Offiziell vernetzt
Der 8. Deutsche Kongress für Versorgungsforschung in Heidelberg wartete mit einem enormen Pensum auf. Mehr als 400 Vorträge und Posterdemonstrationen standen auf der Tagesordnung. Die Themenpalette war vielfältig. Das zeigen Referatstitel wie „Leitlinien Herzinsuffizienz zwischen Praxis und Spezialklinik“, „Hausärztliche Prävention bei übergewichtigen Patienten,“ „Demenz und Depression“, „Modellbasierte Versorgungsforschung bei Komorbidität“, „Effekte von Disease-Management-Programmen“, „Pay for Performance – Chancen und Risiken“ oder „Qualitätszirkel und Qualitätsmanagement.“ Der Organisator, das Deutsche Netzwerk für Versorgungsforschung (DNVF), hielt den Kongress in diesem Jahr zusammen mit dem 43. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. im Universitätsklinikum Heidelberg ab. Der Kongress insgesamt war sehr gut besucht: Über 600 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik waren vertreten, darunter Ärzte, Zahnärzte, Psychologen, Soziologen, Pflegewissenschaftler und politische Entscheidungsträger.
Versorgungsforschung versteht sich als Forschung „zur letzten Meile des Gesundheitswesens“, also zu der Stelle, wo sich Theorie und Praxis im medizinischen Versorgungsalltag begegnen. Sie wird unter anderem als definiertes Programm intensiv von der Bundesärztekammer finanziell gefördert.
Erstmalig präsentiert
Aus zahnärztlicher Sicht ein Novum war der Workshop „Versorgungsforschung in der Zahnmedizin“. Erstmalig ist es der Zahnärzteschaft in Heidel-berg gelungen, mit einem eigenen Programmpart auf einem DNVFKongress aufzutreten. Die zahnmedizinische Versorgungsforschung hat damit vollen Anschluss an die wissenschaftliche Plattform des DNVF gefunden.
Gleichwohl wird das Thema Versorgungsforschung In der Zahnmedizin schon lange bearbeitet. Schwerpunktmäßig geschieht dies vor allem an den Zahnkliniken Kiel, Greifswald, Heidelberg, Dresden, Witten-Herdecke, München und am Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln.
Parodontalgesundheit
Insgesamt wurden zwei zahnärztliche Sessions mit zwölf Vorträgen angeboten: Der erste fand unter Federführung der DGZMK mit Vorsitz des Vizepräsidenten Dr. Wolfgang Bengel, Heiligenberg, statt. Hier ging es unter anderem um parodontalen Handlungsbedarf in Deutschland, basierend auf der DMS-IV-Studie des IDZ. Übergreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Parodontalgesundheit in der Bevölkerung seien notwendig, so das Fazit der Wissenschaftler. Zudem sei von einer Unterversorgung in diesem Bereich auszugehen. Hier müssten entsprechende Schritte eingeleitet werden.
Auch die Prognosen der Zahnärztezahl und des Bedarfs an zahnärztlichen Leistungen bis zum Jahr 2030 standen mit auf der Agenda. Insgesamt werde nach Ansicht der Wissenschaftler die Anzahl der Zahnärzte abnehmen, bei gleichzeitiger Abnahme der Bevölkerung. Die Anzahl der Einwohner pro behandelnd tätigem Zahnarzt werde sich deshalb kaum ändern. Der Bedarf an zahnärztlichen Leistungen nehme aufgrund einer verbesserten Mundgesundheit zwar ab, jedoch sei in der Parodontologie mit einer Zunahme zu rechnen.
Zu den weiteren Themen der ersten Sektion gehörten Aspekte der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität bei implantatgetragenem Zahnersatz, bei an Demenz Erkrankten und bei Kindern und Jugendlichen.
Patientenzufriedenheit
Der zweite Teil fand unter Vorsitz von Dr. Wolfgang Micheelis, Wissenschaftlicher Leiter des IDZ, statt. Hier ging es unter anderem um eine Befragung zur Patientenzufriedenheit mit der zahnärztlichen Versorgung, gemeinsam durchgeführt von der Universität Kiel, dem AQUA-Institut Göttingen, der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe und der Universität Heidelberg. Die Untersuchung stärkte die Position, dass die Kommunikation mit dem Zahnarzt aus Patientensicht eine wichtige Rolle spielt und dass hier noch große Verbesserungspotenziale liegen. Bei der Bewertung von Patientenbefragungen sollte man zudem auch die jeweilige Situation einer Praxis berücksichtigen.
Eine weitere vorgetragene These lautete: Die Polarisierung der Karies könne als Anzeichen für eine positive Entwicklung in der Gruppenprophylaxe gesehen werden. Dies vertrat der MDK Essen. Um den Mundgesundheitszustand sozial Benachteiligter zu verbessern, sollten nicht nur Risikostrategien auf die Agenda gesetzt werden. Vielmehr sollte der bisherige Mix aus genereller und zielgerichteter Bevölkerungsstrategie beibehalten werden.
Weitere Themen standen zur Diskussion, darunter Aspekte der Entscheidungsfindung bei der oralen Rehabilitation, die Wachstumsdynamik von zahnärztlichen Existenzgründungen in Abhängigkeit von der Praxisform, die Beurteilung von Erfolgen bei Parodontaltherapien und die zahnärztliche Versorgung von Pflegeheimen. pr
■ Mehr zum Kongress unterwww.dkvf2009.de/media/Hauptprogramm_mit_Abstractband.pdf