Individuell – patientengerecht – zielorientiert
Im Beratungsgespräch mit dem Patienten bietet sich dem Zahnarzt die Chance, seine Rolle als Ansprechpartner Nummer eins in Sachen Zahngesundheit für die Bindung des Patienten und für den Erfolg seiner Praxis effizient zu nutzen.
Entscheidend für ein gutes Beratungsgespräch ist, dass zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten eine echte Dialogsituation entsteht. Viele Zahnärzte übernehmen in einem solchen Gespräch unbewusst die Rolle des vortragenden Experten und ge- raten so zwangsläufig in einen Monolog, der den Patienten oft mit fachlichen Details überfordert. Eine Erfolg versprechendere Strategie ist es, dem Patienten durch strukturiertes Fragen die Möglichkeit zu geben, seine eigenen Wünsche und Vorstellungen zu äußern, ihm eine passende Lösung (inklusive der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärungspflicht) anzubieten und ihn dann zum Abschluss zu motivieren.
Ziele der Patienten- beratung
Zwar ist der Zahnarzt kraft seiner Position als Behandler immer auch in der Position des Beraters – ein Umstand, dem auch die allgemeine Beratungspflicht der Zahnärzte Rechnung trägt. Eine umfassende Patientenberatung geht jedoch weit über die bloße Erfüllung dieser professionellen Beratungspflicht hinaus und bietet – richtig eingesetzt – dem Zahnarzt auf vielfältige Art und Weise die Möglichkeit, das Beratungsgespräch so zu gestalten, dass beide Seiten als Gewinner aus der Situation herausgehen.
• Herstellen einer emotionalen Ebene: Vertrauen schaffen
Dass es bei der Beratung eines Patienten darum geht, Vertrauen zu schaffen, versteht sich von selbst. Deshalb kommt es im Rahmen des Beratungsgesprächs darauf an, dem Patienten durch ein verbindliches, freundliches und souveränes Auftreten und durch persönliche Anteilnahme Sicherheit und ein gutes Gefühl zu geben.
• Ermittlung der persönlichen Bedürfnisse des Patienten
Damit der Patient auch die Lösung ange- boten bekommt, die zu ihm passt, ist es absolut notwendig, im Gespräch die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse des Patienten zu ermitteln. Nur wenn der Zahnarzt über diese Informationen verfügt, kann er eine Lösung anbieten, die den Patienten auch wirklich überzeugt und mit der dieser sich identifizieren kann.
• Aktive Einbindung des Patienten ins Gespräch
Die Identifikation des Patienten mit der angebotenen Leistung fällt umso stärker aus, je mehr er an der Erarbeitung eben- dieser Lösung beteiligt ist. Das bedeutet: Es kommt darauf an, dass der Patient die überwiegenden Gesprächsanteile besitzt. Ideal ist ein Verhältnis der Gesprächsanteile zwischen Patient und Zahnarzt von 80:20. Der Zahnarzt sollte sich weitgehend darauf beschränken, das Gespräch durch strukturiertes Fragen zu lenken.
• Empfehlung einer Behandlungslösung
Jedes Beratungsgespräch sollte auf die Empfehlung einer passenden Behandlungslösung hinauslaufen, die auf den zuvor erfragten Informationen über die Bedürfnisse des Patienten basiert. In diesem Rahmen sollte auch die Aufklärung über Vorteile, Risiken und Kosten erfolgen. Aber auch hier gilt der Grundsatz: Dialog statt Monolog. Der Zahnarzt sollte sich immer wieder durch Fragen absichern, wie zum Beispiel: „Wie gefällt Ihnen diese Lösung?“, „Ist es das, was Sie sich vorstellen?“
• Erfolgreicher Abschluss des Gesprächs
Ziel eines jeden Beratungsgesprächs ist es, einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen. Erfolgreich bedeutet, dass es sich bei der vereinbarten Leistung um eine Lösung handelt, die sowohl den Patienten als auch den Zahnarzt zufriedenstellt. Diese Strategie des „Zwei-Gewinner-Prinzips“ hat – bei anschließender sorgfältiger Ausführung der Leistung – für den Zahnarzt mehrere Vor- teile: Er erzielt eine angemessene Vergütung für seine Leistung, er hat einen Patienten, der sich mit der vereinbarten Leistung identifiziert und er bindet den Patienten in der Regel dauerhaft an seine Praxis.
Gesprächsaufbau durch strukturiertes Fragen
Um das Beratungsgespräch erfolgreich abzuschließen, ist es notwendig, dass der Zahnarzt das Gespräch im wahrsten Sinne des Wortes zum Abschluss führt, das heißt durch strukturiertes Fragen nach dem Prinzip verfährt: Wer fragt, der führt. Empfehlenswert ist, sich vorab einen Gesprächs- leitfaden mit den passenden Fragen zurechtzulegen. Dieser Leitfaden sollte das Gespräch gedanklich in mehrere Phasen aufteilen. Am Ende jeder Phase steht je- weils ein bestimmtes Teilziel, von dessen Erreichen der Gesamterfolg des Beratungsgesprächs abhängt. Natürlich macht auch die Übung hier den Meister: Je öfter man diesen Leitfaden anwendet, desto authen- tischer – und damit auch erfolgreicher – werden die Beratungsgespräche!
1) Die Gesprächseröffnung:Beziehung herstellen und sich informieren
Der Einstieg ins Gespräch ist von entscheidender Bedeutung: Es kommt darauf an, mit dem Patienten eine Gesprächsbeziehung aufzubauen, in der er sich wohl fühlt und sich öffnet. Dies wird in erster Linie durch offene Fragen („W“-Fragen) erreicht wie beispielsweise:
• „Wie zufrieden sind Sie mit dem Erscheinungsbild Ihrer Zähne?“
• „Was ist Ihnen bei Ihrer Versorgung wichtig?“
• „Wie wichtig ist Ihnen das natürliche Aussehen (die Haltbarkeit / die Verträglichkeit) einer Versorgung?“
• „Was wissen Sie schon über vollkera- mische Versorgungen (Zahnimplantate / Professionelle Zahnreinigung)?“
• „Worauf kommt es Ihnen besonders an?“
Eine patienten- und erfolgsorientierte Gesprächsführung verlangt vom Zahnarzt, die notwendigen Fragen zu stellen, sich selbst zurückzunehmen, zuzuhören und dabei die Informationen, die er für die Entwicklung einer individuellen Lösung braucht, zu registrieren. Dem sogenannten„aktiven Zuhören“kommt dabei zentrale Bedeutung zu: Der Zahnarzt sollte in der Gesprächsführung die Informationen aus den Antworten des Patienten unbedingt berücksichtigen – einmal, um dem Patienten zu signalisieren, dass er als Mensch ernst genommen wird, und zum anderen, um dem Patienten eine „passende“ individuelle Lösung anbieten zu können. Ganz wichtig: Wenn aus den Antworten des Patienten etwas unklar bleibt, unbedingt nachfragen. Nur so kann man sichergehen, alle Informationen zu haben, die für eine individuelle Lösung notwendig sind!
2) Der Mittelteil:
Zusammenfassung und Lösungsangebot
Mit der interpretierenden Nachfrage fängt auch der Mittelteil des Gesprächs an: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Wert auf … legen?“ Verneint der Patient die Frage, sollte der Zahnarzt unbedingt die fehlende Info noch einmal erfragen. Erst wenn der Patient diese Nachfrage bejaht, kann der Zahnarzt ihm eine individuelle Lösung vorschlagen. Schauen wir uns dies am Beispiel der Füllungstherapie an:
• Der Patient legt Wert auf zahnfarbenes Aussehen.
• Er möchte eine hohe Verträglichkeit der Versorgung.
• Gute Haltbarkeit ist ihm wichtig.
• Er ist zur Zuzahlung bereit.
Daraus folgt :Der Zahnarzt sollte ihm ein Keramik-Inlay oder eine hochwer- tige, langlebige Kunststofffüllung vorschlagen.
Im Dialog mit dem Patienten sollte zur rechten Zeit immer auch die Kosten-frage angesprochen werden, damit es anschließend kein böses Erwachen gibt und der Patient nicht peinlich berührt die Gesprächssituation verlässt. Sieht der Patient einen finanziellen Engpass, sollte ihm der Zahnarzt hier eine Finanzierungslösung (zum Beispiel Patientenfinanzierung oder Zahn-Zusatzversicherung) vorschlagen.
3) Der Gesprächsabschluss: Empfehlung und Abschlussfrage
Nachdem Zahnarzt und Patient sich inhaltlich auf eine Behandlungslösung verständigt und alle kritischen Fragen (wie etwa Risiken oder Kosten) geklärt haben, sollte der Zahnarzt die Abschlussfrage stellen, zum Beispiel „Sollen wir das so machen?“ oder „Wollen wir dafür einen Termin vereinbaren?“
Grundsätzlich sollte das Ziel eines Beratungsgesprächs sein, unmittelbar zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen. Natürlich wird es auch Fälle geben, in denen sich ein Patient nicht sofort entscheiden kann oder will. Hier sollte der Zahnarzt (oder die beratende Person) behutsam nachfragen, woran das liegt, und gegebenenfalls Zweifel ausräumen. Kommt am Ende des Gesprächs trotz aller Hilfestellung keine Entscheidung zustande, empfiehlt es sich, dem Patienten entsprechendes Infomaterial mitzugeben und einen verbindlichen Termin für eine definitive Entscheidung zu vereinbaren. Eine solche sollte aber in jedem Fall herbeigeführt werden, damit die Praxis nicht unnötig zeitliche und personelle Ressourcen aufwenden muss und die notwendige Planungssicherheit hat.
Rahmenbedingungen für das Beratungsgespräch
Um die Erfolgsaussichten der Patientenberatung weiter zu steigern, empfiehlt es sich, auf einige Dinge zu achten:
• Ein Gespräch an einem Tisch in einem separaten Beratungsraum ist für den Patienten angenehmer als es im Behandlungsstuhl sitzend oder gar liegend zu führen. Hier kommt auch die Wertschätzung des Zahnarztes für die Person des Patienten zum Ausdruck.
• Visualisierungshilfen (zum Beispiel Informationstafeln, Modelle) machen das Gespräch anschaulicher und verhindern oft, dass der Zahnarzt bei der Empfehlung der Lösung in einen Monolog verfällt.
• Um die zeitlichen Ressourcen des Zahnarztes nicht zu sehr zu beanspruchen, ist es oft hilfreich, dass eine erfahrene Mitarbeiterin das Gespräch führt. Sie hat manchmal den besseren „Draht“ zum Patienten und kann die emotionale Beziehung oft besser aufbauen. Ideal ist hier die Einführung durch den Zahnarzt nach dem Motto: „Unsere Spezialistin Frau X berät Sie gern zum Thema ‚PZR’.“ Er weist damit die Mitarbeiterin als Expertin aus.
• In manchen Fällen ist der Patient nicht der alleinige Entscheider darüber, ob er in eine zahnmedizinische Versorgung investiert. Hier ist es oft sinnvoll, die anderen beteiligten Personen (zum Beispiel die Ehefrau oder Angehörige) mit zum Beratungstermin einzuladen.
Fazit: Professionelle Beratung als Erfolgsfaktor
Professionelle Patientenberatung ist heute ein unverzichtbarer Baustein für den Praxiserfolg, denn sie erfüllt – neben der Gene- rierung des notwendigen Umsatzes – mehrere wichtige Funktionen zugleich: Durch Eingehen auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Patienten sowie ein angenehmes Gesprächsambiente schafft sie Vertrauen, sorgt für die notwendige Identifikation des Patienten mit der Praxis und der vorgeschlagenen Behandlung und – vorausgesetzt, dass die Versorgung anschließend professionell umgesetzt wird – für zufriedene Patienten. So betrachtet, ist die Patientenberatung unverändert ein wertvolles Instrument für Patientenbindung und Praxiserfolg.
Werner Gink / Jochen Kriens M.A.Gau-Heppenheimer Str. 2455234 Eppelsheim