Indexfonds und ETFs

Risiken und Nebenwirkungen

Mit Indexfonds und besonders mit den an der Börse gehandelten ETFs holen sich Anleger zu günstigen Preisen die Welt der Aktien und Anleihen ins Depot. Doch Vorsicht: Inzwischen hält der Inhalt so mancher Fonds nicht mehr, was der Name vermuten lässt.

Sie gelten als die Alternative zu undurchschaubaren Zertifikaten und teuren aktiv gemanagten Aktienfonds. Die Rede ist von Indexfonds, die – wenn sie an der Börse gehandelt werden – Exchange Traded Fonds, kurz ETFs, genannt werden. Die Idee da- hinter war ganz einfach: Der Fonds bildet einen bekannten Index ab und entwickelt sich entsprechend dem Vorbild. Für einen Manager gibt es dabei nichts mehr zu tun. Diese Methode spart Kosten. Der Anteils- besitzer nimmt auf diese Weise automatisch am Auf und Ab der Börse teil. Experten wie Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg raten deshalb ihren Kunden auch zum Kauf dieser Papiere. So wie er denken viele Anleger. Während der Krise flohen sie aus den übrigen Fonds und entschieden sich für Indexfonds. Inzwischen gibt es rund 550 verschiedene ETFs in Deutschland, weltweit sind es etwa 2 000. Allein im vergangenen Jahr stieg das in Indexfonds angelegte Vermögen um rund 45 Prozent auf eine Billion Dollar. In Europa war es sogar ein Plus von 57 Prozent. Die Nachfrage boomt. Sie regt die Fantasie der Spezialisten an, immer neue Papiere zu kreieren. Doch existieren eben auch nicht so viele Indizes, die als Grundlage für einen ETF dienen könnten. „Es macht keinen Sinn, den siebten oder achten ETF auf den Dax zu emittieren“, gibt Sasa Perovic, ETF-Analyst bei der Berliner Ratingagentur Scope, zu bedenken, „deshalb entwickelt der Markt jetzt eine Eigendynamik, weil immer mehr Nischen abgedeckt werden müssen. Die Pulverisierung schreitet voran.“

Die Gefahr liegt darin, dass die Risiken, die sich mit ETFs verbinden, steigen und das Produkt undurchschaubar wird. Doch immer noch gehen viele Anleger davon aus, dass es bei ETFs keine Risiken gibt.

Passives Management

Die ersten ETFs gelten auch als vorbildlich transparent. Sie bilden bekannte und repräsentative Indizes wie den Dax, den Dow Jones oder den MSCI World exakt nach. Um das zu erreichen, investieren die Fonds in dem Index zugrunde liegende Wertpapiere im gleichen Verhältnis, wie der Index sie aufweist. Bei seiner Auflegung werden die Wertpapiere einmalig zusammengestellt und innerhalb der Laufzeit der Fonds nimmt die Fondsgesellschaft nur wenige Korrekturen vor. Deshalb spricht man von einem passiven Management. Die so eingesparten Kosten bilden eines der beiden Hauptargumente, die für ETFs sprechen. Das andere basiert auf inzwischen zahlreichen Unter- suchungen, die alle das gleiche Ergebnis zeigten: Aktiv gemanagte Fonds schneiden nur selten besser ab als der jeweilige Index. So hat die Ratingagentur Morningstar in einer Studie festgestellt, dass nur ein Drittel der aktiv verwalteten offenen Aktieninvestmentfonds besser abschneiden als die jeweiligen Indexfonds. Für den Anleger wird die Wahl eines aktiv gemanagten Fonds so zum Glücksspiel. Denn woher kann er wissen, ob sein Fonds zu den 33 Prozent Erfolgreichen gehört, wenn die Performance-Daten der Fonds nur eine Betrachtung in der Vergangenheit sein können. Der ETF macht die Bewegungen der Börsenentwicklung automatisch mit. Fehlentscheidungen des Managers sind ausgeschlossen. Allerdings unterscheiden sich die Strategien inzwischen auch bei den ETFs. Klassische Indexfonds bilden den Basisindex genau ab, indem sie die im Index enthaltenen Wertpapiere kaufen und das möglichst auch im gleichen Verhältnis. So beschreibt der Dax die Entwicklung der 30 größten deutschen börsennotierten Unternehmen. Allerdings kann es passieren, dass eine Aktie mehr als zehn Prozent des Aktienkorbes ausmacht. Ein Fonds darf aber nur maximal zehn Prozent des Vermögens in eine Aktie stecken. Wenn eine Aktie aber einen höheren Anteil hat, entsteht eine Differenz. Der Fonds wird dann um fremde Titel ergänzt, die eine ähnliche Wertentwicklung zeigen. Allerdings verur-sachen Kauf und Verkauf der Papiere zusätzliche Kosten. Um diese aber im Rahmen zu halten, verleihen die Fondsgesellschaften einen Teil dieser Aktien. Damit verschaffen sie sich zusätzliche Einnahmen. Bei einer anderen Variante bildet die Fondsgesellschaft einen Index künstlich nach. Sie stellen einen Aktienkorb zusammen. Der kann ganz anders aussehen als der zugrunde liegende Index.

Das Swap-Tauschgeschäft

Zusätzlich schließt die Fondsgesellschaft ein Tauschgeschäft – einen Swap – mit einer anderen Bank ab. Der Geschäftspartner kümmert sich dann darum, dass der Index immer genau nachgezeichnet wird. Er hält die in dem Index abgebildeten Aktien tatsächlich und gleicht die Unterschiede zwischen dem künstlichen Aktienkorb und dem echten jeden Tag aus. Das zusätzliche Risiko bei diesen ETFs liegt genau in den Vereinbarungen zwischen Fondsgesellschaft und Swap-Partner. Geht letzterer Pleite, wären die Swaps wertlos. Allerdings dürfen diese Kontrakte nicht mehr als zehn Prozent des Fondsvermögens ausmachen. Einer der Spezialisten auf diesem Gebiet ist die Deutsche Bank. Ihre Fondsgesellschaft db x-trackers schließt ihre Swap-Kontrakte mit dem Mutterhaus Deutsche Bank ab. Das hat sich in der Krise gut geschlagen. Es sind jedenfalls keine Ausfälle bekannt geworden. Außerdem sichert die db x-trackers ihre Swaps zusätzlich ab, für den Fall, dass das Mutterhaus Konkurs anmeldet. Das Fondsvermögen käme nicht zu Schaden. Verbraucherschützer Niels Nauhauser reichen diese Sicherheiten: „Ich habe grundsätzlich keine Bedenken, wenn ein Teil des Fondsvermögens in Swaps angelegt ist. Im Schnitt sind nicht mehr als höchstens zwei Prozent des Fondsvermögens so investiert.“

Er geht davon aus, dass es Anlegern, die sich für ETFs interessieren, vor allem um die Entwicklung des Index geht. So wie Sasa Perovic: „Der Kunde kauft einen Dax-ETF, weil er die Dax-Performance haben will, dann ist es zunächst zweitrangig, was in dem Fonds steckt.“

Christian Kreuser, Leiter des Private Banking bei der Quirin Bank in Berlin, ist da anderer Ansicht: „Ich würde mir überlegen, ob ich Swaps im meinem Depot haben will. Für einen kleinen Aufpreis bekomme ich viel mehr Sicherheit, wenn ich mich für einen originalgetreuen Indexfonds entscheide.“

Die Deka-Tochter ETFlab (Sparkassen) und iShares (gehört zum Hedgefonds BlackRock) bilden in ihren ETFs die Indizes konventionell genau ab. Aber sie verleihen einen Teil ihrer Aktienbestände, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Für die Sicherheit der entliehenen Aktien ist nach Angaben der Fondsgesellschaften gesorgt. Der Entleiher muss demnach Sicherheiten wie zum Beispiel Staatsanleihen hinterlegen. Aber auch das Leihgeschäft ist begrenzt. Über längere Zeit dürfen nicht mehr als zehn Prozent ausgeliehen sein.

Nur kaufen, was verstanden wurde

Daniel Bauer, Vorstandsmitglied bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger und ETF-Spezialist meint: „Wir sind für ETFs freundlich gestimmt, denn“, so Bauer, „im Unterschied zu Zertifikaten, welche oft mit Wetten vergleichbar sind, orientieren sich die ETFs noch etwas näher an der Realwirtschaft. Aber man muss aufpassen.“ Das gilt vor allem für private Anleger. Seit 1998 sind die ETFs am deutschen Markt zugelassen. Bis vor Kurzem galten nur institutionelle Investoren als Käufer. Inzwischen hat die Branche auch die Sparer entdeckt. Aber die zeigen sich durchweg schlecht informiert. Für sie ist es auch nicht einfach, an gute Informationen heranzukommen. Denn Banken und Sparkassen verkaufen nicht gern ETFs, weil sie dabei keine Ausgabe- aufschläge erheben können. Und wer über einen Internetanbieter kauft, bekommt keine Beratung. Deshalb wissen viele Anleger nicht, was sich in diesen Fonds verbirgt und ob der Inhalt hält, was die Bezeichnung verspricht. Auskunft darüber gibt der Emis-sionsprospekt. Doch wer liest den schon? Wer sich für ETFs interessiert, sollte deshalb einen Honorarberater oder die Quirin Bank, die ebenfalls unabhängig berät, aufsuchen.

Das kostet zwar 100 bis 200 Euro pro Stunde. Doch dafür bekommt der Anleger eine auf ihn abgestimmte Beratung und er muss nicht fürchten, dass die Empfehlungen dank der Provisionen vor allem dem Berater nützen. Kosten sparen kann er beim Kauf der Fonds. Ein Ausgabeaufschlag fällt nicht an. Die laufenden Kosten liegen bei einem ETF auf einen bekannten Index wie den Dax bei 0,5 Prozent. Hinzu kommen die Ausgaben für An- und Verkauf über die Bank. Außerdem sollten Anleger darauf achten, dass die Spanne zwischen An- und Verkaufskurs (Spread) nicht so groß ist.

Experten wie Analyst Sasa Perovic fordern mehr Transparenz von den Emittenten ein. Wie er rechnen auch andere Marktkenner damit, dass es in Zukunft immer mehr Nischenprodukte geben wird, die der Laie nicht mehr versteht. SdK-Vorstand Daniel Bauer gibt deshalb den guten Rat: „Kaufe nur, was Du auch verstehst.“

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.