Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

gehört das System des deutschen Gesundheitswesens in die versorgungspolitische Notaufnahme? In den letzten Wochen vor der Bundestagswahl war der Versuch der Großen Koalition, die Gesundheitspolitik nicht zum Thema Nummer 1 parteipolitischer Auseinandersetzung werden zu lassen, nicht sonderlich erfolgreich. Trotz schon im Vorfeld gestarteter Beschwichtigungsmaßnahmen für die aufbegehrenden Ärzte schwelte es weiter.

Die staatlich gewährten Milliarden für die Ärzteschaft reichten jedenfalls nicht aus, den gesundheitspolitischen Flächenbrand wirklich zu löschen. Die Honorarreform – inklusive der jüngst noch „draufgesattelten“ zusätzlichen Vergütung für das kommende Jahr – konnte das, was an fehlerhaften Strukturen bereits gesetzt war, letztlich nicht nachhaltig ersticken.

Alles Schuld der untereinander konkurrierenden Ärzte, ihrer Institutionen und Interessensorganisationen? So einfach dürfte die Argumentation der Bundesgesundheitsministerin angesichts der seit Jahren anhaltenden massiven Kritik von Leistungsträgern, Krankenkassen, Patienten und ausgewiesenen Fachleuten dann doch nicht sein.

Also versteift man sich im Vorfeld des Wahlsonntags wieder einmal darauf, andere Schuldige zu suchen: Natürlich waren es wieder einmal „die Ärzte“, die das System missbrauchten und ausräuberten. Und schon hörte man so gut wie kein Wort mehr über den mangelhaften Gesundheitsfonds, keine Reaktion auf die Kritik an den unzureichenden Vorkehrungen, ein künftiges Desaster in der über alle Maßen pflegebedürftigen Altersgesellschaft der kommenden Jahrzehnte zu verhindern.

Dem wissenden Beobachter mag das zwar Kopfschütteln verursachen, überraschen kann es nicht: Denn vor den Wahlen wird sich niemand, der kandidiert, auf nachhaltiges Argumentieren einlassen. Also müssen die leider wenig homogen agierenden Arztgruppierungen, die in den vergangenen Jahren ihre Verteilungskämpfe nicht erledigt haben, weiterhin als willkommene Blitzableiter schwarz-roter Gesundheitspolitik herhalten. Von Dauer ist das aber nicht. Denn nach dem Wahlsonntag wird auch für die Abgeordneten die realpolitische Sonne wieder aufgehen. Spätestens dann heißt es, Farbe bekennen, Antworten geben und Entscheidungen treffen – auch im Bereich der ärztlichen Versorgung.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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