Gastkommentar

Bunte Koalition

Heftarchiv Meinung
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Dass die Koalition bis zur Verabschiedung des Versorgungsgesetzes noch ein gutes Stück Arbeit vor sich hat, prophezeit Gisela Broll, Berliner Fachjournalistin für Gesundheitspolitik.

Sowohl auf bundes- wie landespolitischer  Ebene laufen intensive Vorbereitungen für  ein „Versorgungsgesetz“. Obwohl es gesundheitspolitisch  zum Vorzeigegesetz für  die Regierungskoalition avancieren sollte,  erhärtet sich der Eindruck, dass Schwarz und  Gelb hier jeweils im Alleingang unterwegs  sind, mit der CSU in der Zwitter-Rolle.

So versucht die CDU/CSU-Bundestagsfraktion  mit dem sehr selbstbewussten gesundheitspolitischen  Führungsteam,  dem Sprecher ihrer AG Gesundheitspolitik  Jens Spahn und seinem Stellvertreter  Rolf Koschorrek, den bundespolitischen  Ton bei diesem Gesetz anzugeben. Bundesgesundheitsminister  Dr. Philipp Rösler ist  derweil dabei, die Grundzüge des Gesetzes  im Vorfeld mit den Ländern auszuhandeln.  Von der Sache her sind die Koalitionsparteien  ziemlich nahe beieinander, wie aus ersten  Arbeitspapieren deutlich wird. Die Opposition  wird nur schwerlich Gegenpositionen  entwickeln können.

Kernpunkt der Reform ist die ärztliche  Bedarfsplanung: Hielt sich Rösler  bislang eher bedeckt, ist das  Bundesgesundheitsministerium  nun offensichtlich doch gewillt, mit  dem Gesetz die Einwirkungsmöglichkeiten  der Länder, respektive  die Landesbehörden, zu stärken.  Das BMG hat hier wohl schon sehr  detaillierte Vorstellungen und  denkt über ein Beanstandungsrecht der Landesbehörden  bei den Bedarfsplänen der Kassenärztlichen  Vereinigungen und Krankenkassen  auf Landesebene nach. Im Gespräch  ist auch, das Recht der Länder auszuweiten.  Sie sollen nicht mehr nur an den Landesausschüssen  teilnehmen, sondern auch den lokalen  Versorgungsbedarf betreffende Beschlüsse  beanstanden dürfen.

Darüber hinaus sollen sie auch ein Initiativrecht  bei dort zu fassenden Beschlüssen erhalten.  Daneben wird darüber debattiert, ob  regionale Besonderheiten zukünftig ein Abweichen  von der Bedarfsplanungsrichtlinie  des G-BA erlauben sollten sowie die Verhältniszahlennunmehr ganz auf sachgerechte  Kriterien auszurichten und dem G-BA die Berücksichtigung der demografischen Entwicklung  bei der Anpassung der Verhältniszahlen vorzuschreiben.

Sektorenübergreifend könnten alle an der ambulanten Versorgung beteiligten Ärzte, seien es Krankenhausärzte oder auch psychiatrische Institutsambulanzen, bei der Bedarfsplanung erfasst werden. Sonderbedarfszulassungen sollen „funktionstüchtig“ ausgestaltet werden. Außerdem diskutiert man intensiv darüber, den Verzicht auf Zulassungen in überversorgten Gebieten zu fördern. Stichworte sind hier die Aufhebung der Altersgrenze von 62 Jahren wie die Bevorzugung von Bewerbern, die besondere Versorgungsbedürfnisse erfüllen – beispielsweise neben der Tätigkeit in überversorgten auch in schlecht versorgten Gebieten arbeiten.

Bemerkenswert sind bei den ersten Vorstellungen des BMG besonders einige Punkte, die die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung betreffen. Grundsätzlich sollen in Gebieten mit besonderem Versorgungsbedarf alle ärztlichen Leistungen von der Abstaffelung ausgenommen werden – hier wird sogar eher an Preiszuschläge gedacht. Zudem könnte die Einzelermächtigung nicht nur für Krankenhausärzte, sondern auch für Ärzte aus Reha-Einrichtungen Realität werden: Kliniken sollen nicht nur bei Unterversorgung, sondern auch bei lokalem Versorgungsbedarf zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden. Sogar kommunale Träger sollen Eigeneinrichtungen unterhalten können, wenn sich sonst niemand findet. Ärztinnen will man fördern, indem man Familie und Beruf mehr vereinbart. Sogar eine befristete Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Erhöhung der Medizinstudienplätze ist im Gespräch. Ob dies alles den Ländern reicht, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen.

Eins ist aber jetzt schon sicher: In der Gestaltung  des Versorgungsgesetzes gibt es eine  bunte Koalition.

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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