Auf Erkenntnissuche

Dem Placebo-Effekt auf der Spur

Heftarchiv Medizin
Rund 30 Prozent der Wirkung von Arzneimitteln dürfte Studien zufolge auf einen Placebo-Effekt zurückgehen. Was sich konkret hinter diesem Phänomen verbirgt, wird derzeit im Rahmen eines DFG-Forschungsprojektes untersucht.

Obwohl der schmerzgeplagte Patient lediglich ein wirkungsloses Scheinpräparat erhalten hat, gibt er an, die Schmerzen seien deutlich gebessert. Wie ist das möglich? Placebo- Effekt, so lautet der Name des Phänomens, dessen Hintergründe immer noch nicht enträtselt sind. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nunmehr 2,6 Millionen Euro für das dreijährige Forschungsprojekt „Expectations and conditioning as basic processes of the placebo and nocebo response – from neurobiology to clinical applications, FOR 1328“ bereitgestellt, mit dem die Hintergründe des Placebo-Effekts erhellt werden sollen.

Mit dem Projekt soll anhand verschiedener experimenteller und klinischer Modelle die Wirksamkeit von Placebos erforscht und versucht werden, daraus Konsequenzen für den medizinischen Alltag zu ziehen. Konkret ist geplant, die Mechanismen hinter der Placebowirksamkeit zu analysieren und das beim akuten, experimentell induzierten Schmerz bei gesunden Probanden wie auch bei chronisch Schmerzkranken und bei Patienten mit Morbus Parkinson. Untersucht werden soll ferner die Wirkung von Placebo bei Störungen der Magen- Darm-Funktion, bei immunologischen Störungen und bei Patienten vor und nach einer Herzoperation. Mit auf dem Prüfstand steht dabei der Nocebo-Effekt, also die dem Placebo-Effekt entgegenstehende krankmachende Wirkung eines Scheinpräparates.

Internationale Spitze in der Placebo-Forschung

Leiter des Projektes ist Professor Dr. Paul Enck vom Universitätsklinikum Tübingen, beteiligt sind ferner Forscher der Universitäten in Essen, Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und Marburg. Das Projekt schließt an ein bereits 2008 von der Volkswagenstiftung gefördertes dreijähriges Forschungsprojekt an, an dem neben der Universität Tübingen auch die Universität in Turin/ Italien beteiligt war. Das von der DFG unterstützte Vorhaben ist laut Professor Enck damit nunmehr das zweite Großprojekt zum Thema Placebo hierzulande und stellt Deutschland damit auf internationaler Ebene an die Spitze der Placeboforschung.

Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Placebowirkungen durch die aktuellen Erwartungen der Patienten ausgelöst werden und durch frühere Erfahrungen mit einer Erkrankung und ihrer Behandlung mit beeinflusst sind. Auch kann wahrscheinlich die „Droge Arzt“ eine Rolle spielen und insbesondere die Arzt-Patienten- Interaktion. So kann eine spezielle Wirkung eines vermeintlichen Medikamentes möglicherweise vom Arzt hervorgerufen oder verstärkt werden, indem er den Patienten bewusst oder unbewusst beeinflusst und seine Erwartungen zum Beispiel durch Heilsversprechen bestärkt.

Im Rahmen des neuen Forschungsprojektes ist nicht geplant, Placebos quasi als Medikamentenersatz zu entwickeln. Vielmehr geht es um die Frage, warum Scheinmedikamente zum Teil ebenso gut wirken wie der echte Arzneistoff.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Berlin

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