Repetitorium

Trisomie 21 – das Down-Syndrom

Bei der Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt, liegt das Chromosom 21 ganz oder zumindest teilweise in dreifacher Ausfertigung vor. Diese genetische Besonderheit beeinflusst die körperliche wie auch die geistige Entwicklung der Kinder. Die Auswirkungen der Chromosomenanomalie sind abhängig von der individuellen Ausprägung des Defekts.

Der Begriff Down-Syndrom bezeichnet eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der das Chromosom Nummer 21 oder Teile davon infolge einer Genom-Mutation nicht wie üblich zweifach, sondern dreifach in den Zellen vorliegt. Synonym zur Bezeichnung Down-Syndrom wird daher auch der Begriff Trisomie 21 verwandt. Grundlage der Chromosomenaberration ist ein Fehler der Chromosomenverteilung während der Verschmelzung von Ei und Samenzelle und der anschließenden Zellteilung.

Der Gendefekt, der weltweit in allen ethnischen Gruppen und Bevölkerungsschichten auftritt, entsteht somit spontan. Es handelt sich nicht um eine Erbkrankheit, wenn man von der Möglichkeit absieht, dass eine junge Frau mit Down-Syndrom schwanger werden und den Gendefekt an ihre Nachkommen weitergeben kann. Dies ist allerdings ein durchaus realistisches Problem, da die Mehrzahl der Betroffenen heutzutage das gebärfähige Alter erreicht.

Historie

Hinweise auf das Down-Syndrom durch Ton- und Steinfiguren reichen bis in die Zeit um etwa 1 000 vor Christi zurück. Erstmals beschrieb der britische Neurologe John Langdon-Down die Anomalie als eigenständige Form der geistigen Behinderung im Jahr 1866. Er prägte seinerzeit den Begriff Mongoloismus. Da die rundliche Gesichtsform und die mandelförmigen Augen der Betroffenen optisch an Mongolen erinnern und weil praktisch stets eine geistige Behinderung bestand, nannte er die Störung „mongoloide Idiotie“. Die Bezeichnungen mongoloid und Mongoloismus werden allerdings heutzutage als diskriminierend empfunden und nicht mehr verwandt. Die konkrete genetische Ursache des Down-Syndroms wurde dann im Jahr 1959 durch den französischen Genetiker Jerome Lejeune entdeckt.

Häufigkeit und Risikofaktoren

Mit einem Fall auf rund 700 Geburten stellt das Down-Syndrom die häufigste Chromosomenaberration dar. In Deutschland leben Schätzungen zufolge 30 000 bis 50 000 Menschen mit diesem Gendefekt. Jungen sind allgemein etwas häufiger betroffen als Mädchen. Die Ursache dieses Phänomens ist bislang nicht genau geklärt.

Risikofaktor für das Auftreten eines Down-Syndroms ist in erster Linie ein höheres Alter der werdenden Mutter. Tritt die Schwangerschaft vor dem 30. Lebensjahr ein, so ist das Risiko mit weniger als einem Fall auf 1 000 Geburten gering. Es steigt auf 1 bis 2/1 000 Geburten, wenn die Schwangere zwischen 30 und 34 Jahren alt ist, auf 2 bis 10/1 000 im Alter von 35 bis 39 Jahren und auf 10 bis 20/1 000 bei einer Schwangerschaft im Alter zwischen 40 und 44 Jahren. Wird eine Frau jenseits ihres 44. Lebensjahres schwanger, steigt das Risiko, ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt zu bringen, auf bis zu 40/1 000 an. Der Grund für das mit dem Alter der Schwangeren zunehmende Risiko dürfte darin liegen, dass die Eizellen schon vor der Geburt angelegt sind und mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit von Fehlern bei der Eientwicklung zunimmt. Neben einem höheren Alter der werdenden Mutter gilt auch eine vermehrte ionisierende Strahlung als Risikofaktor.

Formen

Es werden vier verschiedenen Formen der Trisomie 21 unterschieden:

• In rund 95 Prozent der Fälle liegt eine sogenannte freie Trisomie 21 vor. Dabei ist das Chromosom 21 in allen Körperzellen in dreifacher Ausfertigung vorhanden.

• Bei drei bis vier Prozent der Menschen mit Down-Syndrom besteht eine Translokations-Trisomie 21, bei der das Chromosom 21 ebenfalls in allen Körperzellen dreifach vorhanden ist, sich dabei aber an ein anderes Chromosom angelagert hat.

• Ein bis zwei Prozent der Fälle weisen eine Mosaik-Trisomie 21 auf. Dabei gibt es Zellen mit einem dreifachen Chromosom 21 und ebenso Zellen mit einem normalen Chromosomensatz. Möglich ist dies, wenn sich die Chromosomenanomalie erst nach der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle entwickelt.

• Sehr selten besteht die sogenannte partielle Trisomie 21, bei der sich nur ein Teil eines der beiden Chromosomen 21 verdoppelt hat.

Körperliche Merkmale

Kinder mit einem Down-Syndrom weisen charakteristische körperliche Merkmale auf. So besteht meist eine zusätzliche dritte Fontanelle auf der Naht zwischen der großen und der kleinen Fontanelle. Die Kinder haben ein flaches Gesicht, einen kleinen Augenabstand (Hypotelorismus) und weisen nach oben geschrägte Lidachsen auf sowie kleine hellgraue Punkte an der Außenseite der Regenbogenhaut des Auges, die sogenannten Brushfield-Spots. Ferner findet sich eine kleine sichelförmige Hautfalte am inneren Augenwinkel.

Auffällig sind außerdem kleine Ohren, breite Hände mit kurzen Fingern und eine Vierfingerfurche, also einer Querfurche in der Handinnenfläche. Im Bereich der Füße besteht eine „Sandalenfurche“, also ein vergrößerter Abstand zwischen der ersten und der zweiten Zehe.

Die meisten Babys fallen außerdem durch eine verminderte Muskelspannung (Muskelhypotonie) auf. Die Kinder wachsen auffällig langsam und bleiben in ihrem Längenwachstum gegenüber dem Durchschnitt zurück.

Bei 40 Prozent der betroffenen Neugeborenen besteht ein Herzfehler, meist ein Atriumseptumdefekt, der in aller Regel chirurgisch korrigiert werden kann. Eine andere Operation ist nicht selten aufgrund einer Fehlbildung des Darmes (etwa zwölf Prozent der Kinder) erforderlich. Denn ohne Operation droht ein Darmverschluss oder eine Darmstenose. Auch leiden etwa zwölf Prozent der Kinder an einem Morbus Hirschsprung. Bei dieser Erkrankung fehlen parasympathische Nervenzellen in der Darmwand. Durch diese fehlenden Nervenimpulse kommt es zu einem Überschuss der Aktivierung der Muskulatur, die Darmwand kann sich in dem betroffenen Abschnitt nicht aufweiten, es entsteht eine Stenose.

Der vor der Engstelle liegende Darmanteil wird durch die Passagebehinderung sehr weit und es kommt später ebenfalls zu einer Transportstörung des Stuhlgangs dem „Mega-Dickdarm“. Eine Operation ist auch hierbei nötig. Oft finden sich noch weitere Anomalien im Bereich der Atemwege. Charakteristisch für das Down-Syndrom sind zusätzlich Störungen im Bereich der Sinnesorgane. So sind nahezu 60 Prozent der Menschen mit Down-Syndrom infolge verengter Gehörgänge oder durch Paukenergüsse im Mittelohr schwerhörig. Bei rund 70 Prozent liegen Sehstörungen vor, sei es in Form einer Kurz- oder einer Weitsichtigkeit oder durch Linsentrübungen.

Auswirkungen auf die Entwicklung bei Kindern

Die Trisomie 21 hat Konsequenzen auf die körperliche wie auch auf die geistige Entwicklung. Die Auswirkungen sind abhängig von der Ausprägung der Chromosomenanomalie. „Daher sind Menschen mit Down-Syndrom genauso unterschiedlich wie andere Menschen auch“, betont der Arbeitskreis Down-Syndrom e.V. „Gemeinsam haben sie zwar ein charakteristisches äußeres Erscheinungsbild, das aber bei genauem Hinschauen höchst individuell ist und verblüffende Familienähnlichkeiten aufweist.“

Untersuchungen zur geistigen Entwicklung von Kindern mit Trisomie 21 haben nach Angaben des Arbeitskreises Down-Syndrom zudem ergeben, dass die Betreffenden größere Fähigkeiten besitzen, als ihnen lange Zeit zugetraut wurden. Die Intelligenzentwicklung folgt den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie bei nicht behinderten Menschen, läuft allerdings mit verlangsamtem Tempo ab. Viele Kinder mit Down-Syndrom können daher bei entsprechender Förderung Sprechen, Lesen und Schreiben lernen und entwickeln verschiedenste Neigungen und Talente. Ihre emotionale und soziale Kompetenz ist in aller Regel gut ausgeprägt, was oft schon im frühen Kindesalter auffällt.

Bei der Entwicklung der Kinder ist nach Angaben des Vereins zu bedenken, dass es mit Beginn der Sprachentwicklung zu einer Aufspaltung der geistigen Entwicklung in Teilbereiche kommt. Die meisten Kinder können mit anschaulichen und konkreten Aufgaben gut umgehen, haben aber Schwierigkeiten mit bildhaften und sprachlichen Symbolisierungen sowie mit kurzzeitigen Merkaufgaben.

Die intellektuellen Fähigkeiten von Personen mit Down-Syndrom sind üblicherweise vermindert. Es resultiert in aller Regel eine geistige Behinderung, die jedoch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Doch nur ein geringer Teil der Menschen mit einer Trisomie 21 ist stark geistig behindert.

Folgen für die Sprachentwicklung

Typisch sind Beeinträchtigungen im sprachlichen Bereich, speziell bei der Artikulation. Das kann an der gelegentlich als Zusatzsyndrom auftretenden Makroglossie liegen, die die Kinder am richtigen Sprechen hindert und zu einer Zahnfehlstellung führen kann (siehe Kasten Zahnmedizin). Zwar haben die Kinder ein gutes Sprachverständnis und können Laute und isolierte Worte aussprechen, sie lassen aber beim Sprechen oft Worte aus oder ersetzen diese.

Die Sprachentwicklung erfolgt deutlich verzögert und ist oft durch Einschränkungen des Vokabulars und bei der Grammatik geprägt. Durch eine adäquate logopädische Förderung kann die Sprachentwicklung meist jedoch erheblich gebessert werden.

Infolge der körperlichen Besonderheiten kommt es bei vielen Menschen mit Down-Syndrom zu speziellen gesundheitlichen Konsequenzen. So treten aufgrund der meist etwas verengten Atemwege überproportional oft Atemwegserkrankungen auf. Die Kinder haben ein geschwächtes Immunsystem, was vermehrt Infektionskrankheiten bedingt. Auch eine Zöliakie sowie eine Schilddrüsenunterfunktion sind häufiger als normal zu beobachten.

Neben den bereits erwähnten Herzfehlern treten auch andere medizinische Komplikationen und Erkrankungen häufiger auf als in der Normalbevölkerung. So kommt es zum Beispiel überproportional häufig zu einer Leukämie im Kindesalter.

Kinder mit einem Down-Syndrom müssen deshalb medizinisch besonders gut überwacht werden, damit eventuell auftretende gesundheitliche Störungen rasch erkannt und behandelt werden können. Durch eine entsprechend sorgfältige medizinische Überwachung sind die meisten mit der Chromosomenaberration assoziierten medizinischen Komplikationen zu beherrschen.

Behandlungserfolge und ungelöste Probleme

Das erklärt die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegene Lebenserwartung der Betroffenen. So wurden Menschen mit Trisomie 21 Anfang des vergangenen Jahrhunderts im Mittel lediglich neun Jahre alt. Rund 100 Jahre später lag die mittlere Lebenserwartung bereits bei etwa 60 Jahren und inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, das Menschen mit Trisomie 21 das 70. Lebensjahr erreichen.

Ein bislang ungelöstes Problem aber ist die bei der Mehrzahl der Betroffenen sich früher oder später entwickelnde Alzheimer-Demenz, die meist um das 55. Lebensjahr herum klinisch manifest wird. Ursache hierfür ist, dass das für die Erkrankung verantwortliche Amyloid-Protein auf dem Chromosom 21 kodiert wird und somit bei Menschen mit Down-Syndrom vermehrt exprimiert und gebildet wird.

Diagnostik

Hinweise auf Trisomie 21 ergeben sich meist pränatal bei der Ultraschalluntersuchung. So ist an eine solche Chromosomenanomalie zu denken, wenn sich bei der Untersuchung ein Herzfehler ergibt, wenn Wachstumsstörungen (und speziell eine Mikroenzephalie) festzustellen sind oder wenn ein vergleichsweise geringer Augenabstand oder ein kleiner Oberschenkel- und/oder Oberarmknochen auffallen. Auch eine große Fruchtwassermenge sowie eine auffallend große Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Neugeborenen gelten als Verdachtsmomente. Bei den meisten Feten mit Trisomie 21 finden sich drei bis vier solcher hinweisender Kriterien. Sie sind diagnostisch allerdings nicht ausreichend. Sicherzustellen ist die Diagnose lediglich durch eine Untersuchung der Chromosomen, wobei diese mittels Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung, ab der 13. SS-Woche) oder Chorionzottenbiopsie (ab der elften SS-Woche) und gegebenenfalls durch eine Nabelschnurblutpunktion gewonnen werden können. Eine entsprechende Untersuchung wird im Rahmen der pränatalen Diagnostik wegen des erhöhten Risikos für ein Kind mit Down-Syndrom in Deutschland jeder Schwangeren über 35 Jahren angeboten. Die Testgenauigkeit der verfügbaren Verfahren liegt bei mehr als 99 Prozent. Zu bedenken ist dabei stets das durch die invasive Untersuchung bedingte erhöhte Abortrisiko.

Hoffnung auf ein neues Verfahren: Screening aus dem mütterlichen Blut

Mittels der sogenannten Multiplex-Sequenzierung ist aktuellen Meldungen zufolge auch eine Diagnostik aus dem Blut der Schwangeren möglich. Untersucht wird dabei die zellfreie DNA des Feten, die ins Blut der werdenden Mutter gelangt. Die DNA-Fragmente stammen aus Zellen, die zugrunde gegangen sind, durch die Multiplex-Sequenzierung aber bestimmten Chromosomen zugeordnet werden können. Liegt eine Trisomie 21 vor, so zeigt sich dies in dem neuen Testverfahren durch eine Häufung von DNA-Fragmenten des Chromosoms 21.

Das haben Untersuchungen von Rossa W. K. Chiu et al. aus Hongkong ergeben. Die chinesischen Wissenschaftler untersuchten in einer ersten Studie die DNA-Fragmente im mütterlichen Blut bei 28 Schwangeren, wobei in 14 Fällen eine Trisomie 21 des werdenden Kindes bekannt war. Sowohl in diesen 14 Fällen wie auch in den 14 Kontrollen ergab der Test laut Chiu et al. die korrekte Diagnose. Bestätigt wurde der Zusammenhang nunmehr in einer Studie bei 753 Schwangeren aus Hongkong, Großbritannien und den Niederlanden, bei denen eine Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie indiziert war und in 86 Fällen eine Trisomie 21 ergab. Die Blutproben der Schwangeren wurden anschließend per Multiplex-Sequenzierung untersucht und ergaben in allen Fällen einen positiven Befund, was einer Sensitivität des Verfahrens von 100 Prozent entspricht. Die Spezifität lag bei 97,9 Prozent, da bei allen Kontrolluntersuchungen nur zwei falsche positive Befunde resultierten. Die Multiplex-Sequenzierung könnte damit möglicherweise die pränatale Diagnostik des Down-Syndroms deutlich einfacher machen, da die Untersuchung von der Blutentnahme abgesehen nicht-invasiv erfolgt. Allerdings ist das Verfahren bislang sehr aufwendig, entsprechend teuer und keinesfalls klinische Routine.

Die Autorin der Rubrik „Repetitorium“ beantwortet Fragen zu ihren Beiträgen

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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