Versorgungswerke

Offizielle Entwarnung

Wie wirkte sich die Finanzkrise auf die Versorgungswerke der Freien Berufe aus? Diese Frage beschäftigte in den vergangenen Monaten nicht wenige Freiberufler. Nach einer Anfrage der SPD-Fraktion an die Bundesregierung beruhigte diese die Mitglieder der Versorgungseinrichtungen. „Alles im Lot“ hieß es zu Beginn des Jahres von höchster Stelle: Insgesamt konnten Krise und wirtschaftliche Rezession den Versorgungswerken in ihrer Substanz nicht wirklich etwas anhaben.

Den Auslöser, wieso sich die beitragszahlenden Mitglieder um ihre Einlagen sorgten, kann man in den Folgen der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers im Jahre 2008 sehen. In globalisierten Zeiten hatte die Bankenpleite weltweit Anleger mit in den Abgrund gerissen. Eine ganze Anzahl von Geschäftspartnern forderte im Insolvenzverfahren Milliardenbeträge zurück. In einigen Medien tauchten Meldungen auf, wonach so manches Versorgungswerk hierzulande mehr oder minder direkt an Geschäften mit Banken beteiligt war, die der staatlichen Hilfe bedurften, um nicht in die Insolvenz zu geraten. So berichtete etwa der Brancheninformationsdienst APOTHEKE ad hoc über geschäftliche Verbindungen von Apotheker-Versorgungswerken zur Lehman Brothers Bankhaus AG, der deutschen Tochter der US-Bank. Und der Berliner „Tagespiegel“ veröffentlichte eine Liste von Geschäfts-partnern der Hypo Real Estate (HRE), die mit Milliarden von öffentlichen Geldern vor der Insolvenz bewahrt werden mussten. Unter den Geschäftspartnern befanden sich etwa das Versorgungswerk der Ärzte Schleswig-Holsteins, das Versorgungswerk der Landesärztekammer in Hessen und die Versorgungswerke der Ärztekammer Münchens.

Rückendeckung durch Regierung

Doch die Bundesregierung gab in ihrer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion Entwarnung: „Die Versorgungswerke sind durch die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht in Schwierigkeiten geraten.“ Sie betonte, dass daher auch keine Auswirkungen auf die Leistungshöhe zu beobachten seien. Demonstrativ stärkte sie den Versorgungswerken den Rücken. Sie seien „ein historisch gewachsenes, effizientes und effektives System der Alterssicherung für spezifische Berufsstände“. Man sehe keinerlei Grund, „an deren gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischer Sinnhaftigkeit zu zweifeln“.

Zwar habe die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise selbstverständlich auch Auswirkungen auf die berufsständische Versorgung. Dank funktionierender Aufsichtsstrukturen und bestehender Kapitalanlagerichtlinien seien die Auswirkungen, etwa hinsichtlich des direkten Abschreibungsbedarfs und niedrigerer Renditen, aber überschaubar und beherrschbar. „Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass ein berufsständisches Versorgungswerk infolge der Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten wäre.“

Bei ihren Aussagen berief sich die Regierung auf Daten, die größtenteils vom Dachverband der berufsständischen Versorgungswerke, der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV), zur Verfügung gestellt wurden.

Zahnärzte-Versorgung gut weggekommen

Die ABV selbst bezog sich in einer Stellungnahme auch explizit auf die Versorgungswerke der Zahnärzte: „Die Beiträge der Mitglieder richten sich nach dem persönlichen Einkommen und lassen Raum für ergänzende private Vorsorge“, hieß es. Die erzielten Renditen entsprächen durchweg denen der Privatversicherung. Die um vier Jahre über dem Durchschnitt liegende längere Lebenserwartung der Zahnärzte sei bei den Ver-sorgungswerken berücksichtigt. Insgesamt hätten sie die Finanzmarktkrise dank einer diversifizierten Anlagestrategie und des Verzichts auf Subprime-Investments gut überstanden.

Da die ABV nicht über prozessproduzierte Statistikdaten verfügt, konnten für die Auswertung der Versorgungswerke insgesamt nur Daten bis zum Jahr 2006 berücksichtigt werden. Doch gerade nach 2006, als das ganze Ausmaß der Finanzkrise nach und nach offenbar wurde, und Banken auf staatliche Unterstützung angewiesen waren, setzte die Skepsis so manch eines Versorgungswerk-Mitglieds erst ein. Daher unternahm die ABV auch 2009 eine Umfrage unter ihren größeren Mitgliedseinrichtungen. Diese ergab, dass die Aktienquote zum 31. Dezember 2009 deutlich unter zehn Prozent lag. Auch die Regierung beruhigte: „Die berufsständischen Versorgungswerke unterstehen der Versicherungsaufsicht der Länder“, bilanzierte sie. „Diese Versicherungsaufsichtsbehörden der Länder berücksichtigen die Regelungen der Versicherungsaufsichtsgesetze, insbesondere die Anlagevorschriften. Dies hat zu einem entsprechend vorsichtigen und konservativen Anlageverhalten der berufsständischen Versorgungswerke geführt.“ Stefan Strunk, stellvertretender Geschäftsführer der ABV ergänzt: „Versorgungswerke kommen nun mal als institutionelle Kapitalanleger nicht am Bankensystem vorbei. Im Vergleich zum Bankensektor sind wir noch ganz gut durch die Finanzkrise gekommen.“ Allerdings stellen das gegenwärtig niedrige Zinsniveau und die deutlich verlängerte Lebenserwartung der Mitglieder der Versorgungswerke diese vor erhebliche Herausforderungen, so die ABV.

Mehr Beitragszahler und mehr Rentenempfänger

Um den Erfolg der Versorgungswerke hinsichtlich ihrer stabilen Altersversorgung zu demonstrieren, präsentierte die Regierung umfangreiches Zahlenmaterial: Während in Westdeutschland im Jahr 1991 lediglich 347 000 Mitglieder in die Versorgungswerke einzahlten, erhöhte sich die Zahl auf 621 000 im Jahr 2006. In Ostdeutschland stieg die Zahl nach Regierungsangaben in demselben Zeitraum von 10 000 auf 65 000 Mitglieder. Im Jahr 1990 seien 1,11 Prozent aller Erwerbstätigen zahlende Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke gewesen, 2006 lag der Anteil bei 1,76 Prozent.

Auch die Versorgungswerke haben wie die gesetzliche und die private Rentenversicherung damit zu kämpfen, dass die eingezahlten Renten an immer mehr Empfänger ausbezahlt werden müssen. So stieg laut der Antwort der Bundesregierung der Anteil der Rentenbezieher bei den Versorgungswerken bundesweit von knapp 69 000 im Jahr 1990 auf knapp 154 000 im Jahr 2006. Das durchschnittliche Altersruhegeld betrug 1 428 Euro im Jahr 1990, im Jahr 2006 waren es 1 948 Euro. Die Summe der Renten-auszahlungen belief sich 2006 insgesamt auf 3,06 Milliarden Euro.

Keine Angaben konnten in der Stellung-nahme der Regierung darüber gemacht werden, wie lange die Mitglieder im Durchschnitt die Altersvorsorgeleistungen bezahlt haben, bevor sie in den Ruhestand gingen. Ebenfalls konnten keine Auskünfte erteilt werden bei der Frage, wie hoch das Volumen der gegenwärtig erworbenen Anwartschaften ist.

Auffanglösungen laut Regierung unnötig

Kritik übte die Regierungsseite lediglich an der rechtlichen Form der Versorgungswerke: Da sie der Rechtswie auch der Ver-sicherungsaufsicht des jeweiligen Landes, in dem sie tätig sind, unterstehen, stelle sich hier „grundsätzlich die Frage, ob diese Organisationsform sinnvoll ist“. Auffang- gesellschaften für in Not geratene Versorgungswerke, wie sie etwa „Protektorat“ für die Versicherungswirtschaft darstellt, erteilt die Regierung allerdings eine Absage: „Die Versicherungsaufsicht sowie die Tatsache, dass es sich bei berufsständischen Versorgungswerken nicht um wettbewerbliche, sondern um öffentlich-recht-liche Pflichtversorgungen handelt, machen eine Auffanglösung überflüssig.“

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