Mehrjähriges Modellvorhaben der BKK Mobil Oil

Studie zur Effizienz der Kariesinfiltration

Heftarchiv Zahnmedizin
In einem mehrjährigen Modellvorhaben soll die Kosteneffizienz der Karies-infiltration ermittelt und mit den Kosten für andere Versorgungsformen verglichen werden. Am Ende soll die Frage beantwortet werden, ob die neue Form der Behandlung von initialkariösen Defekten langfristig hilft, Kosten einzusparen.

Karies ist ein langdauernder Prozess an der Zahnoberfläche, der bereits weit vor dem Stadium der Kavitation beginnt [5, 6]. Karies in ihren frühzeitigen Stadien stellt jedoch in mehrfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung für den Behandler dar. So erfordert die Diagnostik der noch nicht kavitierenden Initialkaries klinisch wie bei der Beurteilung von Röntgenbildern besondere Aufmerksamkeit, und ist eine frühe kariöse Läsion entdeckt, ergibt sich die noch spannendere Frage der optimalen Betreuungsstrategie.

Gerade wegen dieser Herausforderungen sieht die moderne Kariologie in der Erkennung und adäquaten Versorgung initial- kariöser Defekte eine Schlüsselaufgabe. Jedoch gibt es hierfür keine allgemein und für jeden Patienten gültige Empfehlung. Vielmehr ist die optimale Behandlungsweise individuell anhand einer Reihe verschiedener Parameter, so dem aktuellen individuellen Kariesrisiko, festzulegen.

Die aktuelle epidemiologische Datenlage zur Kariesprävalenz zeigt für Kinder und Jugendliche in Deutschland einerseits einen sehr starken Kariesrückgang, andererseits aber auch, dass mindestens ebenso viele Zähne Initialkaries aufweisen, wie bereits von Dentinkaries betroffen sind [13]. Bei jungen Erwachsenen befindet sich etwa die Hälfte der bei ihnen festzustellenden unversorgten kariösen Defekte an Approximalflächen. Daher sind insbesondere Vorgehensweisen zur Erkennung und frühzeitigen Behandlung initialer Approximalkaries gefordert.

Grundsätzlich bestehen hierzu bislang im Wesentlichen zwei Behandlungsoptionen: Zum einen kann die Strategie eingeschlagen werden, die demineralisierten Areale durch Fluoridapplikationen wieder zu re- mineralisieren. Dies kann gelingen, sofern die betreffenden Zahnareale frei von Plaque gehalten werden. Diese Strategie ist jedoch stark verhaltensabhängig, und das Ausmaß des Fluoridierungseffektes ist nicht vorhersehbar. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche mit hohem Kariesrisiko [10]. Die gängige Alternative ist daher oft das invasive Vorgehen [7, 8]. Beim Legen der ersten Füllung wird jedoch approximal viel gesunder Schmelz entfernt [4].

Kariesinfiltration

Einen möglichen Ausweg, die bei initialer Approximalkaries bestehende therapeutische Lücke zwischen verhaltensabhängiger Fluoridanwendung und invasiver Füllung zu schließen, stellt das neu entwickelte Verfahren der Infiltration der Karies mit niedrig viskösen Kunststoffen dar [11]. Als Indikation der Kariesinfiltration werden initiale, nicht-kavitierende Läsionen mit einer Ausdehnung bis in das erste Dentindrittel angegeben [11]. Erste klinische Studien zur Kariesinfiltration bestätigen inzwischen, dass das Verfahren die Kariesentwicklung deutlich hemmt. Erfolgreich infiltrierte initialkariöse Läsionen vergrößern sich nicht [15]. In drei klinischen Studien bei unterschiedlich kariesaktiven Kollektiven konnten nach 12 bis 18 Monaten deutliche Reduk- tionen der röntgenologisch sichtbaren Kariesprogression von 60 bis 70 Prozent gegenüber unbehandelten Kontrollen sowie von rund 35 Prozent gegenüber Fluoridlackapplikationen nachgewiesen werden [3, 9, 14].

Gesundheitsökonomie

Das Verfahren der Kariesinfiltration ist soweit gesichert, dass es klinisch angewendet werden kann. Ob dieses Verfahren jedoch auch dazu beiträgt, langfristig Kosten für Füllungstherapien zu sparen, ist eine unbeantwortete Frage. Auch zu etablierten Kariespräventionsmaßnahmen liegen bislang erst wenige Untersuchungen über die Kosten-Nutzen-Effizienz vor [12]. Langfristig kommt jedoch kein Gesundheitssystem darum herum, Fragen nach der Kosteneffizienz der eingesetzten Mittel zu beantworten. Zur Beurteilung der ökonomischen Effizienz der Infiltrationsbehandlung bedarf es daher Studien, welche die Nachhaltigkeit der Maßnahme über längere Zeiträume und im Vergleich zu anderen üblichen Verfahren der Kariestherapie über- prüfen.

Modellvorhaben

Mit einem Modellvorhaben der BKK Mobil Oil soll genau dies überprüft werden. Es gilt, die Effizienz der Infiltration initialkariöser approximaler Zahndefekte zu ermitteln und mit anderen Verfahren der Kariestherapie zu vergleichen. Für die Studie wird eine größere Patientenkohorte über einen Zeitraum von mehreren Jahren wissenschaftlich begleitet. Die Hälfte der Probanden ist an mindestens einem Zahn mittels Kariesinfiltration versorgt. Die andere Hälfte der Patienten wird, nach jeweiliger Indikationsstellung durch den behandelnden Zahnarzt, mit Füllungen versorgt. Zur Beurteilung der Kosten-Nutzen-Effizienz werden alle für die versorgten Flächen anfallenden Kosten wie die Erstversorgung und eventuell erforderliche Neu- oder Weiterversorgungen registriert. Zielparameter der Untersuchung ist nicht primär die Effektivität der Infiltration, sondern die Kosteneffizienz. Die Studie soll noch in diesem Jahr durch Ausschreibung der BKK Mobil Oil an Vertragszahnärzte beginnen. Die infiltrierten Areale und Füllungen werden über einen Zeitraum von fünf Jahren, dem für derartige Studien üblichen Zeitrahmen [1, 2], beobachtet. Die Effizienz soll auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Kariesrisiko, vom präventiven Verhalten oder in Zusammenhang mit soziodemographischen Merkmalen ermittelt werden.

Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Leiter der StudieZentrum ZMK, Poliklinik für Zahnerhaltungund Präventive ZahnheilkundeMartinistrasse 52, 20246 Hamburgschiffner@uke.de

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.