Sicherheit in kleinen Stücken
Es war im März 2008, als der Goldpreis zum ersten Mal die 1.000-Dollar-Grenze pro Feinunze (31,103 Gramm) überschritt. Zuvor hatte die Krise die Anleger in Panik versetzt. Sie hoben ihre Spargroschen von ihren Konten ab, weil sie den Banken misstrauten, sie lösten ihre Depots auf und verkauften Fondsanteile, Aktien sowie Anleihen, um das Kapital in Gold zu investieren. Ein nie gekannter Run auf Barren und Anlagemünzen setzte ein. So mancher Anleger verlor jegliches Vertrauen zu seiner Bank und hob sein ganzes Vermögen ab, um es komplett in Goldbarren oder Bullion Coins, so der Fachausdruck für die Münzen in Investorenkreisen, zu investieren. Die Folge: Wochenlange Wartefristen für Anlagemünzen wie etwa Krügerrand oder Wiener Philharmoniker sowie für die kleinen Barrengrößen waren an der Tagesordnung. Robert Hartmann, einer von zwei Geschäftsführern des Edelmetall-Handelshauses Pro Aurum in München, erinnert sich: „Die Umsatzsteigerung bei Goldmünzen von 2007 auf 2008 lag bei 100 Prozent. Wenn genügend Material auf dem Markt gewesen wäre, hätten wir nochmals um 50 Prozent mehr Goldmünzen und Barren verkaufen können.“
Seit Mai 2009 hat sich die Lage entspannt. Die Nachfrage hat sich bei Pro Aurum um etwa 30 Prozent reduziert. „Trotzdem“, so berichtet Hartmann, „sind immer noch einzelne Gattungen wie zum Beispiel 100-Gramm-Barren und die Philharmoniker-Münze in einer halben Unze nur mit Wartezeiten zu bekommen.“ Wie Hartmann rechnet auch Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank in Frankfurt, im Herbst „mit einem neuen Anlauf auf die 1.000-Dollar-Marke.“ Bis dahin bieten sich Gelegenheiten, sich mit Gold einzudecken. Anlageexperten und Vermögensverwalter raten dazu, rund zehn Prozent des Vermögens in Gold anzulegen. Barren und Münzen vermitteln ein Gefühl der Sicherheit.
Die „stille Reserve“
Dabei macht es keinen Sinn, ständig auf die Entwicklung des Goldpreises zu schielen. Denn die stille Reserve dient nicht zur Spekulation. Wer als privater Anleger in Gold investiert, kann zwischen Münzen und Barren wählen. Wer Münzen bevorzugt, sollte sich für Anlagemünzen entscheiden. Dabei bestimmen allein Echtheit und Goldgehalt über den Preis. Bei den Sammlerstücken hingegen entscheidet weniger der Metallwert als vielmehr die Seltenheit und der Erhaltungszustand über den Wert der Münze.
Grundsätzlich ist es unerheblich, ob der Edelmetall-Liebhaber Barren oder Münzen bevorzugt. Eine Unze Gold bleibt eine Unze Gold. Der Unterschied zwischen An- und Verkauf, der so genannte Spread, liegt bei kleinen Barrengrößen sogar noch über dem der Münzen. Für deren Prägung allerdings verlangen die Verkäufer ein Aufgeld. So kostet der südafrikanische Krügerrand bei Pro Aurum 728,50 Euro, der Ein-Unzen-Barren hingegen 711 Euro (Stand: Mitte Juli 2009). Die meisten Münzen sind in verschiedenen Größen zu haben. Beim australischen Känguru etwa kann man zwischen einer zwanzigstel Unze und einem Kilogramm wählen. Nur Wenige werden sich ihre Reserve auf einmal kaufen. Kleinere Münzen erlauben den Einstieg in kleinen Schritten. Zwar ist das auch mit Barren möglich, doch lassen sich die eingeschweißten Minibarren kaum auf Echtheit prüfen. Gerade die Prägung der Münzen aber bietet einen großen Sicherheitsvorteil. So sieht das auch Mirko Schmidt, wie Hartmann Geschäftsführer bei Pro Aurum: „Ihre drei geprägten Seiten führen zu einem besseren Fälschungsschutz als bei Barren.“
Reinheit als Kriterium
Ein weiteres Kriterium ist die Reinheit des Metalls. So verfügt der Krügerrand nur über einen Goldgehalt von 916 von 1.000 Teilen. Der Rest besteht aus Silber und Kupfer.
Andere Goldmünzen wie die kanadische Maple Leaf oder die österreichischen Philharmoniker haben die höchste Feinheit von 999,9/1.000. Um ebenfalls auf eine Unze Gold pro Münze zu kommen, wiegt der Rand brutto 34 Gramm. Die fast reinen Goldmünzen bringen nur das Unzengewicht von 31,10 Gramm auf die Waage. Mirko Schmidt empfiehlt: „Zu Anlagezwecken eignen sich insbesondere Feingoldmünzen. Die Widerstandfähigkeit von legierten Münzen ist nur dann von Vorteil, wenn der Käufer mit diesen Münzen im Alltag umgehen möchte.“ Am häufigsten verkauft wurden Unzenmünzen. Auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehen die Wiener Philharmoniker gefolgt von Maple Leaf (Kanada), Känguru (Australien) und dem südafrikanischen Krügerrand.
Damit Gold seine Funktion als Notgroschen jederzeit und überall erfüllen kann, sollte nur in weltweit bekannte Münzen investiert werden. Wer sie in kleiner Stückelung kauft, kann sie je nach Bedarf eintauschen. Ist zum Beispiel eine neue Waschmaschine fällig oder steht eine teure Autoreparatur an, ist es sinnvoller eine kleine Münze zu verkaufen als einen großen Barren. Einen Bullion – so der Fachausdruck für die Barren – kauft sich nur, wer mindestens das Geld für ein 500 Gramm schweres Stück Gold ausgeben kann. Dann machen sich auch die Preisunterschiede zwischen Barren und Münzen deutlicher bemerkbar. Münzliebhaber können ihre Lieblingsstücke auch in großen Gewichten erwerben. So gibt es den Maple Leaf in 32 Unzen-Größe. Robert Hartmann von Pro Aurum meint: „Der Preisvorteil eines Kilobarren Gold gegenüber der 32-Unzen-MapleLeaf (zirka 1.000 Gramm) beträgt rund drei bis vier Prozent. Viele Anleger nehmen den Preisvorteil des Barrens gegenüber der Münze aber nicht wahr und entscheiden sich für die teurere Münze.“
Gold ist Geld – nur anders
Eher als Werbegag gedacht waren die Gigamünzen, die vor ein paar Jahren auf den Markt kamen. Die zweitgrößte Münze stammt aus Österreich. Die Wiener Philharmoniker hat einen Nennwert von 100 000 Euro und wiegt 31,103 Kilogramm. Ihre Auflage beträgt 15 Stück. Das bislang größte Exemplar aber prägten die Kanadier. Sie produzierten einen Maple Leaf mit einem Durchmesser von 53 Zentimetern und drei Zentimeter dick, Gewicht 100 Kilogramm. Auch dafür fanden sich Liebhaber. Das kanadische Riesen-Ahornblatt wurde auf Wunsch einzelner Interessenten nachproduziert.
Seine Besitzer warten wahrscheinlich auf den endgültigen Durchbruch des gelben Metalls. Zurzeit ist er nicht in Sicht, vielmehr dümpelt sein Preis um die 900 Dollar je Feinunze. Goldexperte Manfred Gburek aber rechnet mit „der ganz großen Preisexplosion.“ Für ihn steht fest: „Sie wird noch mindestens ein Jahr womöglich zwei bis drei Jahre auf sich warten lassen, dann aber um so heftiger ausfallen.“
Robert Hartmann zeigt in dem Punkt eine andere Einstellung. Für ihn verursacht die Frage nach nominalen Preissteigerungen nur ein Gefühl von Gier bei den Anlegern. „Gold ist eine Versicherung für das Kapital und soll die mit harter Arbeit erwirtschaftete Kaufkraft sicher in die Zukunft tragen.“ Er erläutert seine Meinung an einem Beispiel: „Für eine Unze Gold sollte man sich immer einen anständigen Anzug kaufen können. Egal ob dieser in drei Jahren 650 Euro oder 6.500 Euro kostet. Gold ist Geld in einer anderen Form.“
Marlene Endruweitm.endruweit@koeln.de