Trennung mit Hindernissen
Bei einer fristlosen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Deshalb kann eine solche Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn Umstände existieren, die ein weiteres Bestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen.
Der Faktor Zumutbarkeit
Der Kündigungsgrund muss so wichtig sein, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Grund für die fristlose Kündigung braucht im Kündigungsschreiben nicht angegeben werden. Verlangt aber die gekündigte Mitarbeiterin, den Kündigungsgrund zu erfahren, muss der Zahnarzt ihr diesen unverzüglich schriftlich mitteilen.
Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung könnte zum Beispiel sein:
• Eine Straftat in der Praxis, wie Diebstahl, Untreue, Körperverletzung
• Die Arbeitsverweigerung, wobei hierzu auch die sehr häufige Unpünktlichkeit trotz mehrfacher Mahnungen gehören kann
• Eine grobe Beleidigung und/oder ausländerfeindliche, rassistische, rechtsradikale Äußerungen
• Gravierender Vertrauensbruch, zum Beispiel den Missbrauch einer Vollmacht
• Grobe Verletzung der Arbeitsschutzbestimmungen
• Nichtvorlage der Arbeitspapiere trotz mehrfacher Abmahnung
• Eigenmächtiger Urlaubsantritt
Einzelfall unter der Lupe
Doch Vorsicht! Die genannten Gründe sind nur Anhaltspunkte.
Das Gericht prüft bei jedem Fall ganz individuell, ob ein bestimmtes Verhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Bei der Bewertung ist es zum Beispiel auch von Bedeutung, ob das beanstandete Verhalten in der Freizeit aufgetreten ist oder einen Bezug zur Zahnarztpraxis aufweist. Ebenso spielt eine Rolle, ob es für das gleiche Fehlverhalten bereits zu einer Abmahnung kam.
Etwas sollte jeder Zahnarzt bedenken, bevor er eine fristlose Kündigung ausspricht: Die Beweisführung liegt immer bei dem, der fristlos kündigt.
Beispiel vor Gericht
Welche Anforderungen die Gerichte an eine fristlose Kündigung stellen, zeigt das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Az: 6 Sa 37/07). Ein Arbeitgeber hatte einem Kraftfahrer wegen mangelnder Arbeitsleistung fristlos gekündigt. Der Fahrer benötigte für seine Touren erheblich mehr Zeit als seine Kollegen. Zudem verfuhr er sich ständig und war auch nicht in der Lage, seinen Lkw entsprechend der Stationen der Fahrtroute zu beladen.
Die Richter befanden, dass die Kündigung nicht rechtens war:
• Eine fristlose Kündigung wegen mangelnder Arbeitsleistung sei nur berechtigt, wenn auch ein Gericht davon überzeugt sei, dass keine Besserung der Arbeitsleistung erwartet werden kann. Hierfür würde sprechen, wenn der Arbeitgeber den Kraftfahrer zumindest einmal erfolglos abgemahnt hätte.
• Zudem hätte ein Arbeitgeber die Verpflichtung, den Ursachen für das Leistungsdefizit des Arbeitnehmers nachzugehen und diese möglichst zu beseitigen, bevor er eine Kündigung aussprechen könne.
Letztendlich muss der Arbeitgeber vor Gericht nachvollziehbar darstellen und gegebenenfalls beweisen, dass und warum zumutbare Organisations- und Abhilfemaßnahmen nicht versucht wurden oder erfolglos geblieben wären.
Dr. Sigrid Olbertz, MBAMittelstr. 11a45549 Sprockhövel-Haßlinghausen