Standmitteilungen prüfen
Als Siegfried T. noch vor Beginn seines Studiums vor mehr als zwanzig Jahren seine erste Kapitallebensversicherung abschloss, im Laufe der Jahre folgten bei der gleichen Gesellschaft noch zwei weitere, ahnte er noch nicht, dass sie später einmal einen wesentlichen Beitrag zu seiner finanziellen Altersabsicherung leisten muss. Ursprünglich als eher geringes „Zubrot“ zu seiner damals in ferner Zukunft erwarteten Rente aus gesetzlicher Rente und Zusatzversorgungskasse gedacht, müssen sowohl diese als auch die beiden anderen Lebensversicherungen die finanzielle Lücke zumindest weitgehend ausgleichen, die von den eigentlich erwarteten Leistungen zukünftig eben nicht mehr gedeckt werden kann. Diese Entwicklung hat allerdings auch mit seiner beruflichen Entwicklung zu tun: Nach Abschluss seines Zahnmedizinstudiums war T. zunächst acht Jahre in einer Praxis angestellt, um sich danach in seiner Heimat in Nordrhein-Westfalen selbstständig zu machen und die seinerzeit gut gehende Praxis eines älteren Kollegen zu übernehmen. Als Einzahler in die zahnärztliche Zusatzversorgungskasse, so dachte er beim Kauf der Praxis seinerzeit, würde ihm neben seinen bisherigen Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Alter ein angemessenes Einkommen zur Verfügung stehen. Diese Meinung änderte sich aber relativ schnell, als er sich vor einigen Jahren die Gesamtübersicht seiner später zu erwartenden Renteneinnahmen genauer ansah.
Versicherungswert kaum gestiegen
Vor diesem für ihn unbefriedigenden Hintergrund und wegen seiner zugegeben recht hohen finanziellen Erwartungen erinnerte er sich an seine Lebensversicherungen, für die er Monat für Monat einzahlte und deren Entwicklung er bis zu diesem Zeitpunkt kaum verfolgte. Dies hat sich mittlerweile jedoch geändert: Seit rund vier Jahren kontrolliert T. die ihm jährlich übersandten sogenannten „Standmitteilungen“, in dem ihm der Versicherer jeweils mitteilt, mit welchen Ablaufleistungen beziehungsweise mit welchen Rückkaufswerten er jetzt und zukünftig rechnen kann.
Darüber hinaus erläutert das Unternehmen, wie sich seit der jeweils letzten Mitteilung des Vorjahres die Kapitalmärkte entwickelt haben und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf den Wert der Lebensversicherungen der Kunden hatte. Genau dieser Punkt macht T. nun ein wenig Sorge: Während der vergangenen Jahre und vor allem natürlich während dieses Jahres ist der Wert der Versicherung nämlich nur unwesentlich gestiegen. Unter Berücksichtigung der von T. erbrachten jährlichen Einzahlungen von rund viertausend Euro in die drei Versicherungen ergibt sich eine jährliche Durchschnittsverzinsung von noch nicht einmal zwei Prozent. Stabilisiert sich die Entwicklung auf diesem niedrigen Niveau, so hat sich T. ausrechnen lassen, wird er eine rechnerische Lücke zum Ablauf der Versicherung in knapp zehn Jahren von mehr als fünfzehntausend Euro haben. Diesen Betrag, mit dem er fest kalkuliert hat, müsste er dann kurzfristig in anderer Form ansparen. Derzeit sieht er sich dazu aber außerstande, da seine Praxis vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Gesundheitspolitik und der wirtschaftlichen Lage insgesamt die dazu erforderlichen Einnahmen einfach nicht hergibt.
Wertentwicklung beim Versicherer beobachten
Die Betrachtung der Wertentwicklung seiner Lebensversicherungen während der vergangenen Jahre veranlassten T. nun, den Versicherungsverlauf weiter zurückzuverfolgen. Dazu liegen ihm vom Versicherer mittlerweile die Zahlen vor, die ebenfalls wenig Gutes verheißen: Während des geprüften Zeitraums von zehn Jahren schaffte es das Unternehmen maximal bis zum Durchschnitt der in der Branche vorhandenen Mitbewerber. T. geht davon aus, dass die Gesellschaft in den Jahren der enormen Aktienkursverluste einschließlich des laufenden Jahres einen entsprechenden Wertberichtigungsbedarf vornehmen musste, der offensichtlich auch in der Wertentwicklung der Versicherungen von T. in hohem Maße zum Ausdruck kommt. T. hat sich mittlerweile auch schriftlich beim Versicherer darüber beschwert. Allerdings musste er sich im diesbezüglichen Antwortschreiben vorhalten lassen, dass die Gesellschaft ihm bereits seit Jahren einmal im Jahr eine entsprechende Mitteilung über die Entwicklung seiner Versicherungen zugesandt hat. Bei sorgfältiger Durchsicht dieser Unter lagen hätte es ihm also durchaus auffallen müssen, dass sich die Gesamtwerte der Lebensversicherungen keinesfalls so entwickelt haben, wie es ursprünglich prognostiziert wurde.
Mehr noch: Der Versicherer hat offenbar auch deutlich darauf hingewiesen, dass die in den vergangenen Jahren schwierige Situation an den Kapitalmärkten Hauptursache für diese Wertentwicklung gewesen ist.
Konditionsänderung Vornehmen
Da T. diese Schreiben lediglich oberflächlich durchgesehen hatte, war ihm also nicht aufgefallen, dass seinerseits bereits vor Jahren ein finanzielles Gegensteuern hätte erfolgen müssen. Dazu dürfte es nun fast schon zu spät sein. Die erwähnte angespannte Praxissituation gibt zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitere finanzielle Mittel nicht her. T. denkt nun darüber nach, sich von einem unabhängigen Versicherungsexperten bezüglich möglicher Änderungen der bestehenden Lebensversicherungen beraten zu lassen. Dazu denkt er auch an eine Reduzierung der monatlichen Raten. Das auf diesem Weg eingesparte Geld will er gegebenenfalls in einen Sparplan einbringen, von dem er sich eine bessere Wertentwicklung verspricht. Ob sich diese und ähnliche Ideen in Zeiten allgemein niedriger Zinssätze realisieren lassen, muss das Gespräch mit dem Versicherungsfachmann erst noch zeigen.
Michael Vettervetter-finanz@t-online.de