnet und schließlich angegeben werden. Die Eingaben des Anwenders dienen ausschließlich zur eigenen Planung. Generell wird garantiert, dass keine Daten gespeichertwerden. Das Entscheidungsunterstützungssystem ist eine Internetanwendung und kann unter
Das schöne Lächeln im Wandel der Zeit
Dr. Sandro Siervo, Mailand, besprach das Für und Wider der prothetischen Versorgung mittels Implantaten, deren Ziel es ist, den Patienten mit einer ästhetischen Versorgungund so mit einem natürlichen Lächeln zu rehabilitieren. Seiner Auffassung nach ist das Inserieren von festsitzendem, implantatgetragenem Zahnersatz heute Tagesgeschäft. Jedoch sollte individuell mehr als genau geplant werden, ob nicht „weniger“ „mehr“ ist. So zeigte er auch den Entwicklungsschrittauf, den die Implantatprothetik in den letzten drei Jahrzehnten genommen hat, und gab Tipps zur Qualitätssicherung. Ganz entscheidend ist seiner Erfahrung nach der Zustand des Parodonts, denn dieses gäbe bereits Auskunft über die Prognose des Implantats beziehungsweise der definitiven Versorgung. Während früher bei einem neuen Patienten das OPG über den weiteren Therapieverlauf Auskunft gab, so ist es heute das „Wax up“, auf dem eine radiologische Schablone angefertigt wird, sowie das anschließende OPG mit Schablone. Generell empfahl er, nur mit der Schablone zu implantieren. Bei der Sofortimplantationsei die Verordnung von mindestensvier Wochen Weichkost obligatorisch.Auch gilt für ihn: Keine ästhetischeProthetik ohne ein perfekt durchdachtesWeichteilmanagement. „Geben Sie beimSchneiden acht, dass sich die Papille 100 Prozent regenerieren kann!“
Professor Dr. Jörg Strub, Freiburg, stellte sich die Frage, ob neue Technologien tatsächlich eine bessere Qualität liefern. Ausgelöst durch die Informiertheit der Patienten durch die breiten Medien, ist der Anspruch an beste Ästhetik heute kein Sonderfall mehr. „Der Patient, der nur noch vernünftig beißen will, ist heute so gut wie ausgestorben!“ Strub präsentierte Langzeitergebnisse mit einem Verlauf von rund 17 Jahren in situ und diskutierte die Ergebnisse beziehungsweise die heutige Optimierbarkeit. Er stellte komplexe Fälle vor, die mittels CAD/CAM und Vollkeramik durchgeführt worden sind, und diskutierte die tatsächlichen Kosten für die Praxis. Besonderen Wert legte er trotz des technischer Fortschritts auf die intensive Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker: „Das wird sich auch in den nächsten fünf Jahren nicht ändern“, so der Wissenschaftler. Er gab einige klare Botschaften: Die CAD/CAM-Technologie liefert heute eine unschlagbare und vor allem reproduzierbare Qualitätsgarantie! Eine hohe Kosten- Nutzen-Effizienz jedoch besteht für den Praktiker, so Strub, nur für das Stuhlgerät. Er warnte davor, Zirkonoxid – ein Material, das durchaus seine großen Vorzüge für die Ästhetik zeigt – in jeder Konsequenz anzuwenden, da für einige Indikationsbreiche immer noch die Langzeitdaten ausstünden. So konnte er auch zeigen, dass bei dreigliedrigen,ZrO2-verblendeten Brücken immer wieder Abplatzungen auftreten und meinte, „Sie können Ihrem Patienten hierfür keine Langzeitprognose abgeben.“
Die Frage nach Qualität trotz Gesetzeskandarre
Die Frage, ob Qualität in der zahnärztlichenPraxis trotz der gesetzlichen Vorgaben überhaupt noch möglich ist und welche Gestaltungsmöglichkeiten der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) dabei noch bleiben, stellte Dr. Wolfgang Esser, KZBV-Vorstandsmitglied, in einem Referat, das in der Ausgabe zm 9/08 vom 16. 4. 2008 bereits auszugsweise veröffentlicht wurde. Er reflektierte die Situation und zeigte auf, in welchem Spannungsverhältnis zwischen Praxis und Systemebene sich nicht nur die Selbstverwaltung, die verantwortungsbewusstfür ihre Vertragszahnärzte in Verhandlung mit dem Gesetzgeber tritt, bewegt, sondern jeder Zahnarzt selbst. Sein Fazit: „... Qualität kann man nicht erzwingen. Qualität ist immer nur dort möglich, wo die Anreizmechanismen und die Rahmenbedingungen stimmen. Deswegen kann unter anderem die zahnmedizinische Versorgung immer nur so gut sein, wie die berufspolitische Arbeit, die dafür die Rahmenbedingungen schafft!“