Bundessozialgericht (BSG)

Grundsätzliches zur Zweigpraxis

Heftarchiv Praxis
sg
In vier Grundsatzentscheidungen hat das BSG am 9. Februar 2011 zur Neufassung der Bestimmungen zur Zweigpraxis in den Zulassungsverordnungen entschieden (B 6 KA 49/08; 3/10; 7/10; 12/10 R).

Danach liegt insbesondere eine, gemäß § 24 Abs. 3 ZV-Z notwendige Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis dann nicht vor, wenn in dieser nur in einem zeitlich eingegrenzten Rahmen von zum Beispiel ein-einhalb Tagen in der Woche Leistungen angeboten werden und auch eine kontinuierliche Notfallversorgung an diesem Ort durch den Zahnarzt wegen der großen räumlichen Distanz zu seinem Wohnort nicht gewährleistet werden kann. Eine Versorgungsverbesserung ergibt sich danach auch nicht alleine aus der Tatsache, dass der betreffende Zahnarzt bestimmte Leistungen in einer überdurchschnittlichen Anzahl erbringt. Dies allein belegt noch keine besondere Fachkunde des Zahnarztes, die durch ein spezifisch ausgerichtetes Leistungsangebot gegebenenfalls zu einer Versorgungsverbesserung führen könnte. Der Aspekt der räumlichen Distanz ist danach auch bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob der Betrieb der Zweigpraxis die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz beeinträchtigt. Dies kann danach dann der Fall sein, wenn der Zahnarzt zu Zeiten, in denen er üblicherweise an seinem Vertragszahnarztsitz tätig wäre und dort auch noch kein organisierter Notfalldienst besteht, in der Zweigpraxis anwesend ist und auch nicht kurzfristig in seine Stammpraxis zurückkehren kann. Es ist danach aber im Einzelfall zu prüfen, ob derartige Nachteile gegebenenfalls durch die zumindest teilweise Deckung eines extremen Versorgungsbedarfes am Ort der Zweigpraxis kompensiert werde.

Zudem hat das BSG entschieden, dass sich eine berufsrechtliche Begrenzung auf maximal zwei Zweigpraxen nur an Ärzte, nicht aber auch an Medizinische Versorgungszentren richtet. Allerdings darf danach ein an einem MVZ tätiger Arzt höchstens in diesem und an zwei weiteren Standorten des MVZ tätig werden, wobei eine Tätigkeit am Stammsitz insgesamt überwiegen muss.

Die Entscheidungen unterstreichen die Tatsache, dass auch in Folge der Neufassungen der Zulassungsverordnungen durch das VÄndG keine absolute Freiheit bei der Gründung von Zweigpraxen existiert. Vielmehr ist im Einzelfall insbesondere unter Berücksichtigung der räumlichen Distanz zwischen Stammsitz und Zweigpraxis sowie des am Ort der Zweigpraxis angebotenen Leistungsspektrums zu entscheiden, inwieweit dort tatsächlich eine Verbesserung der Versorgung eintreten kann, ohne dass die Versorgung am Stammsitz im erheblichen Umfang beeinträchtigt wird. Allein die Steigerung der Zahnärztezahl am Ort der Zweigpraxis und die damit verbundene größere Wahlmöglichkeit für die Versicherten reicht hierfür danach jedenfalls nicht aus.

Dr. Thomas MuschallikKZBV Justiziariat50931 Köln

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