Keine GOZ-Novelle mit Öffnungsklausel
Die Bundesregierung habe es sich – untermauert durch den Koalitionsvertrag – zur Aufgabe gemacht, „die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) an den aktuellen Stand der Wissenschaft anzupassen und dabei Kostenentwicklungen zu berücksichtigen“. Dieses Vorhaben würde durch Verankerung der sogenannten „Öffnungsklausel“ konterkariert, heißt es im Beschluss des BZÄK-Vorstandes.
Deshalb fordert die BZÄK die Bundesregierung zu einem klaren Bekenntnis gegen die „Öffnungsklausel“ in der GOZ auf. Bis zur Entscheidung über diese Frage müsse der Novellierungsprozess ausgesetzt werden. Die Bundeszahnärztekammer betont, dass eine Gebührenordnung mit einer „Öffnungsklausel“ mit ganz erheblichen Gefahren für Patienten und Zahnärzte verbunden ist. Wenn diese Klausel nicht verhindert werden könne, sei „eine so geänderte GOZ für den Berufstand nicht akzeptabel“. Dann wäre die alte GOZ – obwohl fachlich und betriebswirtschaftlich seit Jahren überholt – beizubehalten, heißt es seitens der BZÄK.
Aushöhlung der Patientenrechte
Ergänzend zu diesem richtungsweisenden Beschluss wurde ein 5-Punkte-Papier verabschiedet, das gemeinsam mit der Bundesärztekammer an die politischen Entscheidungsträger versendet wurde.
Mit der „Öffnungsklausel“ soll es zukünftig Zahnärzten nach Ansicht der PKV möglich sein, über eine Separatvereinbarung direkte Verträge mit Privatversicherern abzuschließen. Damit könnten zahnärztliche Leistungen pauschaliert und außerhalb der zahnärztlichen Gebührenordnung abgerechnet werden. Befürworter der Öffnungsklausel – allen voran die Private Krankenversicherung – führen als vermeintliche Vorteile die Argumente „mehr Wettbewerb“ und „Kosten- ersparnis“ an.
Die Bundeszahnärztekammer als Berufsvertretung der deutschen Zahnärzteschaft spricht sich deutlich gegen die „Öffnungsklausel“ aus, da sie fairen Wettbewerb de facto verhindere, Patientenrechte wie die freie Arztwahl aushöhle und die Behandlungsqualität ernsthaft gefährde.
„Der deutsche Gesetzgeber hat bisher ganz bewusst das Gesundheitswesen nicht dem freien Markt überlassen und mit öffentlichen Gebührenordnungen – wie der GOZ – eine funktionierende und passgenaue Regelung geschaffen. Die Öffnungsklausel würde diese Funktion der GOZ konterkarieren“, so BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Als Vertretung der deutschen Zahnärzteschaft strebt die Bundeszahnärztekammer, so Engel, eine gemeinsame Lösung mit der Politik an, „in der Behandlungsqualität, freier Wettbewerb und Patientenrechte mit einer kostenbewussten und effizienten zahnmedizinischen Versorgung in Übereinstimmung gebracht werden können“.
Mit dem gemeinsamen Positionspapier „5 gute Gründe gegen eine Öffnungsklausel“ zeigen BZÄK und BÄK im Detail die Nach- teile einer solchen Regelung auf und machen erneut auf eine novellierte Gebührenordnung als Alternative aufmerksam:
Die Gründe gegen eine Öffnungsklausel
1. Weniger Patientenrechte – mehr Abhängigkeit
Die Öffnungsklausel ist nicht nur europa- und berufsrechtlich bedenklich. Sie schränkt vor allem das verfassungsrechtlich gesicherte Anrecht der Patienten auf freie Arztwahl ein. Der Grund: Die Patienten werden auf Vertragsärzte ihrer Krankenversicherung festgelegt und können den Arzt ihres Vertrauens nicht mehr frei wählen. Daran ändert auch die „Freiwilligkeit“ des Beitritts in derartige Verträge nichts. Die Amtlichen Gebührenordnungen GOZ und GOÄ verfolgen das Ziel, zum Schutz des Patienten die Informationsasymmetrie zwischen (Zahn)arzt und Patient auszugleichen.. Diese gesetzgeberische Wertung würde durch die Öffnungsklausel konterkariert.
2. Mehr ruinöser Wettbewerb – weniger Behandlungsqualität
Die Befürworter der Öffnungsklausel führen immer wieder das Argument „mehr Wettbewerb“ und „Kostenersparnis“ als vermeintliche Vorteile an. Die Realität sähe aber anders aus: Ruinöser Preiswettbewerb zwischen (Zahn)ärztinnen und (Zahn)ärzten und immenser Kostendruck würden die Qualität der Behandlung und der eingesetzten Werkstoffe ernsthaft gefährden. Nachdem die PKV-Unternehmen bereits mehr Geld für Verwaltung und Provisionen ausgeben als etwa für den gesamten Bereich der Zahnmedizin, ist zu erwarten, dass die eingesparten Kosten lediglich versicherungs- intern in die Verwaltung und Steuerung der Abläufe einfließen würden, ohne die Behandlungsqualität zu verbessern oder beim Patienten anzukommen.
3. Weniger (zahn)ärztliche Selbstverwaltung – mehr Preiskartelle
Die Öffnungsklausel zerschlägt die zuverlässigen Strukturen der (zahn)ärztlichen Selbstverwaltung, da (zahn)ärztliche Leistungen durch vertragliche Vereinbarungen mit der PKV pauschaliert – und damit außerhalb der Gebührenordnungen für Zahnärzte und Ärzte - vergütet würden. Bundesweite Vertragsnetze großer Versicherungs- unternehmen kämen Preiskartellen gleich. Diese Marktmacht könnte ausgenutzt werden, um einseitig die Preise zu bestimmen. Die Zahnärzte und niedergelassenen Ärzte kämen wegen des von den Versicherungsunternehmen gelenkten Patientenstroms mehr und mehr in Abhängigkeit. Da bei Vertragsbeendigung ein Neuaufbau des Patientenstamms notwendig würde, bliebe den niedergelassenen (Zahn)ärztinnen und (Zahn)ärzten nichts anderes übrig, als sich dem Preisdiktat der Privaten Kassen zu unterwerfen. Eine solche Machtasymmetrie würde die (zahn)ärztliche Versorgung zu Lasten der Patientinnen und Patienten in Deutschland gefährden. Sie hätte mit eigentlichem Wettbewerb und Marktwirtschaft im Gesundheitswesen gar nichts mehr gemein.
4. Mehr Konzentration – weniger (zahn)ärztliche Versorgung in der Fläche
Der durch die Öffnungsklausel entstehende Kostendruck und ruinöse Wettbewerb würde Konzentrationsprozesse zu Lasten einer flächendeckenden (zahn)medizinischen Versorgung in Deutschland auslösen. Kleine Praxen außerhalb der Ballungsräume hätten es immer schwerer, wirtschaftlich zu über-leben. Dies birgt die Gefahr, dass mittelfristig ganze Landstriche ohne (zahn)ärztliche Versorgung wären. Der Weg zum Zahnarzt würde damit immer länger, wie dies bei anderen Fachärzten bereits häufig zu beklagen ist. Darunter würden vor allem ältere und pflegebedürftige und auch Menschen mit Behinderungen leiden.
5. Novellierung der GOZ statt blindem Aktionismus
Gesundheit ist ein übergeordnetes Gut. Der deutsche Gesetzgeber hat daher bewusst das Gesundheitswesen nicht dem freien Markt überlassen. Amtliche Gebührenordnungen sichern die ordnungsgemäße Erfüllung der dem Freien Arztberuf/Zahnarztberuf im Allgemeininteresse übertragenen Aufgaben und tragen zur Erhaltung der Volksgesundheit bei. Über existenzsichernde Mindesthonorare wird ein ruinöser Preiswettbewerb im Berufsstand verhindert und die Qualität im deutschen Gesundheits- wesen gesichert. Zugleich schützen stets aktualisierte Gebührenordnungen für die Freien Berufe die Patientinnen und Patienten durch Festlegung von Höchstsätzen vor finanzieller Überforderung und erfüllen damit eine Verbraucherschutzfunktion. Gerade in einem sich stärker am Markt orientierenden Gesundheitswesen ist diese Doppelschutzfunktion von GOZ und GOÄ für Patientinnen und Patienten sowie für Zahnärzte/Ärzte unverzichtbar. Öffnungsklauseln, die es PKV-Unternehmen erlauben würden, die Gebührenordnung zu umgehen, wären ein riskanter Schnellschuss und würden diese Schutzfunktionen unterlaufen. zm/BZÄK