Leitartikel

Spiel mit offenen Karten

Heftarchiv Meinung

Sehr geehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat mit einer sehr offensiv und transparent nach außen vertretenen Entscheidung bewiesen, dass er den Entschluss, einen Kurswechsel in der GKV-Politik herbeizuführen, durchaus ernst nimmt: Christian Weber, bis Ende Januar Vize-Direktor des Verbands Privater Krankenversicherungen, ein ausgewiesener Fachmann und Kenner des Krankenversicherungswesens, wird Abteilungsleiter für Grundsatzfragen im Ministerium. Dass Rösler seinen FDP-Kollegen quasi zum Nachfolger des ehemals von Ulla Schmidt ins Ministerium geholten "AOK-Mannes" Franz Knieps gemacht hat, konnte nicht ohne den zwangsläufigen politischen Furor der Opposition abgehen.

Für diejenigen, die das Geschehen im Ministerium eher aus fachlicher Warte beobachten, war es aber nur ein konsequenter Schritt des FDP-Bundesgesundheitsministers, um der angestammten Hausmannschaft im eigenen Ressort den nötigen Dreh weg von Ulla Schmidts Prägung zu verpassen.

Wissen muss man, dass auch der im SPD-geführten Ministerium für Grundsatzfragen zuständige Franz Knieps keinesfalls rein AOK-orientierte Entscheidungen vorbereitet hat. Davon können die GKVen ihr eigenes Lied singen. Was die Personalentscheidung Röslers angeht, schlägt aber auch zu Buche, dass Christian Weber kein PKV-Urgestein ist, sondern ebenfalls über eine eigene GKV-Vergangenheit verfügt.

Und gerade die offensive Umgangsweise, diese Personalentscheidung mit allen Details nach außen zu tragen, zeugt davon, dass man mit dieser Neubesetzung professionell-politisch umzugehen weiß.

Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Der neue Mann wird von allen genau beobachtet und immer durch die kritisch-prüfende Brille gesehen, um etwaige systemische Einseitigkeiten aufzuzeigen und zu verhindern. Philipp Rösler wie auch Christian Weber wissen das und werden ihr Vorgehen entsprechend ausrichten. Hier wird man mehr denn je mit offenen Karten spielen müssen.

Insofern ist die medienpolitische Reaktion auf diese Personalentscheidung Philipp Röslers etwas, das medial heißer gekocht wurde, als es schließlich nach nüchterner Betrachtung politisch verspeist werden kann. Alles in allem ist das ein Zeichen dafür, dass dieser Minister sein politisches Geschäft wohl besser versteht, als es sich manch einer in der Opposition vielleicht wünschen würde.

Für uns Zahnärzte ist ausschlaggebend, dass wir mit diesem "PKV"-Mann jemanden vor uns haben, der das Geschäft aus dem "Effeff" beherrscht. Hier brauchen wir in unserer Argumentation nicht bei Adam und Eva anzufangen. Wir werden aber auch genau darauf achten müssen, dass die von den privaten Krankenversicherern offensiv geäußerten Absichten sauber gekontert werden. Unser Kampf gegen die Einführung einer Öffnungsklausel im PKV-Bereich wird mit dieser Neubesetzung im Gesundheitsministerium nicht leichter.

Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer

Was die Ausrichtung der GOZ-Novelle angeht, muss man festhalten, dass eben kein Zahnarzt, sondern ein Mann aus dem Umfeld der PKV mit der Ausrichtung des neuen ministeriellen Kurses beauftragt wurde. Selbst wenn das alles unter dem kritischen Blick der fachlichen Öffentlichkeit erfolgen sollte, wird es künftig darauf ankommen: Wird der Arzt Philipp Rösler der Qualität zahnmedizinischer Versorgung den Vorrang vor pauschal-liberalem Wettbewerbsdenken alter FDP-Fasson geben?

Wir jedenfalls werden alles daran setzen, dass unsere wissenschaftlich abgesicherte, logisch durchkomponierte und auf das alltägliche Praxisgeschehen abgestimmte Honorarordnung für Zahnärzte Gradmesser für eine nach allen Erkenntnissen optimal ausgerichtete zahnärztliche Versorgung bleibt. Sie ist und bleibt Ausgangsposition unserer künftigen Gespräche. Und wir können und werden eine Öffnungsklausel, die qua Definition den Start in einen Wildwuchs selektiver PKV-Verträge darstellt, nicht ohne massive Gegenwehr akzeptieren.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

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