Die zm von 1910 bis 1945
Am 2. Juli 1910 erschien die erste Ausgabe der „Zahnärztlichen Mitteilungen“ (zm) als Organ des kurz davor gegründeten „Wirtschaftlichen Verbands Deutscher Zahnärzte“ (WVDZ). “Wer auf die Regierung allein vertraut, hat auf Sand gebaut“, stand zur Begründung von Verband und Zeitschrift im ersten Heft, was vor allem eine Reaktion auf die gerade entstehende Reichsversicherungsordnung RVO und die daraus absehbaren wirtschaftlichen Folgen für die rund 3 000 deutschen Zahnärzte war. Ein Vorbild dafür war der „Hartmannbund“, der von den Ärzten schon ein Jahrzehnt vorher gegründet worden war.
Die zm erschienen zunächst einmal im Monat, die ersten Redakteure waren bis 1914 Dres. R. Löhr und S. Lehmann, Mitarbeiter in Verband und Zeitschrift war schon 1911 ein gewisser Dr. Fritz Linnert, der später vor und nach der Nazi-Zeit die zahnärztliche Standespolitik sehr erfolgreich und würdig repräsentiert und mitbestimmt hatte. Schon 1913 übernahm mit Dr. Rudolf Kaldewey ein Zahnarzt die Geschäftsführung des Verbands und die Redaktion der Zeitschrift, der beide über die schweren Kriegs-, Nachkriegs- und Inflationsjahre hinweg zu wachsendem Erfolg (1919 Schaffung des Dr. med. dent.) geführt hatte. Schon seit 1914 saß man in einem eigenen „Zahnärztehaus“ in der Berliner Bühlowstraße.
Mitte der Zwanzigerjahre – die zm erschienen inzwischen (bis 1945) wöchentlich – übernahm Dr. Fritz Salomon die „Hauptschriftleitung“, unter dem nun zum Vorsitzenden der obersten Standesvertretung gewählten Dr. Fritz Linnert, die jetzt als „Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands“ firmierte. Die zm waren inzwischen so etabliert, dass sie als Beilagen die damals sehr aktuelle „Schulzahnpflege“ und die „Mitteilungen der Zahnärztekammer für Preußen“ transportierte. Schriftleiter der letzteren war ein junger Zahnarzt aus Schlesien, Dr. Kurt Maretzky, der nach dem Zweiten Weltkrieg die tragende Rolle beim Wiederaufbau der Zeitschrift haben sollte. Eins der ersten Fotos in den zm stand im Bericht über den 4. Deutschen Zahnärztetag 1929 in Köln – ein Porträt des Kölner Oberbürgermeisters Dr. Konrad Adenauer. Verband und Zeitschrift hatten in diesen Jahren schwere Auseinandersetzungen um die Kurierfreiheit, die Gebührenordnung Preugo, Kassenzahnkliniken, AOK-Ambulatorien und den Dualismus von Zahnärzten und Dentisten mit unterschiedlichen Erfolgen zu bestehen.
Unter den Nationalsozialisten wurden Reichsverband und zm sofort „gleichgeschaltet“, für Persönlichkeiten wie Dr. Linnert und Dr. Salomon war ab März 1933 kein Platz mehr. Als „Zahnärzteführer“ übernahm Dr. Ernst Stuck den Reichsverband, sein Hauptschriftleiter wurde Dr. Eduard Schrickel, die beide bis 1945 die zm politisch und rassistisch indoktrinierten. 1934 und 1936 wurden die zm auch äußerlich stark verändert, mit neuer Titelseite, neuer Gestaltung, neuer Schrift (Fraktur), mit mehr Fotos, mehr Beilagen und mehr Werbung. Mit einem neuen Verlag entsteht die Zeitschrift jetzt im 1937 bezogenen neuen Zahnärztehaus am Heidelberger Platz in Berlin für inzwischen 15 000 Zahnärzte (dagegen 21 000 Dentisten).
Eine neue Zulassungsordnung und die Schaffung der öffentlich-rechtlichen „Kassenzahnärztlichen Vereinigung Deutschlands“ (KZVD), die Einführung einer Kopfpauschale, die weitgehende Beseitigung der Kassenzahnkliniken und am Ende ergebnislose Versuche, den Dualismus von Zahnärzten und Dentisten zu überwinden, waren die wichtigen fachlichen Themen der nationalsozialistischen Berufs- und Informationspolitik, ihre verwerfliche, unmenschliche Seite die Entwürdigung, Vertreibung, Enteignung und Ermordung vieler hunderter jüdischer Berufsangehöriger – ein schwerer Schatten, der für immer auf der Geschichte des Berufsstandes liegen wird.