Zertifizierte Praxen sehen Vorteile im QM
Die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte und zahnärztlichen Einrichtungen sind gesetzlich verpflichtet, bis zum Jahr 2010 ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einzuführen und kontinuierlich weiterzuentwickeln (§ 135 des Sozialgesetzbuches V). Bislang beschäftigen sich der ersten empirischen Untersuchung der FH Wiesbaden zufolge circa 70 Prozent der Zahnarztpraxen mit dem Thema Qualitätsmanagement und 51 Prozent befinden sich in der Einführungsphase. Lediglich zwei Prozent der Praxen haben sich einer externen Zertifizierung unterzogen.
Ziel der jetzt aktuell vorliegenden Studie war es, ausschließlich QM-zertifizierte Zahnarztpraxen zu untersuchen und Vorteile, Nachteile sowie Erfolgsparameter eines professionell betriebenen Qualitätsmanagements transparent zu machen.
Im Rahmen einer kombinierten telefonischen und schriftlichen Befragung wurden hierfür 176 zertifizierte Zahnarztpraxen in Deutschland kontaktiert. Insgesamt 44 Praxen beteiligten sich an der Untersuchung, was einer Rücklaufquote von 25 Prozent entspricht. (Ausgehend von der Gesamtzahl von circa 47 000 Zahnarztpraxen in Deutschland und der im Rahmen einer ersten Studie ermittelten Zahl von rund zwei Prozent bereits zertifizierter Praxen ergibt sich hier eine geschätzte Grundgesamtheit von 940 zertifizierten Praxen. Demgemäß wurden im Rahmen der Studie rund 19 Prozent der zertifizierten Praxen befragt).
Optimierung der Arbeitsabläufe
Qualitätsmanagement gilt seit vielen Jahren als ein wirkungsvolles Instrument zur Dokumentation, Bewertung und Verbesserung von Arbeitsabläufen, Strukturen und Prozessen. In der produzierenden Industrie seit vielen Jahren angewandt, soll es auch in Arztpraxen darauf abzielen, Praxisergebnisse (wie beispielsweise die Patientenversorgung und die Patientenzufriedenheit) nachhaltig zu verbessern. Gestützt auf diesen auch in der Dentalbranche gängigen Hintergrund ist es nicht überraschend, dass eine erste zentrale Frage der Studie nach den Beweggründen der QM-Einführung für die Vertragszahnärzte ein recht eindeutiges Bild ergibt (Abb. 1). Demgemäß war für 91 Prozent der befragten Ärzte die Optimierung der Arbeitsabläufe Grund für die Implementierung. Die Förderung der Behandlungsqualität sowie die Steigerung der Patientenzufriedenheit wurden jeweils von 66 Prozent der Probanden genannt. Auffällig ist, dass lediglich 66 Prozent der Befragten die gesetzliche Verpflichtung als Anlass nannten und sich nur 44 Prozent eine verbesserte Wirtschaftlichkeit ihrer Praxis erhoffen.
Die Frage nach der Bestandsdauer der bereits zertifizierten Praxen ergab, dass 85 Prozent der Praxen bereits länger als zehn Jahre bestehen. Lediglich zwei Prozent der zertifizierten Praxen bestehen seit weniger als zwei Jahren.
Der Prozess der Einführung wird in den Praxen unterschiedlich angegangen. Während 25 Prozent die Implementierung eigenständig vornahmen, nahmen weitere 25 Prozent die Unterstützung ihrer jeweiligen Zahnärztekammer in Anspruch. Der größte Teil wählte den Weg über eine professionelle Unterstützung durch Unternehmensberatungen oder sonstige Stiftungen und Verbände (41 Prozent).
Messbare Vorteile
Der Hauptteil der empirischen Studie konzentrierte sich auf die Frage nach tatsächlich messbaren Vorteilen, die den Praxen durch QM entstehen. Hier wurde eine Unterteilung in die Bereiche Arbeitsprozesse, Personal, Patienten, Praxisimage und Kosten vorgenommen.
In Bezug auf die Arbeitsprozesse konnten 96 Prozent der befragten Praxen eine verbesserte Klärung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten beobachten, 90 Prozent konnten die allgemeine Fehlerhäufigkeit senken. 82 Prozent gaben an, durch die Entwicklung kontinuierlicher Verbesserungsprozesse profitiert zu haben und 84 Prozent haben durch die Definition idealtypischer Prozesse eine Verbesserung erzielt (Abb. 2).
Auch bei der Frage nach den Vorteilen von QM in Bezug auf das Personal war die Meinung der Befragten recht eindeutig. So konnten 82 Prozent eine verbesserte Kommunikation im Team feststellen. 69 Prozent gaben eine Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit an und immerhin 56 Prozent sehen insgesamt eine Verbesserung des Arbeitsklimas (Abb. 3).
Auch das Praxisimage lässt sich durch ein professionell betriebenes Qualitätsmanagements steigern. So erhielten 75 Prozent der Praxen nach der QM-Einführung positive Rückmeldungen von Patienten und Kollegen. 70 Prozent konnten gar eine höhere Vertrauensbildung seitens der Patienten feststellen. Allerdings gaben nur 38 Prozent der Befragten an, durch QM-Maßnahmen ihren Patientenkreis vergrößert zu haben (Abb. 5).
Keine Kostenvorteile
Die Untersuchungsergebnisse auf die Frage nach den durch QM entstandenen Vorteilen auf der Kostenseite liefern kein eindeutig positives Bild. Während immerhin 34 Prozent der Probanden noch Einsparungen bei den Materialkosten verzeichnen konnten, sinkt dieser Wert in Bezug auf die Verwaltungskosten auf 14 Prozent und die Personalkosten auf 7 Prozent. Somit liegen die messbaren Vorteile des Qualitätsmanagements deutlich auf der Seite der damit erzielbaren Prozessverbesserungen, der gesteigerten Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie einem positiven Praxisimage.
Befragt nach den generellen Herausforderungen und Schwierigkeiten, mit welchen die Praxen im Zuge der QM-Einführung und Zertifizierung konfrontiert wurden, nannten 73 Prozent der Praxen den vergleichsweise hohen organisatorischen Aufwand und 68 Prozent die hohen Einführungskosten. Störungen des allgemeinen Arbeitsablaufs konnten jedoch nur 45 Prozent der Befragten feststellen. Die Akzeptanz der Mitarbeiter scheint jedoch in den meisten Fällen unproblematisch. Ebenso verhält es sich mit unerwarteten Folgekosten (Abb. 6).
Am Ende der Befragung wurden die Probanden gebeten, ein abschließendes Resümee zu ziehen. Auf die Frage „Würden Sie den Betrieb eines professionellen QM weiterempfehlen?“ antworteten 82 Prozent der Zahnärzte positiv.
Von Vorteilen überzeugt
Wie die Ergebnisse der empirischen Studie zeigen, konnte die überwiegende Mehrheit der befragten Praxen deutliche Vorteile durch die Implementierung und Zertifizierung eines professionellen Qualitätsmanagements feststellen. Eine Optimierung der Arbeitsprozesse, verbesserte Behandlungsergebnisse sowie eine gesteigerte Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit waren hier die meistgenannten Aspekte.
Vergleicht man die Einstellung der bereits zertifizierten Praxen mit den Ergebnissen der vorangegangenen Studie, welche sich auf die Grundgesamtheit aller Zahnarztpraxen in Deutschland bezog, ist der Unterschied unverkennbar. Während 54 Prozent der befragten Probanden aus der allgemeinen Gruppe der Zahnärzte eine negative Meinung bezüglich QM haben, können 82 Prozent der bereits zertifizierten Praxen den Betrieb eines professionellen Qualitätsmanagements aufgrund der eigenen positiven Erfahrungen weiterempfehlen.
Das Ergebnis dieser Studie zeigt die Tendenz, dass sich das allgemeine Stimmungsbild der Zahnärzteschaft hinsichtlich der vom Gesetzgeber verordneten QM-Einführung sukzessive verbessern wird und die Zahnarztpraxen ihre QM-Aktivitäten künftig weiter verstärken werden.
Prof. Dr. Bettina FischerFachhochschule WiesbadenFB WirtschaftBleichstraße 4465183 WiesbadenTel.: 0611/9495–01Fax.: 0611/9495–3102b.fischer@bwl.fh-wiesbaden.de
Eine Checkliste zum Thema „Qualitätsmanagement“ kann unter der angegebenen Kontaktadresse angefordert werden.