Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

als „Quincy“ Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sein wöchentliches Serienwesen im Deutschen Fernsehen begann, hätte selbst er sich nicht träumen lassen, was für eine Karriere der Beruf des Gerichtsmediziners im Unterhaltungsfernsehen noch nehmen sollte. Kaum noch ein Krimi – immerhin eines der beliebtesten Genres im TV – hält seine eineinhalb Stunden Sendezeit durch, ohne dass irgendein bewundernswerter Übermensch mit ärztlichem Hintergrund durch sein fachkundiges Tun zur Aufklärung von Kriminellem beiträgt. Abgesehen vom verklärt verfälschten Bild, das da von den Gerichtsmedizinern geschaffen wird – sie vereinen ja in der Regel neben der des Pathologen unterschiedlichste Disziplinen umfangreicher Wissensfelder auf ein und dieselbe Person –, ist es schon ein erstaunliches Phänomen, dass Regisseure, Produzenten, aber auch Menschen der schreibenden Unterhaltungszunft so auf diese besondere Gattung ärztlicher Provenienz setzen.

Quincy selbst hatte ja noch – gelobt seien die Zeiten des vorbildgebenden erzieherischen Fernsehens – eine koedukative Leitfunktion. Immerhin musste er in seiner Hochphase die Bevölkerung lehren, dass man auf dem Motorrad gefälligst Helm trägt. Inzwischen dient der zum Gerichtsmediziner, Pathologen, Biologen, Chemiker, Detektiv und Polizist in Personalunion mutierte Super-Arzt in erster Linie der Dramaturgie und Einschaltquote.

Laut Psychologen lieben Menschen dieses scheinbare Allmachtverhältnis zu Leben und Tod. Mit Tabus wird hier genüsslich gebrochen, der Schauer über das Aufschneiden von Leichen ist aber längst überstanden und muss durch immer makaberere Situationen getoppt werden.

Tief hat sich inzwischen der Eindruck verfestigt, dass diese Tausendsassas im Dienste des Guten ihren Beitrag gegen das Böse in der Welt leisten.

Und die Wirklichkeit? Die ist – wie meistens im Leben – weit nüchterner, als das Fernsehen verspricht. Der Pathologe ist ebenso wenig Rechtsmediziner wie der Orthopäde Internist ist. In der Wirklichkeit ist einzig das Streben nach Wahrheit der verbindende Faktor zwischen Realität und Fiktion.

Eins gilt aber auch für die wirklichen „Helden“ des Alltags in diesem inzwischen fast sagenumwobenen Bereich: Ob Identifizierung über Zahnstatus; Klärung von Rechtsansprüchen qua DNA oder Feststellung des ungefähren Todeszeitpunktes eines Ermordeten: Der Dienst für die Gesellschaft ist beachtlich.

Informatives Lesen

wünscht Ihr

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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