Keinen Draht zum Rat
Mit Hilfe der UPD kann sich jeder Bürger bundesweit kostenlos und anonym telefonisch, im Internet oder persönlich zu gesundheitlichen Fragen informieren. So steht es im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geschrieben. Soweit die Theorie. In Wirklichkeit war Anfang des Jahres auf upd-online zu lesen: „Der Beratungsbetrieb wird zurzeit neu organisiert. Aus diesem Grund können wir Ihnen vorübergehend leider keine Beratung anbieten (...)“. Seit Ende Dezember stand das kostenfreie Beratungstelefon still. Die 22 regionalen Beratungsstellen haben bundesweit seit 2006 über 250 000 Informationsgespräche durchgeführt. 74 Mediziner, Juristen und Sozialpsychologen waren im Einsatz. Jetzt stehen Patienten vor verschlossenen Türen. Die Finanzierung des bisherigen Modellprojektes erfolgte – laut Gesetz – mit rund 5,1 Millionen Euro pro Jahr über den GKVSpitzenverband. Dessen Pressesprecher Markus Lanz erklärte im Gespräch mit den zm: „Ich gehe davon aus, dass wir im Laufe des Januars eine Entscheidung treffen können“. Der GKV-Spitzenverband bestimmt gemeinsam mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller MdB, sowie mit Patientenorganisationen, Wissenschaftlern und privaten Krankenversicherern, wer die UPD weiterführen soll. Auch eine Trägerschaft wie gehabt, wäre denkbar: also durch den Sozialverband VdK Deutschland e.V., die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und den Verbund unabhängige Patientenberatung e.V.
BZÄK steht hinter der UPD
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bewertet die Patientenorientierung im Gesundheitswesen als richtigen Schritt. Im Juni 2010 hatten BZÄK und UPD eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. „Von einer kompetenten Patientenberatung profitieren alle Versicherten. Sie erhalten professionelle und transparente Informations- und Beratungsangebote und werden darin gestärkt, ihre Rechte selbstständig und mündig wahrnehmen zu können“, bekräftigte der BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich insbesondere mit Blick auf die zahlreichen Aktivitäten in den Patientenberatungsstellen der zahnärztlichen Organisationen. Einige arbeiten bereits mit der UPD zusammen. Gerade im zahnmedizinischen Bereich sei der Patient durch die unterschiedlichen wissenschaftlich anerkannten Therapieoptionen und die gesetzlichen Entscheidungen zur Kostenbeteiligung stärker in die Behandlungsabläufe involviert. Speziell diese finanziellen Aspekte führen häufig zu Nachfragen seitens der Patienten.
Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat die Belange der Patienten im Blick. Ihr stellvertretender Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Eßer erklärte: „Die Vertragszahnärzte in Deutschland haben im Jahr 2009 rund 60 Millionen Patienten behandelt. Das entspricht circa 200 Millionen Patientenkontakten.“ Dabei unterstützte der Berufsstand das Recht der Patienten auf souveräne Therapieentscheidungen mit vielfältigen Informationsangeboten. Bei den zahnärztlichen Patientenberatungsstellen hätten im ersten Halbjahr 2010 annähernd 20 000 Patienten Rat zu zahnmedizinischen Fragen gesucht. Eßer: „Die Evaluierung zeigt bei der überwiegenden Mehrheit der Ratsuchenden eine denkbar hohe Zufriedenheit mit dem Beratungsergebnis“. Alles Gute ließe sich aber noch verbessern. Daher kann sich der KZBV-Vize als Erweiterung dieses Angebotes auch eine Kooperation mit anderen Beratungseinrichtungen vorstellen.
Regionale Leuchttürme
Exemplarisch stand in den letzten Jahren die Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit für die Stadt Heidelberg und den Rhein-Neckar- Kreis (AGZ-RNK) den Mitarbeitern der regionalen UPD-Beratungsstellen als spezialisierte Anlaufstelle für Fragen rund um die Zahngesundheit zur Seite. Im Interview mit den zm erklärte Organisationsleiterin Cornelia Wagner: „Für uns steht der Patient im Vordergrund. Die Arbeit an der Basis erscheint uns wichtig. Momentan bekommen wir auch noch viele überregionale Zuschriften.“ Die könnten nun allerdings nicht mehr beantwortet werden. Wagner betont, dass in den letzten Jahren über diverse Kanäle viel erreicht worden sei. So habe man etwa Patientenbroschüren und Flyer herausgegeben. In den Gesprächen gehe es nicht immer nur um Beschwerden. „Wir nehmen den Patienten auch den Wind aus dem Segel, damit sie nicht gleich mit ihrem Problem zum Anwalt laufen“, erklärt sie. Ein Thema tauche häufig auf: die Schwierigkeit, die im Heil- und Kostenplan angegebene Endsumme zu stemmen. Speziellen Beratungsbedarf sieht sie diesbezüglich vor allem bei den hochbetagten Patienten: „Nicht jeder Rentner hat das Geld für ein Implantat, traut sich aber oftmals nicht, dies seinem Zahnarzt offen zu sagen“. Hier habe man in den vergangenen Jahren angesetzt und aufgezeigt, welche Möglichkeiten und Alternativen es gibt. „Es wäre aber noch viel zu tun“, bekräftigte Wagner und sprach sich für weitere Kooperationen aus.
In Berlin betreibt die Zahnärztekammer ihre Patientenberatung gemeinsam mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bereits seit 2000 – ein Pionier auf diesem Gebiet. Seit der Gründung haben mehr als 10 000 Patienten die persönliche Beratung durch Zahnärzte in Anspruch genommen. Darüber hinaus werden rund 2 000 telefonische Patientenanfragen pro Monat bearbeitet. Finanziert wird das Projekt ausschließlich von der Berliner Zahnärzteschaft. Das Beratungsspektrum umfasst alle Themengebiete rund um die Zahnbehandlung. Von A wie Amalgam bis Z wie Zahnersatz. Bundesweit finden sich Nachahmer dieser regionalen Leuchtturmprojekte der Zahnärzteschaft. sf
•Bei Redaktionsschluss lag das Ergebnis der Ausschreibung noch nicht offiziell vor.