Der Tod von Michael Jackson

Letaler Propofol-Cocktail

32 Seiten umfassen die Untersuchungsakten der Polizei von Los Angeles, in denen die Wochen und vor allem die letzte Nacht vor dem Tod von Michael Jackson nahezu minutiös nachgezeichnet werden. Fest steht inzwischen, dass Propofol den Tod des Popstars herbeigeführt hat. Tatsächlich aber war das Betäubungsmittel wohl nur „der letzte Tropfen“, der ihn nach langjährigem Medikamentenmissbrauch – gipfelnd in einer massiven Polypharmazie in der letzten Nacht des Sängers – schließlich das Leben kostete.

An die Wirkung des Betäubungsmittels Propofol, an dem Michael Jackson wohl letztendlich verstorben ist, muss der Sänger gewöhnt gewesen sein: Mehrere Wochen lang hatte er täglich 50 mg des Wirkstoffs gegen seine Schlaflosigkeit erhalten, wie Jacksons Arzt Conrad Murray zu Protokoll gab. Propofol, ein starkes Betäubungsmittel, das nicht oral verfügbar ist, sondern parenteral verabreicht wird und daher praktisch nur in Kliniken Anwendung findet, war offenbar das einzige Mittel, mit dem Jackson mehr oder weniger zuverlässig zum Schlafen gebracht werden konnte. Daher verlangte der Sänger, so die Aussagen Murrays, die durch die Krankenschwester Cherylin Lee bestätigt wurden, immer wieder nach seiner „Milch“, einer farblosen bis hellgelben Flüssigkeit, die in einer Lipidemulsion gelöst wird und dadurch milchig aussieht.

Kurz-Narkotikum

Allerdings handelt es sich bei Propofol (chemisch: 2,6-Diisopropylphenol), das bereits 1989 durch die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) in den USA und 1996 durch die hiesigen Gesundheitsbehörden in Deutschland zugelassen wurde, nicht um ein einfaches Schlafmittel, sondern um ein stark wirksames Narkotikum. Der Wirkstoff, der üblicherweise zusammen mit einem kurzwirksamen Analgetikum zur Anästhesieeinleitung oder in der Intensivmedizin zur Sedierung in ein „künstliches Koma“ gegeben wird, zeigt einen raschen Wirkeintritt und eine nur kurze Wirkdauer: Die Wirkung tritt üblicherweise innerhalb von nur 10 bis 20 Sekunden ein, hält allerdings auch nur acht bis neun Minuten an bei einer Eliminationshalbwertszeit von ein bis drei Stunden.

Propofol wird daher kontinuierlich als Infusion oder mit wiederholten Bolusapplikationen verabreicht, wenn eine anhaltende Wirksamkeit gewährleistet werden soll. Die Substanz wirkt beruhigend und betäubend, eine analgetische Wirksamkeit wie Morphin besitzt Propofol aber nicht. Dem Wirkstoff werden allerdings durchaus auch euphorisierende sowie aphrodisierende Wirkungen zugeschrieben.

Enge Therapiebreite

Problematisch ist die geringe therapeutische Breite von Propofol, wobei bei Überdosierung ein Blutdruckabfall droht, eine Bradykardie sowie eine Atemdepression bis hin zum Atemstillstand die Folge sein können. In einer S3-Leitlinie des Berufsverbandes der Anästhesisten wird deshalb gefordert, dass Propofol, das nicht selten auch zur Sedierung bei Gastro- und Koloskopien eingesetzt wird, nur durch einen qualifizierten Arzt verabreicht werden darf und auch das nur, wenn der Patient von einer entsprechend qualifizierten gegebenenfalls auch nicht-ärztlichen Person überwacht wird.

Genau dies ist offenbar am Todestag von Michael Jackson nicht erfolgt. Denn Conrad Murray gibt an, nach der Infusion von 25 mg Propofol, die er um 10.40 Uhr am Morgen des 25. Juni anlegte, Michael Jackson zunächst überwacht zu haben, dann gegen 11 Uhr den Raum aber verlassen zu haben, um die Toilette aufzusuchen. Als er zurückkehrte, atmete der Sänger nicht mehr. Daraufhin versuchte sich der Arzt 82 Minuten lang mit – wie aus Meldungen hervorgeht – zudem nicht korrekt durchgeführten Wiederbelebungsversuchen, ehe ein Notarzt gerufen wurde. Diesem verschwieg Murray nicht nur die Gabe von Propofol, sondern auch den Medikamenten-Cocktail, der der Infusion voran gegangen war.

Massive Polypharmazie

So hatte der „King of Pop“ in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni um 1.30 Uhr aufgrund seiner Schlafprobleme bereits zehn Milligramm des Benzodiazepins Diazepam erhalten, das nicht nur schlafanstoßend wirkt, sondern auch anxiolytisch, antikonvulsiv und muskelrelaxierend. Eine halbe Stunde später injizierte der Arzt zwei Milligramm Lorazepam, ein weiteres Benzodiazepin, das üblicherweise vor allem bei Angst und Panikstörungen eingesetzt wird. Um 3 Uhr morgens, also nur eine Stunde später, erhielt Jackson dann das Benzodiazepin Midazolam, das ähnlich wie Propofol eine sedierende, aber keine analgetische Wirkung besitzt. Es zeigte offenbar ebenfalls nicht den erwünschten Effekt, da laut Protokoll um 5 Uhr nochmals zwei Milligramm Lorazepam gegeben wurden. Um 7.30 Uhr folgten erneut zwei Milligramm Midazolam. Auch dieser enorme Benzodiazepin-Mix brachte Jackson nicht den ersehnten Schlaf.

Der Sänger verlangte weiter nach seiner „Milch“ und erhielt schließlich um 10.40 Uhr die Propofol-Infusion, die letztlich seinen Tod herbeiführte.

Christine VetterMerkenicher Straße 22450735 Köln

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