Demenz oder nur Demenz-Phobie
Infolge der erhöhten Lebenserwartung wird wahrscheinlich auch die Verbreitung alterstypischer Erkrankungen wie der Demenz und speziell der Alzheimerkrankheit steigen. Deren Diagnostik und Therapie stellt der Medizin in Zukunft klare Herausforderungen: „In den kommenden 30 Jahren ist aufgrund der Alterung der geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge mit einer Verdoppelung der Prävalenz von Demenzerkrankungen zu rechnen“, berichtete Professor Dr. Klaus Schmidtke aus Freiburg beim 81. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Hamburg.
Ein Nebeneffekt der steigenden Prävalenz der Demenz sind nach seinen Worten Ängste vieler Menschen, selbst von der Alzheimerkrankheit betroffen zu sein. Geschürt wird diese Entwicklung durch die Tatsache, dass die Manifestation der Demenz ein schleichender Prozess ist, der sich durch zunächst unspezifische Symptome wie Konzentrations- und Gedächtnisschwächen bemerkbar macht.
Gedächtnisprobleme und doch geistig voll dabei
So sei es zu verstehen, dass sich in den Arztpraxen immer häufiger Menschen vorstellen, die über Probleme beim Denken klagen oder Schwierigkeiten mit ihrem Gedächtnis angeben. „Bei der Mehrzahl dieser vermeintlichen Patienten liegt aber gar keine Demenz vor“, erklärte der Neurologe. „Meistens haben die Gedächtnisstörungen ganz andere Ursachen.“ Deshalb sei es wichtig, die Symptome genauestens zu hinterfragen und gegebenenfalls durch weitere Untersuchungen abzuklären.
Den Störungen könne beispielsweise eine Schilddrüsenerkrankung zugrunde liegen, auch eine Hypertonie oder andere internistische Ursachen seien möglich. Außerdem würden psychiatrische Erkrankungen oft eine Demenz vorgaukeln. Oder vielleicht sei sogar eine bis dato unerkannte Depression verantwortlich für die Gedächtnisstörung.
Der Grund für Konzentrationsstörungen könnten aber ebenso Überarbeitung, Hektik und übermäßiger Stress sein. Diese führten zu einer inneren Ablenkung, so dass die Umwelt weniger bewusst wahrgenommen werde. Auch andere Gründe müssten ausgeschlossen werden: „Probleme am Arbeitsplatz, Konflikte in der Partnerschaft oder auch das Leiden durch Schmerzen und Behinderungen sind ebenfalls oft der Grund dafür, dass der Betreffende das, was um ihn herum vorgeht, nicht mehr richtig wahrnimmt und verarbeitet“, sagt Schmidtke. Das könne dann nach außen wie eine kognitive Störung wirken.
Demenz-Phobie
Eine weitere Möglichkeit komme noch hinzu: Äußert ein Patient die Sorge, dement zu werden, so sei immer auch an eine eventuell vorliegende „Demenz-Phobie“ zu denken. Ein solches Phänomen sei keinesfalls selten: „Wenn eine Erkrankung an Publizität gewinnt, bemerken immer mehr Menschen entsprechende Symptome, die auf eine solche Erkrankung hindeuten können, an sich selbst. Das haben wir bei AIDS so gesehen und auch zum Beispiel bei der Borreliose.“
Christine VetterMerkenicherstraße 22450735 Köln