Vor Diskriminierung hüten
Aids
Arbeitgeber müssen unterscheiden zwischen einer HIV-Infizierung und einer Aids-Erkrankung, denn die Frage im Einstellungsgespräch nach einer Aids-Erkrankung ist grundsätzlich als zulässig anzusehen und muss deshalb auch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Das folgt aus der Schwere der Krankheit und den voraussehbaren Arbeitsausfällen bis zum völligen Ausschluss der Arbeitsfähigkeit.
Nach einer HIV-Infizierung dürfen Arbeitgeber allerdings nur dann fragen, wenn der Bewerber hierdurch die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit verliert. Eine solche Auswirkung auf eine vorgesehene Tätigkeit wird unterstellt
• in den Heilberufen,
• beim Umgang mit Lebensmitteln,
• im Friseurberuf,
• bei Floristen oder beispielsweise
• bei Optikern bei der Anpassung von Kontaktlinsen.
Das bedeutet, dass Arbeitgeber bei „normalem“ Tätigkeitseinsatz nach einer HIV-Infektion grundsätzlich nicht fragen dürfen.
Alter
Bisher war diese Frage zulässig. Jetzt aber ist sie nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ein Indiz für eine Diskriminierung. Konsequenz: Nicht fragen.
Behinderung
Die Frage nach einer Behinderung ist grundsätzlich unzulässig. Das gilt selbst dann, wenn Arbeitgeber gerade einen Behinderten einstellen wollen. Ausnahme: Wenn zwingende berufliche Gründe im Sinne des § 8 AGG vorliegen, die der Beschäftigung eines Behinderten entgegenstehen.
Beruflicher Werdegang
Arbeitgeber dürfen alle Angaben zur fachlichen Qualifikation des Bewerbers verlangen. Diese Fragen sind zulässig. Hierzu gehört auch der vollständige berufliche Werdegang. Auch haben Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, wie häufig und in welchen Abständen der Bewerber seine Stellen gewechselt hat.
Ein Fragerecht besteht nach
• beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen,
• dem beruflichen Werdegang,
• Prüfungs- und Zeugnisnoten,
um die Eignung des Bewerbers für die angebotene Tätigkeit festzustellen. Hier liegt auch keinerlei Indiz für eine Diskriminierung vor.
Beruf des Ehepartners
Diese Frage ist nur dann zulässig, wenn der Bewerber in seiner zukünftigen Position Zugang zu wichtigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat. Dann liegt kein Indiz für eine Diskriminierung vor. Tipp: Diese Frage nur in berechtigten Einzelfällen stellen.
Betriebsratstätigkeit
Diese Frage ist weiter unzulässig. Hier kann manchmal ein Anruf vor der endgültigen Anstellung beim Vorarbeitgeber helfen.
Eheschließung
Die Frage nach einer geplanten Eheschließung ist unzulässig, da sie ein starkes Indiz für eine mögliche Diskriminierung in Bezug auf die sexuelle Identität ist. Deshalb sollten Arbeitgeber diese Frage nie stellen.
Ermittlungsverfahren
Die Frage nach laufenden Ermittlungsverfahren ist in der Regel nicht zulässig (ArbG Münster, Urteil vom 20.11.1992, Aktenzeichen: 3 Ca 1459/92). Diese Frage ist dann zulässig, wenn bereits ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Mitarbeiters begründen kann (BAG, Urteil vom 20.05.1999, Aktenzeichen: 2 AZR 320/98).
Das ist der Fall, wenn es beispielsweise um die Einstellung als Kassierer geht und gegen den Bewerber ein Verfahren wegen Verdachts von Unterschlagungen anhängig ist.
Familienplanung
Diese Frage ist unzulässig. Das gilt für Fragen an Bewerber beiderlei Geschlechts, da deren sexuelle Orientierung Gegenstand der Frage sein könnte.
Familienstand
Gegen die Frage nach dem Familienstand sind keine Einwände zu erheben. Hiervon kann die Versetzungsmöglichkeit oder die Auswahl des Beschäftigungsorts abhängen.
Geburtsdatum
Die Frage nach dem Geburtsdatum ist zulässig. Zwar könnte ein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters vorliegen, jedoch ist diese Angabe zur eindeutigen Identitätsfeststellung unabdingbar.
Gehalt
Nach dem Gehalt beim früheren Arbeitgeber dürfen Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen fragen. Nach der Rechtsprechung zählen die Einkommensverhältnisse eines Bewerbers grundsätzlich zur geschützten Privatsphäre. Die Frage ist in jedem Fall dann unzulässig, wenn einem Arbeitgeber das bisherige Einkommen keinen Aufschluss über die erforderliche Qualifikation des Bewerbers gibt (BAG, Urteil vom 19.05.1983, Aktenzeichen: 2 AZR 171/81). Wenn der Bewerber jedoch von sich aus seinen bisherigen Verdienst zur Verhandlungsgrundlage macht oder wenn die bisherigen Bezüge Schlüsse auf seine Eignung erlauben, ist die Frage zulässig.
Gesundheitszustand
Bei der Frage nach dem Gesundheitszustand des Bewerbers greifen Arbeitgeber nicht unerheblich in die rechtlich geschützte Privatsphäre des Mitarbeiters ein. Dieses Fragerecht ist für Arbeitgeber deshalb nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben.
Es ist zu unterscheiden: Das Interesse als Arbeitgeber muss objektiv so stark sein, dass dahinter das Interesse des Mitarbeiters am Schutz seines Persönlichkeitsrechtes zurücktreten muss. Folgende Fragen sind zulässig (BAG, Urteil vom 01.08.1985, Aktenzeichen: 2 AZR 101/83; BAG, Urteil vom 07.06.1984, Aktenzeichen: 2 AZR 270/83):
• Liegt eine Krankheit oder eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist?
• Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Arbeitskollegen oder Kunden gefährden?
• Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts oder in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, etwa durch eine geplante Operation, eine bewilligte Kur oder durch eine zurzeit bestehende Krankheit?
• Besteht eine Anerkennung als Schwerbehinderter oder eine Gleichstellung?
Wichtiger Hinweis: Sofern die Berechtigung der bisher zulässigen Frage nach dem Vorliegen einer Behinderten- beziehungsweise einer Schwerbehinderteneigenschaft (BAG, Urteil vom 03.12.1998, Aktenzeichen: 2 AZR 754/97) auf Grund einer neuen gesetzlichen Regelung in § 81 Absatz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX und in § 7 Absatz 1 AGG angezweifelt wird, dürfen Arbeitgeber dennoch nach dem Vorliegen bestimmter körperlicher Funktionen, geistiger Fähigkeiten oder seelischer Gesundheitsaspekte fragen. Maßgeblich ist, dass dies eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die auszuübende Tätigkeit ist.
Gewerkschaftszugehörigkeit
Nach der Gewerkschaftszugehörigkeit dürfen Arbeitgeber im Einstellungsgespräch nicht fragen. Eine Ausnahme gilt für so genannte Tendenzbetriebe oder kirchliche Einrichtungen nach § 118 BetrVG. Nach erfolgter Einstellung ist diese Frage jedoch zulässig.
Homosexualität
Die Frage nach der Homosexualität der Bewerberin oder des Bewerbers ist unzulässig, da andernfalls gegen das Diskriminierungsverbot „sexuelle Identität“ des AGG verstoßen würde. Diese Frage müssen sich Arbeitgeber also in jedem Fall verkneifen.
Konfession
Diese Frage ist unzulässig. Denn das Recht zur freien Religionsausübung ist grund. gesetzlich gewährleistet, Artikel 4 Grundgesetz (GG). Ausnahme: Tendenzbetriebe oder kirchliche Einrichtungen.
Konkurrenzbetrieb
Zulässig ist die Frage, ob ein Bewerber bereits bei einem Konkurrenzbetrieb beschäftigt gewesen ist. Hier dürfen Arbeitgeber den Namen der Firma und die dort ausgeübte Tätigkeit erfragen.
Kur
Die Frage nach einer geplanten Kur ist zulässig, kann aber ein Indiz für eine Diskriminierung darstellen.
Lohnpfändungen
Diese Frage ist grundsätzlich unzulässig. Auch hier wird in die geschützte Privatsphäre des Bewerbers eingriffen. Das gilt selbst dann, wenn Arbeitgeber durch spätere Lohnpfändungen erheblichen Arbeitsaufwand haben werden, der bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses abzusehen ist (ArbG Berlin, Urteil vom 16.07.1986, Aktenzeichen: 8 C 141/86).
Arbeitgeber dürfen die Kosten oder einen Teil der Kosten durch Lohnpfändungen nicht mehr auf den Mitarbeiter abwälzen (BAG, Urteil vom 18.07.2006, Aktenzeichen: 1 AZR 578/05).
Nebentätigkeit
Zulässig ist lediglich die Frage nach einer bestehenden Nebenbeschäftigung des Bewerbers.
Parteizugehörigkeit
Diese Frage ist nicht erlaubt. Denn auch hier besteht die Gefahr, dass dem Arbeitgeber eine unzulässige Diskriminierung vorgeworfen wird. Das Recht, politischen Parteien beizutreten, ist im Grundgesetz gewährleistet, Artikel 9 GG. Ausnahmen gelten wiederum nur für Tendenzbetriebe oder kirchliche Einrichtungen.
Schwangerschaft
Die Frage nach der Schwangerschaft einer Bewerberin ist generell unzulässig (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Beschluss vom 04.10.2001, Aktenzeichen: Rs.C-109/00; BAG, Urteil vom 06.02.2003, Aktenzeichen: 2 AZR 621/01; EuGH, Beschluss vom 05.05.1994, Aktenzeichen: Rs C-421/92; EuGH, Beschluss vom 03.02.2000, Aktenzeichen: Rs. C-207/98).
Die Frage ist selbst dann unzulässig, wenn die angestrebte Tätigkeit gar nicht aufgenommen werden kann. Das gilt für befristete wie unbefristete Arbeitsverhältnisse.
Erlaubt ist die Frage nur, wenn bei einem kurzfristigen, befristeten Arbeitsverhältnis das Arbeitsverhältnis gar nicht realisiert werden kann. Beim Einstellungsgespräch darf die Mitarbeiterin also die Frage nach einer Schwangerschaft falsch beantworten (BAG, Urteil vom 06.02.2003, Aktenzeichen: 2 AZR 621/01).
Schwerbehinderung
Arbeitgeber dürfen den Bewerber im Einstellungsgespräch nur fragen, ob er an Behinderungen leidet, durch die er für die vorgesehene Arbeitsleistung ungeeignet ist. Davon zu unterscheiden ist die Frage nach dem Status als Schwerbehinderter oder Gleichgestellter.
Obwohl schwerbehinderte Mitarbeiter durch das Verbot einer Benachteiligung geschützt sind, ist die Frage nach einer Schwerbehinderung – unabhängig von der Tätigkeit – zulässig.
Sofern die Berechtigung der bisher zulässigen Frage auf Grund der neuen gesetzlichen Regelungen in § 81 Absatz 2 Nr. 1 SGB IX und § 7 Absatz 1 AGG angezweifelt wird, dürfen Arbeitgeber dennoch nach dem Vorliegen bestimmter körperlicher Funktionen, geistiger Fähigkeiten oder seelischer Gesundheitsaspekte fragen. Maßgeblich ist allerdings, dass dies eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die auszuübende Tätigkeit ist.
Scientology
Die Frage nach der Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation ist zulässig, wenn es sich nicht um eine untergeordnete Position handelt (BAG, Beschluss vom 22.03.1995, Aktenzeichen: 5 AZB 21/94), weil es sich um keine Religionsgemeinschaft handelt.
Vermögensverhältnisse
Die Frage nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers ist zulässig, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der zu besetzenden Position vorhanden ist.
Vorstrafen
Man darf nur dann fragen, wenn die Antwort für die zu besetzende Stelle von Bedeutung ist (BAG, Urteil vom 20.05.1999, Aktenzeichen: 2 AZR 320/98).
Wehrdienst
Die Frage nach der Ableistung von Wehrdienst/Wehrübungen ist nicht zulässig.
Wettbewerbsverbote
Die Frage im Einstellungsgespräch nach nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, die die Arbeit für einen Arbeitgeber einschränken würde, ist zulässig.
Dietmar Kern, WirtschaftsjournalistGebhard-Müller-Allee 5, 71638 Ludwigsburg