Der Zuwendungsfinder
Im Jahr 2008 beschloss der FSA einen „Kodex zur Zusammenarbeit mit Patienten - organisationen“. Die Idee, auf dieser Basis eine Datenbank zu erstellen, kam Michael Hägele, dem Geschäftsführer des IQTG. Ihn ärgerte, dass es keine Angaben gibt, wie viel die Unternehmen spenden und wer das Geld erhält. Zusammen mit seinem Kollegen Christian Leopold forschte er auf der Website der FSA. Ohne Erfolg, denn eine Gesamtsumme fanden sie auch dort nicht, nur den Verweis auf die Websites der teilnehmenden Unternehmen. Eine nach der anderen klapperten die IQTG-Chefs die insgesamt 32 Adressen ab. Hägele machte dabei folgende Beobachtung: „Die Daten sind über die Seiten der Unternehmen verteilt und nicht immer leicht zu finden. Entsprechend mühsam ist es, sich einen Überblick zu verschaffen.“
Um Verbrauchern zu mehr – und vor allen Dingen schnellerem – Durchblick zu verhelfen, trugen die Institutsleiter die Zahlen zusammen und packten sie in eine öffentlich zugängliche Transparenzdatenbank. Offizieller Titel: „Zuwendungsfinder für Zuwendungen der Pharmaindustrie an Patientenorganisationen in Deutschland“.
Die Datenbank ist userfreundlich konzipiert. Es kann nach Patientenorganisation oder Pharmaunternehmen gesucht werden. Das Ergebnis wird in Form einer Tabelle geliefert, die Zahlungsempfänger und Spender sowie Anlass und Höhe der Spende auflistet. Zusätzlich ist die Gesamtsumme der Zuwendungen angegeben, die eine Selbsthilfegruppe erhalten beziehungsweise die ein Pharmahersteller innerhalb eines Jahres geleistet hat. Die Datenbank lässt sich auch nach Krankheitsbildern wie Krebs, AIDS oder ADHS durchsuchen. Patientenorganisationen, die sich im Bereich Alzheimer engagieren, erhielten beispielsweise im Jahr 2010 laut Datenbank insgesamt 352 060 Euro, Selbsthilfegruppen für Multiple-Sklerose- Patienten 249 008 Euro.
Da die Mitglieder der FSA ihre Spendenzahlen einmal pro Jahr veröffentlichen, enthält die Transparenzdatenbank bisher nur die Zahlen für 2010. Laut diesen Berechnungen spendeten die FSA-Mitglieder im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 4,6 Millionen Euro an Patientenorganisationen. Spitzenreiter bei den Unternehmen sind nach Angaben des Instituts Roche mit 737 055 Euro, Novartis mit 671 758,29 Euro und Pfizer mit 485 269,50 Euro.
Wer gibt wem wie viel
Die Vollständigkeit der IQTG-Transparenz -datenbank ist laut Hägele schwer einzuschätzen: „Es gibt extrem viele Pharmafirmen.“ Der FSA betone zwar, dass die forschende Pharma die meisten Zuwendungen leiste und der Großteil der Zahlungen durch den Kodex somit abgebildet sei, Hägele ist sich da aber nicht so sicher. „Ich könnte mir vorstellen, dass auch Hersteller von Generika oder aus der Medizintechnik spenden.“ Diese Zahlen seien in ihrer Datenbank nicht abgebildet.
Aktuell arbeiten Hägele und Leopold daran, die vorhandene Datenlage zu optimieren. „Wir verwenden für unseren Zuwendungsfinder die Informationen der Pharmafirmen. Das Problem dabei ist, dass die Unternehmen keine einheitliche Schriftweise haben“, erklärt Hägele. „Aus diesem Grund gehen wir momentan jede einzelne der über 1 500 Zuwendungen in unserer Datenbank durch, um Schreib- und Abkürzungsfehler zu korrigieren.“ Man wolle sicherstellen, dass alle Zahlungen dem richtigen Spendenempfänger zugeordnet werden.
Ein weiteres Projekt des IQTG ist die Einbindung der GKV-Selbsthilfe in die Datenbank. Hintergrund: Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Einnahmen in die Arbeit von Patientenorganisationen zu investieren. „Wir wollen einen Vergleich der Pharma- und GKV-Zuwendungen möglich machen. Wenn ablesbar ist, dass eine Patientenorganisation 200 000 Euro von der Industrie und 20 000 von der GKV bekommen hat, fördert das die Transparenz. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Infos pharmabeeinflusst sind, wären in diesem Fall nämlich hoch“, argumentiert Hägele und fügt hinzu: „Es ist extrem schwierig herauszufinden, ob eine Info wirklich neutral ist und alle Optionen für den Patienten genannt werden.“ Aufzudröseln, wie eine Patientenorganisation sich finanziert, ist eine einfache Methode. Hägeles Ziel: „Wir wollen anstoßen, dass sich die Trans-parenz im Gesundheitswesen ausweitet.“
Susanne TheisenFreie Journalistin in Köln und Berlininfo@susanne-theisen.de