Der besondere Fall

Intrusionsverletzung im Kindesalter

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Heftarchiv Zahnmedizin
Britta A. Jung, Petra Niemann, Heiner WehrbeinEin siebenjähriger Patient stellte sich kurz nach seinem Unfall in der Poliklinik für Kieferorthopädie vor. Vorliegender Fall zeigt die kieferorthopädische Teiltherapie.

Klinisch und radiologisch (Abbildung 1a bis b) zeigte sich eine deutliche Intrusion des linken oberen zentralen Schneidezahns, verursacht durch einen Sturz während des Spielens. Weitere Verletzungen konnten ausgeschlossen werden.

Durch die mehr oder weniger axiale Krafteinwirkung in die Alveole waren Komplikationen und Spätfolgen zu erwarten: Der traumatisierte Zahn kann in seiner weiteren Entwicklung unabhängig von der Schwere der Schädigung gestört werden. Es kommt zu massiven kompressionsbedingten Verletzungen im Bereich des parodontalen Faserapparats, der desmodontalen Zellen im Bereich der Wurzeloberfläche und im Bereich von Gefäßnervenstrang und Knochen [Fillipi et al., 2000].

Behandlungssystematik

Das kieferorthopädische Behandlungskonzept sah die orthodontische Extrusion (Reposition) und Wiedereinstellung des zentral luxierten Zahnes 21 vor. Dazu wurde ein Bracket auf den traumatisierten Zahn geklebt. Über eine zunächst punktförmige Anbindung eines Extrusionsbogens und geringer orthodontischer Kräfte wurde der Zahn schrittweise eingestellt (Abbildung 2a). Um während der Einstellung des intrudierten Zahnes unerwünschte Nebenwirkungen (sagittal, transversal und vertikal) im posterioren Bereich der Molaren zu vermeiden, wurde zusätzlich ein Transpalatinalbogen als Verankerungsverstärkung (Abbildung 2b) verwendet. Abbildung 3a bis b zeigt den klinischen und röntgenologischen Endbefund.

Diskussion

Intrusionsverletzungen gehören zu einer Luxationsform mit der prospektiv schlechtesten Prognose [Andreasen et al., 2007]. Typischerweise treten solche Verletzungen bei Kindern und Jugendlichen im Wechselund bleibenden Gebiss auf. Der Altersgipfel liegt zwischen sieben und elf Jahren. In 65-95 Prozent der Fälle zeigen Zähne mit Intrusionstraumata eine Pulpanekrose [Andreasen et al., 2007; Kugel et al., 2006], selbst bei noch offenem Apex [Andreasen et al., 2007] gefolgt von externen Wurzelresorptionen [Humphrey et al., 2003]. Vielfach sind daher endodontische Maßnahmen indiziert.

Endzündliche Resorptionen, also externe Wurzelresorptionen, ausgelöst durch Aktivierung resorbierender Zellen aus dem Granulationsgewebe, kommen häufig auch in Kombination mit Ersatzresorptionen vor [Andreasen et al., 2007, Filippi et al., 2000]. Diese Formen sind nicht reversibel, können sehr progredient verlaufen und schließlich zur Auflösung der gesamten Wurzel führen. Therapeutisch ist daher bei Intrusionsverletzungen eine möglicht zeitnahe (innerhalb von zwei Wochen) aktive orthodontische Reposition [Andreasen et al., 2007; Oulis et al., 1996] angezeigt, um resorptive Vorgänge möglichst frühzeitig stoppen zu können. Alternativ kann auch eine chirurgische Reposition mit Schienung erwogen werden. Diese Alternative zählt bei Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum zu einem anerkannten Therapieverfahren [Tegsjö et al., 1987].

Zähne, die nicht zeitnah reponiert werden, sind häufiger nicht zu erhalten [Andreasen et al., 2007]. Bei milden Intrusionen kann bei ausreichenden Platzverhältnissen und offenem Foramen apikale alternativ eine Spontaneruption [Kugel et al., 2006; Faria et al., 2004] abgewartet werden. Im Fall von starken Intrusionsverletzungen ist dies aber in der Regel nicht zu erwarten.

Die orthodontische Reposition zählt insbesondere bei Zähnen mit noch nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum zur Therapie der Wahl. Die Vorteile liegen in der einfachen und atraumatischen Handhabung sowie in der besseren Zugänglichkeit des Zahnes bei möglichen Spätfolgen, beispielsweise im Falle der endodontischen Versorgung bei Pulpanekrosen. Regelmäßige engmaschige Kontrollen durch den Hauszahnarzt sind auch nach erfolgreicher orthodontischer Reposition unabdingbar.

OÄ Dr. Britta A. JungUniv.-Prof. Dr. Dr. Heiner WehrbeinUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzPoliklinik für KieferorthopädieAugustusplatz 255131 Mainzbrjung@uni-mainz.de

Dr. Petra NiemannFachzahnärztin für KieferorthopädieKönigstr. 5132427 Minden

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