Gemeinschaftstagung DGK und IAPD

München ganz im Zeichen der Kinderzahnheilkunde

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Heftarchiv Zahnmedizin
Die 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) fand in diesem Jahr erstmals als Gemeinschaftstagung in Kooperation mit dem 22. Kongress der International Association for Paediatric Dentistry (IAPD) vom 17. bis zum 20. Juni 2009 im Gasteig in München statt.

Der Kongress, der unter der Leitung von Prof. Dr. Reinhard Hickel, München, stand, wurde erstmals in Deutschland durchgeführt. Unter dem Motto „Pinnacles in Paediatric Dentistry“ trafen sich mehr als 1 200 Teilnehmer aus 72 Ländern in der bayerischen Landeshauptstadt. Deutschland stellte mit einem Drittel die größte Teilnehmerzahl, gefolgt von England, der Türkei und der Schweiz. In der Geschichte beider Gesellschaften war dies bislang zahlenmäßig die größte Tagung. Den Organisatoren war es ein besonderes Anliegen, die Kinder- und Jugendzahnmedizin in Deutschland in einem internationalen Rahmen würdig zu repräsentieren. Aus diesem Grunde hob sich diese Gemeinschaftstagung sowohl in ihrer internationalen Zusammensetzung, dem Umfang als auch in der Vielfalt ihrer Veranstaltungen deutlich von den bisherigen Jahrestagungen der DGK ab.

Das wissenschaftliche Programm war thematisch weit gestreut und deckte den kompletten Bereich der Kinder- und Jugendzahnheilkunde in Theorie und Praxis ab, zielte aber auch auf fächerverbindende Forschungsansätze und Tätigkeitsfelder. Dazu konnten mehr als 50 renommierte nationale und internationale Referenten für die Hauptvorträge gewonnen werden. Das wissenschaftliche Hauptprogramm wurde durch mannigfaltige wissenschaftliche Referate, Postervorstellungen und Fallpräsentationen ergänzt. Somit konnten die Tagungsteilnehmer aus mehr als 500 Beiträgen in fünf Parallelveranstaltungen auswählen und sich damit ihr individuelles Tagungsprogramm zusammenstellen. Durch die Vielfalt der Vorträge wurde sowohl den Ansprüchen des Wissenschaftlers als auch den Interessen des praktisch orientierten Zahnarztes Rechnung getragen.

Die Kongresssprache war diesmal – im Gegensatz zu den üblichen Jahrestagungen der DGK – Englisch. Allerdings wurde den Teilnehmern eine Simultanübersetzung Englisch-Deutsch für alle Hauptvorträge angeboten.

Endodontie

Der Endodontie-Vortragsblock „Pulp therapy in primary and immature permanent teeth“ fand besonders großen Zuspruch. Gestaltet und wissenschaftlich begleitet wurde die Session von PD Dr. Karin Huth aus München, Prof. Dr. em. Ana Fuks aus Israel und Dr. Christoph Kaaden aus München. Das Thema stieß bei den Tagungsteilnehmern auf eine solch große Resonanz, dass die Referenten zustimmten, ihre Referate zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu wiederholen.

PD Dr. Huth aus München eröffnete den Vortragsblock und referierte in ihrem Vortrag „Pulpotomy in primary teeth“ über vitalerhaltende Maßnahmen im Milchgebiss. Sie stellte die Indikationen und Kontraindikationen der indirekten und direkten Überkappung vor und diskutierte die verschiedenen Techniken der Blutstillung und des Wundverbands bei der Pulpotomie. Die indirekte Überkappung sei bei Milchzähnen mit Karies profunda und ohne Pulpabeteiligung indiziert, die direkte Überkappung bei punktförmiger eröffneter Pulpa im kariesfreien Dentin. Darüber hinaus zeigte sie, dass Pulpotomien mit MTA die besten Ergebnisse aufwiesen, jedoch sehr kostenintensiv seien. Eisensulfat und Formokresol seien ähnlich Erfolg versprechend, wobei Eisensulfat die günstigere Variante darstelle. Kalziumhydroxid zeige ein wenig schwächere Ergebnisse. Die Laseranwendung sei für die Indikation bei der Pulpotomie zu komplex.

Im Anschluss berichtete Prof. Dr. Fuks aus Israel über die Pulpektomie und Wurzelkanalbehandlung im Milchgebiss („Pulpectomy and root canal treatment in primary teeth“). In einem gut verständlichen Übersichtsvortrag referierte sie über die Indikationen von Pulpektomien, die Möglichkeiten der Wurzelkanalaufbereitung im Milchgebiss und die Möglichkeiten der Wurzelfüllung mit unterschiedlichen Materialien. Indikationen zur Wurzelbehandlung im Milchgebiss seien gegeben bei Zähnen mit chronischen Entzündungen im Bereich der radikulären Pulpa, bei Zähnen mit einer nekrotischen Pulpa und bei Zähnen mit interradikulären und/oder periapikalen Läsionen. Kontraindiziert sei die Pulpektomie bei Zähnen mit hohem Substanzverlust und fortschreitender interner oder externer Resorption. Dem Zahnarzt stünden zwei Möglichkeiten der Aufbereitung zur Verfügung. Die Wurzelkanäle könnten traditionell mit Handfeilen oder aber auch maschinell aufbereitet werden. Letztere Aufbereitungsform habe die Vorteile der Flexibilität der Feilen, der Nachteil sei aber in den hohen Materialkosten zu sehen. Die intermittierende Spülung des Wurzelkanals könne mit Natriumhypochlorit, Wasserstoffperoxid oder Chlorhexidindigluconat durchgeführt werden. Zum Füllen des Wurzelkanals könne zwischen folgenden Materialien gewählt werden: Zinkoxid-Eugenol-Pasten, Jodoformpasten, Kalziumhydroxid-Jodoformpasten und Kalziumhydroxid-Olivenölpasten.

Der Vortrag von Prof. Dr. Kaaden aus München rundete die Endodontie-Session ab. Er referierte über die endodontischen Maßnahmen im jugendlichbleibenden Gebiss. Einen großen Teil seines Vortrags widmete er der Apexifikation. Dabei stellte er die Materialien Kalziumhydroxid und MTA einander gegenüber. Die Kalziumhydroxid-Apexifikation habe den Vorteil, dass sie eine „einfache“ Methode sei, bei der wenig Equipment benötigt würde und die eine hohe Erfolgsrate aufweise. Auf der anderen Seite würde der durchschnittliche Hartgewebsverschluss fünf bis 20 Monate dauern, der Behandler sei von der Compliance des Patienten abhängig und es könne zu irregulären Hartgewebsverschlüssen kommen. Die Ein-Schritt-Apexifikation könne mit MTA durchgeführt werden. Anhand von klinischen Bildern erläuterte er das Vorgehen. Vorteile seien die reduzierte Behandlungszeit, die gute Biokompatibilität des Materials und die hohe Erfolgsrate. Nachteile seien in der schwierigeren Durchführung und der möglichen Verfärbung der Zähne zu sehen. Außerdem gäbe es noch keine Langzeituntersuchungen.

Molaren-Inzisiven- Hypomineralisation

Ebenfalls großen Zuspruch fand der angebotene Vortragsblock über die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation („Molar-Incisor-Hypomineralization – a challenge for diagnosis and treatment“), ein Krankheitsbild, das in der zahnärztlichen Praxis zunehmend bedeutender wird. Für die Referate konnten mit Prof. Dr. Brigitta Jälevik und Prof. Dr. Ingegerd Mejare aus Schweden herausragende Referenten gewonnen werden, die sich seit Jahren mit diesen Schmelzbildungsstörungen beschäftigen und daran forschen. Zunächst gab Prof. Jälevik eine kleine Einführung in die Problematik dieses Krankheitsbildes („Etiology, Diagnosis and Epidemiology“). Sie erörterte die Variationsbreite der möglichen ätiologischen Faktoren, sprach über die Prävalenz und legte Diagnosekriterien dar. Mögliche Ursachen für die Entstehung der hypomineralisierten Molaren und Inzisiven seien unter anderem Dioxin und polychloriertes Biphenyl in der Muttermilch, sehr langes Stillen, eine Frühgeburt und Sauerstoffmangel bei der Geburt oder später respiratorische Erkrankungen, Infektionskrankheiten und Störungen im Mineralhaushalt im Kindesalter. Die Prävalenz für hypomineralisierte Molaren schwanke stark. Differentialdiagnostisch müsse der Kliniker an die Amelogenesis imperfecta, die Dentalfluorose, Tetrazyklinverfärbungen, ein Trauma oder an einen Turnerzahn denken und diese Möglichkeiten ausschließen. Sie resümierte, dass in den kommenden Jahren noch weitere Studien nötig seien, um die genauen Ursachen der MIH zu ermitteln und dieser Erkrankung so frühzeitig wie möglich entgegenwirken zu können. Im Anschluss referierte Prof. Mejare über Präventions- und Therapiemöglichkeiten der MIH („Prevention and Therapy“). Das Therapiespektrum reiche von der Individualprophylaxe, über die Desensibilisierung der betroffenen Zähne, dem Vermeiden der Entstehung von Karies und posteruptiven Schmelzfrakturen bis zur restaurativen Therapie mit Füllungen oder Kronen oder gegebenenfalls der Extraktion. Am Ende ihres Vortrags machte sie dem Auditorium nochmals deutlich, dass es notwendig sei, Kinder mit MIH schon frühzeitig zu erfassen, da sie bald nach Zahndurchbruch eines erhöhten Therapieaufwands bedürfen. Mit den verschiedenen zur Verfügung stehenden Methoden könnten jedoch gute Ergebnisse erzielt werden.

OÄ Dr. Katrin BekesMartin-Luther-Universität HalleUniversitätsklinik für Zahnerhaltungskunde und ParodontologieSektion Präventive Zahnheilkunde undKinderzahnheilkundeHarz 42 a06108 Hallekatrin.bekes@medizin.uni-halle.de

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