Weg von Euro und Dollar
Die Bundesanleihe gilt, obwohl oft als langweilig verschrien, immer noch als sichere und damit attraktive Anlage. Die deutsche Regierung kann darauf vertrauen, dass ihr die weltweite Anlegerschaft bei den Auktionen, auf denen die mit niedrigen Zinsen ausgestatteten Schuldscheine versteigert werden, die Treue hält. Doch bei aller Liebe: So mancher Investor sucht nach Alternativen, weil er zwar nicht an der Bonität des deutschen Staates zweifelt, aber einen Teil seines Vermögens außerhalb des Euros unterbringen möchte. Sicher zeigt der Euro im Verhältnis zum Dollar eine stabile Stärke, doch der Grund ist nicht allein die florierende deutsche Wirtschaft. Klaus Stopp, Chefrentenhändler der Baader Bank an der Börse München, meint: „Die Stärke des Euros basiert vor allem auf der Schwäche des Dollar.“
Stehen in Euroland derzeit die Schulden von Griechen, Iren und Portugiesen im Fokus, kämpfen die Amerikaner mit einer Verschuldung von 14 Billionen Dollar. Ende Mai erreichte der Schuldenstand eine Höhe, die keine weitere Kreditaufnahme mehr erlaubte. Ein Zustand, den Präsident Obama jetzt nutzen kann, um die konservative Opposition zum vierten Mal während seiner Amtszeit zu einer Anhebung der Schuldengrenze zu bewegen. Gelingt das nicht, sind die USA Mitte August zahlungsunfähig. Käme es so weit, wäre die Katastrophe da. Weltweit würden Banken abstürzen und die Finanzsysteme zusammenbrechen. Denn die Gläubiger der USA sitzen überall.
Allein die Chinesen hielten im März dieses Jahres amerikanische Bonds im Wert von rund 1,1 Billionen Dollar. Inzwischen bauen sie ihren Bestand nach und nach ab. Denn auch sie haben die Warnungen der beiden größten amerikanischen Ratingagenturen Standard & Poors sowie Moody’s vernommen. In den vergangenen Monaten forderten sie nacheinander die amerikanische Regierung auf, massiv gegen die Verschuldung vorzugehen, sonst könnte die immer noch gewährte Bestnote AAA für die Bonität in Gefahr sein. Bislang rechnet kaum jemand wirklich mit einem Desaster, doch Obama steht erheblich unter Druck.
Die Ratings der Agenturen
Dabei stehen die Agenturen selber im Feuer der Kritik. So sieht es auch Experte Stopp: „Warnen sie, gelten sie als Spielverderber, tun sie es nicht, gelten sie als verantwortungslos. Zu beneiden sind sie um ihre Rolle derzeit nicht.“ So erklärt sich, dass manche Benotung als nicht besonders gerecht erscheint. Für die Beurteilung eines Emittenten sind sie dennoch unerlässlich. Man muss ihre Bedeutung nur richtig einordnen. Kluge Investoren wissen, dass Ratingnoten mit Vorsicht zu genießen sind. Denn über ein Triple A verfügen etliche Staaten. Auch Frankreich darf sich mit der Bestnote schmücken, obwohl die Wirtschaft nicht so glänzt wie die des östlichen Nachbarn.
In Deutschland brummt die Konjunktur und alle Agenturen werten mit AAA. Manche Investoren halten die Bonität für angeschrammt, weil die Deutschen bei einem Zusammenbruch Griechenlands die Hauptschuldenlast zu tragen hätten. Normalerweise würde sich ein solcher Verdacht sofort auf die Renditen der Staatsanleihen auswirken. Doch für die deutschen Papiere sank sie im Mai von 3,245 auf 2,986 Prozent. Das bedeutet, dass viele Anleger aus den schwankenden Aktienmärkten und unsicheren Anleihen in seriöse deutsche Papiere flüchten und damit ihr Vertrauen beweisen.
Dabei gibt es durchaus Alternativen. Einen Stammplatz unter den seriösen Schuldnern hat nach wie vor die Schweiz. Investoren aus aller Welt stecken ihr Kapital in Schweizer Franken. Dazu gehören nicht nur Steuerflüchtlinge. So müssen zum Beispiel viele Ungarn, die Immobilienkredite in Franken aufgenommen haben, weil die Zinsen so niedrig waren, für ihre Rückzahlungen teure Franken kaufen. Denn seit 2007 stieg der Kurs der eidgenössischen Währung. Statt 1,70 Franken zahlen die Eidgenossen heute nur noch 1,21 Franken je Euro. Experten warten darauf, dass er die Grenze von 1,20 erreicht. Dann wird ihrer Meinung nach die schweizerische Bundesbank intervenieren. Denn Tourismus und Export würden unter einem noch teureren Franken sehr leiden.
Fluchtpunkt Schweiz
So stabil die Währung auch ist, die wirtschaftliche Leistung scheint dem nicht zu entsprechen. Der Franken gilt als Fluchtwährung, die bei Krisen irgendwo auf der Welt magisch das flüchtige Kapital anzieht, trotz der niedrigen Zinsen. Die Renditen für Anleihen, die bis 2016 laufen, liegen bei knapp einem Prozent. Dr. Thomas Steinemann, Chefstratege der schweizerischen Vontobel-Gruppe, hält die Stärke des Frankens für gerechtfertigt: „Vor vier Jahren war der Franken eindeutig zu billig. Insofern ist der jetzige Wechselkurs eine Rückkehr zur ’Normalität’.“
Für Anleger jedoch, die zwar nach sicheren Anleihen suchen, aber dennoch Geld verdienen wollen, ist die Schweiz nicht unbedingt die richtige Adresse. Abgesehen von der niedrigen Rendite haben die Eidgenossen ausländischen Investoren noch Steine in den Weg gelegt. So haben beim Kauf Schweizer Papiere Einheimische Vortritt. Ausländer bekommen, was übrig bleibt.
Eher fündig werden Suchende im Norden Europas. Etwas mehr Rendite versprechen die Norweger. Auch sie glänzen mit einem AAA – und das wohl ohne Einschränkung. Dazu Chefrentenhändler Stopp: „Norwegen ist eine Insel der Glückseligkeit.“ Einer der Hauptgründe ist der Ölreichtum des Landes. Die Länderspezialisten der comdirect urteilen: „Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat keine nennenswerten Spuren hinterlassen, die konjunkturelle Entwicklung ist durchaus positiv und der Anstieg des Ölpreises beschert dem Land ein richtiggehendes Konjunkturpaket.“ Norwegen zählt zu den stabilsten Industriestaaten und die Prognosen zeigen auch für die kommenden Monate nach oben.
Musterland Norwegen
Entsprechend stark zeigt sich die norwegische Krone. Damit das so bleibt, hat die Zentralbank in Oslo den Leitzins im Mai von zwei auf 2,25 Prozent erhöht. Da das Land nicht zur Eurozone gehört, kann es unabhängig von der Europäischen Zentralbank (EZB) agieren. Der Leitzins der EZB liegt derzeit noch bei 1,25 Prozent. Eine Erhöhung auf 1,5 Prozent wird es wohl erst im Juli geben.
So liegen die Renditen deutscher Anleihen mit vier Jahren Laufzeit bei 1,9 Prozent und die der Norweger bei 2,6 Prozent. Allerdings gibt es die Nordlichter nicht so häufig auf dem Kaufzettel, da das Land kaum Schulden macht. Hin und wieder nutzen aber deutsche Unternehmen wie Daimler oder auch die Förderbank von Nordrhein-Westfalen die Beliebtheit dieser Währung und emittieren Anleihen in norwegischen Kronen. So bietet die NRW-Bank (AAA) eine Kronen-Anleihe mit einer Rendite von 3,20 Prozent und einer Laufzeit bis Mai 2013. Das Währungsrisiko dürfte überschaubar bleiben. Die Krone ist zwar sehr stark gegenüber dem Euro, doch die Experten der Deutschen Bank erwarten einen weiteren Anstieg in diesem Jahr.
Mit sehr positiven Ergebnissen können die Schweden aufwarten. Sie wirtschaften so gut, dass im nächsten Jahr die Staatsverschuldung auf 27 Prozent fallen soll. (In Deutschland beträgt sie aktuell 73,4 Prozent.) Die Schätzung für das Wachstum liegt bei fünf Prozent. Außerdem müssen sie sich nicht mit den Lasten der Griechen herumärgern. Zehnjährige Anleihen aus Stockholm rentieren derzeit mit 2,9 Prozent.
Außerhalb Europas prunken Länder wie Australien, Singapur oder Neuseeland mit einem Triple A. Vor allem Australien steht dank des Rohstoffreichtums auf einer soliden wirtschaftlichen Basis. Es fördert Erze, Diamanten, Gold und Uran, die es in die prosperierenden Schwellenländer exportiert. Allerdings gilt der australische Dollar schon als ziemlich hoch bewertet. Für nur leicht überbewertet halten Experten zurzeit den neuseeländischen Dollar. Die Anleihen des Inselstaates rentieren mit knapp fünf Prozent.
Für Anleger, die sich aus dem Euroraum herausbewegen, bergen die fremden Währungen automatisch Risiken, besonders wenn sie schon ziemlich hoch bewertet sind wie zum Beispiel der Schweizer Franken. Eine Abwertung bringt Verluste mit sich, die durch eine Kurssteigerung der Anleihe und durch eine gute Verzinsung erst einmal aufgefangen werden muss. Um die Risiken möglichst klein zu halten, empfiehlt es sich, Papiere mit einer Laufzeit von zwei Jahren zu kaufen. Zinserhöhungen lassen sich in dieser Zeit zwar auch nicht ausschließen, treffen aber nicht so stark.
Marlene EndruweitWirtschaftsjournalistinm.endruweit@netcologne.de