Eindämmung von Tabakkonsum

Auf dem Weg in ein rauchfreies Europa

Heftarchiv Gesellschaft
pr
EU-Gesundheitskommissar John Dalli plant weitere restriktive Vorschriften, um seinem Ideal von einem „rauchfreien Europa“ ein Stück näherzukommen. Dazu sollen beispielsweise Einheits-Zigarettenschachteln mit abschreckenden Fotos gehören. Die Maßnahmen einiger Mitgliedstaaten zur Eindämmung des Tabakkonsums seien nicht überzeugend, so Dalli.

Nachdem es bereits ein umfassendes Werbeverbot für nikotinhaltige Produkte in der EU gibt, will Gesundheitskommissar John Dalli nun die Vorschriften für die Gestaltung von Zigarettenschachteln und für Zusatzstoffe von Nikotinerzeugnissen verschärfen. Demnach könnte es sein, dass es in einigen Jahren nur noch schwarz- weiße Einheitspackungen, versehen mit abschreckenden Warnbildern wie Teerlungen und Raucherbeinen, gibt. „Je einheitlicher und schmuckloser die Zigarettenverpackungen sind, desto besser“, so der Gesundheitskommissar.

Zwar können schon heute die EU-Mitgliedstaaten den Tabakherstellern vorschreiben, die Zigarettenpackungen mit abschreckenden Bildern zu versehen. Nur sechs der 27 EU-Mitglieder tun dies jedoch. Deutschland gehört nicht zu diesen Ländern.

Vorschriften nicht einheitlich

Ähnlich uneinheitlich sieht es mit den nationalen Rechtsvorschriften für die Zulassung beziehungsweise das Verbot möglicherweise schädlicher oder suchterzeugender Inhaltsoder Zusatzstoffe aus. Die Pläne der Kommission sehen dagegen vor, dass Tabakwaren EU-weit künftig weniger giftige und süchtig machende Substanzen wie Aromen, Süßstoffe, Feuchthalte- und Klebemittel oder Farbstoffe enthalten dürfen. Die Angabe einer Suchthotline auf allen Zigarettenschachteln soll Rauchern zudem den Ausstieg aus der Abhängigkeit erleichtern.

Grundlage für den Vorstoß des Gesundheitskommissars ist die geplante Überarbeitung der EU-Tabakprodukterichtlinie aus dem Jahr 2001. Die Richtlinie legt Höchstwerte für den Gehalt an Inhaltsstoffen von Tabakwaren, wie Nikotin (1 mg), Teer (10 mg) und Kohlenstoffmonoxid (10 mg), pro Zigarette fest. Sie verpflichtet die Hersteller ferner dazu, Gesundheitswarnhinweise in Textform auf ihren Produkten aufzubringen und untersagt ihnen, Angaben wie „mild“, „leicht“ oder „niedriger Teergehalt“ zu verwenden. Im kommenden Jahr soll der überarbeitete Vorschlag vorliegen, um Tabakerzeugnisse vor allem für Jugendliche weniger attraktiv zu machen. Einer Umfrage der Kommission zufolge rauchen 35 Prozent der Jugendlichen in der EU. Die Mitgliedstaaten sollen nach den Vorstellungen der Kommission darauf hinarbeiten, dass der Nikotinkonsum unter Jugendlichen bis zum Jahr 2025 um 50 Prozent sinkt.

Meinungsprozess abgeschlossen

Der öffentliche Meinungsbildungsprozess für die geplante Neufassung der Tabakprodukterichtlinie ist inzwischen abgeschlossen. Während Zahnärzte, Ärzte und zahlreiche andere Interessenvertreter schärfere Vorschriften begrüßen, wehrt sich die Tabakindustrie vehement gegen die Pläne.

„Alle Tabakwaren sind gesundheitsschädlich“, betont der europäische Dachverband nationaler zahnärztlicher Organisationen, der Council of European Dentists (CED). Nach Ansicht des Verbands sollte die Richtlinie daher auch Erzeugnisse wie Kräuterzigaretten umfassen. Weiterhin spricht sich der CED für eine Negativliste an Inhaltsstoffen für Zigaretten aus.

Auch solle das Verbot für rauchfreie orale Produkte wie das schwedische Snus aufrechterhalten werden. „Es gibt Belege, dass der Gebrauch von Snus pathologische Veränderungen in der Mundschleimhaut hervorrufen kann, wie Dysplasien und möglicherweise auch eine gesteigerte Rate an Mundhöhlen- und Kehlkopfkrebs“, so der CED in einer an die EU-Kommission gerichteten Stellungnahme.

Standardverpackung soll helfen

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist überzeugt, dass eine standardisierte Tabakproduktverpackung mit großen Warnhinweisen aus Text und Bild dazu beitragen kann, dass weniger Jugendliche mit dem Rauchen anfangen und dass Raucher zu einem Rauchstopp motiviert werden.

„Mit dem geplanten Präsentationsverbot im Handel sollen Tabakwaren unter die Ladentheke verbannt und damit unsichtbar werden“, wettert dagegen Rainer von Bötticher, Präsident des Bundesverbands des Tabakwareneinzelhandels. Die Kritik zielt auf die Pläne der EU-Kommission, dass Zigarettenschachteln in Kiosken, Tabakwarenläden oder Supermärkten künftig nicht mehr sichtbar zum Verkauf präsentiert werden dürfen.

Dies und die Vereinheitlichung des Verpackungsdesigns könnte ein Markenstreben zur Folge haben, fürchten die Hersteller. Auch würde mit Einheitspackungen dem illegalen Handel Vorschub geleistet. „Der Kunde würde künftig nur noch preisorientiert kaufen, aber vermutlich nicht weniger rauchen“, heißt es im Branchendienst für den Tabakwarenhandel.

Aufklärung ist besser

Der CDU-Europapolitiker und Allgemeinarzt, Dr. med. Thomas Ulmer, glaubt ebenfalls nicht, das harmonisierte Zigarettenschachteln dazu beitragen können, den Nikotinkonsum nachweislich einzudämmen: „Eine Einheitsverpackung für Zigaretten halte ich nicht für sinnvoll. Vielmehr sollten wir die Jugendlichen, aber auch die Erwachsenen, besser über die Risiken des Rauchens aufklären und vermehrt Informations- und Präventionskampagnen durchführen.“ Der Kauf von Zigaretten sollte nach Ansicht von Ulmer aber auf jeden Fall erschwert werden. EU-weiten Untersuchungen zufolge rauchen rund 30 Prozent aller Europäer. In einem Bericht zur Überarbeitung der Tabakprodukterichtlinie verweist Dalli auch auf die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Tabakkonsums. Demnach sterben jedes Jahr 650 000 Europäer infolge direkten oder indirekten Tabakkonsums. In Deutschland sind es nach Angaben des DKFZ circa 110 000.

Petra SpielbergAltmünsterstr. 165207 Wiesbaden

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