Der Weg einer Watterolle

Entsorgung von Abfällen aus Zahnarztpraxen

Grüne, gelbe oder graue Tonne? Oder gar die rote mit dem Schloss? Diese Frage stellen sich Mitarbeiter aus Zahnarztpraxen immer wieder aufs Neue. Denn es ist nicht einfach zu entscheiden, ob die Watterolle, die eben noch dazu diente, die Wange des Patienten abzuhalten und das Arbeitsfeld zu trocknen, als Hausmüll oder als Sondermüll entsorgt werden muss. Dieses Thema ist schwierig, bis man es einmal durchschaut hat, dann ist alles (fast) ganz einfach. Die zm haben sich mit der Abfallentsorgung beschäftigt, einen der wenigen „Entsorger“ in Deutschland besucht und ihm in die Mülltonnen geschaut.

„Abfälle aus zahnärztlichen Praxen sind sehr unterschiedlich“, erklärt Carola Pohl, Leiterin Marketing und Vertrieb der Firma „enretec“ in Velten, einem kleinen Ort vor den Toren Berlins. Sie hat uns Einblick in ihre „heiligen Hallen“ gewährt und zeigt, was sich aus den Mülleimern der Praxen noch alles verwerten lässt. Und vor allem, wie das geschieht.

Einmal quer durch den Praxismüll

Im Laufe eines Arbeitstages fallen in Zahnarztpraxen zahlreiche unterschiedliche Abfälle an. Das beginnt bei Pappe, Papier, Glas, Kunststoff und Metall und mehr wie Altmedikamente, Batterien und Leuchtstoffröhren, die ja schon im Privathaushalt einen gesonderten Entsorgungsweg nehmen müssen. Für all diese Gegenstände gelten die kommunalen Bestimmungen – also blaue, gelbe, braune oder schwarze Tonne, je nach Gegend unterschiedlich.

Bei der zahnärztlichen Behandlung selbst fallen aber noch eine Menge anderer Stoffe zusätzlich an. Da ist der Kleiderschutz, der an einer Schnur dem Patienten um den Hals gelegt wird, sowie mit Speichel kontaminierte Watterollen, -pellets, Verbandsmaterial, Wischtücher und Lösungen zum Desinfizieren von Flächen, Instrumenten und Zahnersatz (diese enthalten Tenside). Aber auch Abfälle von Zahnfüll-Materialen aller Art und Genese. Nicht zu vergessen sind Abdruckmaterialien sowie deren Überstände, die – ohne in den Patientenmund zu gelangen – gleich in den Abfall wandern. Noch zu erwähnen sind extrahierte Zähne, möglicherweise Knochenmaterial, alte Röntgenfilme (enthalten Silber), Bleifolien, und natürlich Fixier- und Entwicklungslösungen, sollte noch nicht ausschließlich digital geröntgt werden. Ganz zu schweigen vom Abwasser, das beim Absaugen und der Kühlung beim Bohren anfällt, oder aus dem Speibecken, was alles dementsprechend mit Blut, Bakterien und mehr kontaminiert ist. Und natürlich alle Einwegkleidung, Einmal-Geräte wie Sauger, Spritzen, Medikamentenreste, Filtersiebe aus Behandlungseinheiten und vieles mehr. Altöle, etwa aus den Kompressoren, müssen gesondert behandelt und entsorgt werden.

Immer noch ist Amalgam (A), eine Legierung mit einem hohen Anteil Quecksilber (Hg) sowie Silber (Ag) und Zinn (Sn), ein brisantes Thema für die Entsorgung. Amalgam wird zwar in immer weniger Praxen verwendet, fällt aber gelegentlich beim Herausbohren einer alten Füllung oder eben beim Befüllen einer neuen Kavität mit Amalgam doch noch an. Dann entstehen Rückstände beispielsweise als Knet- und Stopfreste, als Kapseln mit Amalgam-Anhaftungen oder auch als A-Füllung in extrahierten Zähnen. In diese Gruppe gehören natürlich auch die Reste aus den seit 1989 vorgeschriebenen Amalgamabscheidern. Sie müssen je nach Typ alle sechs bis zwölf Monate ausgetauscht werden. Denn Hg im Abwasser kann in höheren Konzentrationen zu erheblichen Problemen in der Kläranlage führen und der Klärschlamm kann aufgrund seiner hohen Belastung nicht mehr als Dünger in der Landwirtschaft genutzt werden.

Der Amalgamabscheider muss zudem alle fünf Jahre überprüft werden. Das ist bundesweit einheitlich vorgeschrieben. Trotzdem schwebt das Thema Amalgamabscheider immer noch in einer sogenannten Grauzone, denn nur die Bundesländer Hessen, Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Thüringen haben die Abscheider-Überprüfung von einem ausgewiesenen Sachverständigen inzwischen verbindlich vorgeschrieben. Bei Unregelmäßigkeiten in diesem Sektor droht sogar die Schließung der Praxis.

Alle A-haltigen Abfälle fallen unter die Rubrik „gefährlich“ und müssen gesondert entsorgt werden. Meistens nehmen die Hersteller oder die Dental-Depots (Dentalfachhändler) diese zurück und geben sie von sich aus an den Entsorger weiter.

Ein weiterer Sonderfall sind die Filtersiebe, die unter dem Speibecken eingebaut sind. Sie dürfen nicht abgespült werden, denn dann könnte die Amalgamschlacke in das Abwasser gelangen. Wer sich diese Siebe einmal genauer angeschaut hat, erkennt, dass sie mit einem grausilbrigen Schlamm überzogen sind. Deshalb müssen sie in wöchentlichen Abständen gewechselt und dem Sondermüll zugeführt werden. Das ist preislich nicht unerheblich, kostet so ein Sieb doch um die drei Euro. Wenn man das für jeden Stuhl in der Praxis berechnet, summiert sich die „Sicherheit“ schon, aber man steht damit auf der legalen Seite in Sachen Qualitätssicherung.

Und dann sind da noch die leere Milchtüte, der volle Kaffeefilter und der Rest der Butterstulle aus der Mittagspause, um nur einiges zu nennen. Dies alles gilt es nun zu sortieren. Und zwar so, wie der Gesetzgeber es vorsieht.

An dieser Stelle beginnt das Dilemma, denn im deutschen Föderal-Staat ist das unter Umständen in den einzelnen Bundesländern völlig unterschiedlich geregelt. Schon in Berlin gibt es Stadtteile oder gar Straßenseiten, wo die Watterolle – bleiben wir doch einfach bei diesem Bild – in eine andere Tonne muss als auf der Seite gegenüber. Grund hierfür: Der Abfall geht in eine andere Entsorgungsanlage.

Aufgabe des Praxisinhabers

Generell gilt: Der Praxisinhaber muss alle für seine Praxis notwendigen Maßnahmen zur geregelten Abfallentsorgung in einem Hygieneplan festhalten, sein Personal regelmäßig schulen und am besten einen Mitarbeiter als verantwortlichen Ansprechpartner benennen. Alle Maßnahmen müssen dokumentiert werden und zwar so, dass er jederzeit bei Nachfrage „Rede und Antwort“ stehen kann, sprich auch Einzelheiten nachweisen kann (gemäß § 50 Abs. 1 Kreislaufgesetz).

Wichtig hierbei: Der Abfallerzeuger haftet bis zur vollständigen Entsorgung seiner Abfälle. Das verpflichtet ihn, sich um einen zuverlässigen Transport – möglichst über einen speziell zertifizierten Entsorger – zu kümmern. Doch das weiß nicht jeder, wie Pohl berichtet. „Wir haben auch schon mal einen Kanister erhalten, der durch die Bewegung des Transports Gase entwickelte. Der Kanister verformte sich, wir konnten gerade noch ein Platzen verhindern!“ Der Grund: Wahrscheinlich seien verschiedene Lösungen zusammengekippt worden, die durch die Bewegung eine chemische Reaktion eingegangen sind. „Das sind aber Einzelfälle.“

Entsorgung leicht gemacht

Die Abfallverzeichnis-Verordnung unterteilt Abfälle von zahnmedizinischen Praxen in gefährliche und nicht gefährliche Abfälle. Die gefährlichen Stoffe sind grundsätzlich einer gesonderten Entsorgung zuzuführen. In Deutschland sind nur zwei gängige Entsorgungswege üblich. Entweder der Praxisinhaber nutzt das Rücknahmesystem seines Dentaldepots, das ihm spezielle Sammelgefäße nach Bedarf der Praxis zur Verfügung stellt, oder er hat sich vertraglich direkt mit einem Entsorgerbetrieb – möglichst in seiner Nähe – zusammengetan, der ihm eine auf seine Praxis zugeschnittene Individuallösung anbietet und die Abholung selbst vornimmt.

Wie wir in Velten erfahren, werden gefährliche und nicht gefährliche Abfälle aus ganz Deutschland gesammelt und mit Kleintransportern hierher, in den Norden Berlins gebracht.

Dieser Entsorgungsbetrieb ist von außen als solcher nicht ohne Weiteres zu erkennen. Firmeneigene Lieferwagen stehen auf dem Hof, große Rolltore dienen der Sicherheit gegen fremden Zugriff.

Bei einem „Entsorger“ hatte ich zumindest Müllgeruch erwartet, aber: Fehlanzeige! Es riecht nach nichts. Das moderne Gebäude ist freundlich, 25 Mitarbeiter sortieren, füllen um und bereiten für die weitere Verwertung vor, was in deutschen Zahnarztpraxen so an- und abfällt.

Stapelweise Behälter, fest verschlossen, mit exakt beschrifteten Aufklebern mit Strichcode. Alles nach Inhalt sortiert. Jede „Sorte“ Abfall hat ihre genaue Bestimmung. So stehe ich nun vor einer Ansammlung hoher weißer Schraubgläser aus Plastik, die unzählige Zähne beinhalten. Zum Teil kann man noch die großen kariösen Stellen erkennen, die ihren Besitzer dazu veranlasst haben, den Zahnarzt aufzusuchen. Schön sind sie nicht, die alten Peiniger, haben sie doch einstmals dem ehemaligen Besitzer sicherlich starke Schmerzen bereitet. „Bei uns finden sie nochmals Verwendung“, so Pohl. „Zähne, die eine Amalgam-Füllung enthalten, werden aussortiert und der gesonderten Verwertung zugeführt“, erklärt sie. Was man mit anderen Ex-Zähnen macht? Manchmal werden sie noch zu Forschungszwecken verwendet, falls Untersuchungen an menschlichem Zahnmaterial vonnöten sind. Dann erfahren sie vorher weitere Reinigungsvorgänge, damit auch die letzten Gewebereste des früheren Eigentümers vernichtet sind.

Ist an die Zahnarztpraxis ein eigenes Dentallabor angeschlossen, so entstehen dort üblicherweise weitere Sonderabfälle, die in geeigneten Gefäßen gesammelt und sachgemäß entsorgt werden müssen. Als Sondermüll fallen dann Ultraschallreinigungsbäder mit schädlichen, säurehaltigen Chemikalien, nicht ausgehärtete Kunststoffrestbestände mit Methylmethacrylat, Entfettungs- und Aktivierungsbäder sowie verbrauchte Glanzbäder an. Aber auch verbrauchtes Neacid (ein Beizmittel), Flusssäure, andere Säuren und Laugen sowie Galvanobäder gehören auf die Liste der gefährlichen Stoffe, die einzeln gesammelt und der Entsorger-Firma übergeben werden müssen. So hat zum Beispiel jeder Abfall einen eindeutigen, europäischen Nummernschlüssel.

Inzwischen ist ein kleiner weißer Lieferwagen vorgefahren, denn ein Fahrer hat bereits die in verschiedenen Behältnissen gesammelten Abfälle einer Praxis abgeholt und noch direkt vor Ort den Entsorgungsbeleg (Übernahmeschein) ausgestellt.

Anders erfolgt dies bei den Rücknahmesystemen der Dental-Depots. Hier wird der Abfall erst beim Entsorger direkt im Computer dokumentiert, indem die Behälter gescannt, verwogen und dokumentiert werden. Dann wird der Entsorgungsbeleg erstellt und dem Kunden per Post zugeschickt. Dieser Nachweis muss in beiden Fällen mindestens drei Jahre aufbewahrt werden. Noch besser aber ist eine Archivierung von fünf Jahren zu empfehlen.

Ist das erledigt, geht es ans Ausleeren. Gluckernd verschwindet die Flüssigkeit im Ausguss. Was hier hereingekippt wird, wird in einer Tankanlage gesammelt. „Bei der Behandlung mit A-Abfällen wird hier mit geschlossenen Kreisläufen gearbeitet“, sagt Pohl. Eine umfangreiche Abwasserbehandlungsanlage ist angeschlossen.

Auch Flüssigkeiten aus Röntgen-Prozessen gehen in spezielle Aufbewahrungstanks. Sind diese voll, kommt ein großer Tanklaster der „EMV GmbH“, einem Spezialisten für die Sonderverwertung von Foto-Chemikalien. Bei ihm werden die Silberbestandteile durch ein relativ einfaches Elektrolyseverfahren rückgewonnen. Gleichzeitig fällt aus den Resten der Fotochemikalien Stickstoff (N

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) an. Dieser wird dann in einem umfangreichen Prozess zu Kontranox

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verarbeitet, einem patentierten Produkt, das bei Verbrennungsprozessen verwendet wird, um die entstehenden gefährlichen Stickoxide zu neutralisieren. Durch all diese nachgeschalteten Prozesse ist dann ein 100-prozentiges Recycling erfolgt!

An der Station zur Amalgam-Entsorgung wird es geheimnisvoll. Die Behälter aus den Abscheide-Systemen werden mithilfe von eigens konstruierten Maschinen geöffnet. Hierzu werden sie eingespannt, von einem rotierenden Messer in der Mitte aufgetrennt, dann von einer Mitarbeiterin ausgekippt und schließlich werden die Einzelteile in gesonderten Behältern gesammelt. Dieser Schlamm wird noch hier im Hause entwässert. Sobald der Schlamm getrocknet ist, wird er in einen Spezialbetrieb transportiert, der darauf ausgerichtet ist, Quecksilber rückzugewinnen. Ist Hg dann entzogen, werden in einer nachgeschalteten Scheideanstalt die anderen Legierungsreste wie unter anderem Silber zurückgewonnen.

Arbeitsschutz wird bei diesen Tätigkeiten groß geschrieben. Alle Mitarbeiter, die wir bei unserem Rundgang sehen, tragen eine für ihre Arbeitsabläufe vorgeschriebene Schutzkleidung. Viele Prozesse laufen rein maschinell, einige aber werden doch noch manuell durchgeführt oder zumindest überwacht. So zum Beispiel die Reinigungsmaschine für alle Abfallbehälter, bei denen hartnäckige Anhaftungen gelöst werden müssen.

Ein viereckiger großer Kasten hat rechts und links zwei große Löcher, an denen große Gummihandschuhe hängen, die auch die Unter- und die Oberarme schützen sollen. Die Gefäße werden in ein speziell konstruiertes Sieb gesetzt, unter Hochdruck wird Wasser nebst Reinigungslösung in die Gefäße gesprüht. Der „behandschuhte“ Mitarbeiter führt dabei die Gefäße so, dass die Reinigungsbürsten auch in die letzte Ecke gelangen. Einsicht in diesen Prozess erhält er über ein großes Sichtfenster. Ist alles schön sauber, wird getrocknet. Dann werden die Gefäße sortiert, wieder neu beschriftet und den Praxen zur neuen Verwendung zur Verfügung gestellt. Der Zyklus beginnt aufs Neue.

Spezialisiert auf den Müll von anderen

Der Betrieb in Velten gilt als zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb und kann auf über 27 Jahre Erfahrung in der Entsorgung von dental-medizinischen Abfällen zurückblicken. Transparenz, Qualität und Rechtssicherheit werden groß geschrieben und regelmäßige Überprüfungen und Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001 und 14001 sowie EMAS III gehören zum Standard.

Doch dieser Betrieb ist längst nicht der einzige in Deutschland. Etwas „jünger“ im Markt ist ein vergleichbarer Entsorgungsbetrieb in Bielefeld. Seit 25 Jahren arbeitet die Firma „Medentex“ dort umweltfreundlich und entsorgt Abfälle von inzwischen rund 50 000 Praxen aus Europa und den USA. Die Firma wirbt mit Umweltfreundlichkeit, arbeitet nach eigenen Aussagen mit Strom aus eigens auf dem Gelände installierter Photovoltaik-Anlage und wirbt mit geschlossenen Wasserkreisläufen während der Entsorgungs- und Wiederaufbereitungsprozesse. Ein Verfahren, das auch in Velten erfolgreich praktiziert wird.

Medentex bietet ebenso wie enretec individuelle, auf die Bedürfnisse der einzelnen Praxis zugeschnittene Konzepte an. In Reutlingen seit etwa 20 Jahren zu Hause ist die Firma Herter, ein von der DEKRA zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb rund um die Verwertung und Beseitigung von Fixierbädern, Entwicklern, Altfilmen, Amalgam- und weiteren Problemabfällen. Das Einzugsgebiet umfasst ganz Baden-Württemberg und seit rund 15 Jahren besteht ein Entsorgungs-Rahmenvertrag mit der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg für die Zahnarztpraxen im Land. Was ausgesprochen sinnvoll ist, handelt es sich doch um eine relativ regionale Entsorgungsmöglichkeit ohne aufwendige Transporte. Das spart Wege, also auch Benzin, und hält auch die Preise stabil. Die „Herter Recycling GmbH“ ist jedoch nicht ausschließlich auf Zahnarztpraxen ausgerichtet. So sorgt die Firma auch dafür, dass Firmen wie die Daimler AG, Bosch und BASF – das sind nur einige bekannte von etwa 4 000 Kunden insgesamt, unter ihnen viele Druckereien und Werbegrafikbetriebe – sich auf eine sachgerechte Entsorgung ihres „Abfalls“ verlassen können.

In Essen ansässig ist die „RWTÜV GmbH“, ein Unternehmen, das aus vielen Bereichen wie auch Finanzierungssparten, Immobilien und mehr besteht. Die dazugehörige „RWTÜV Enviro GmbH“ ist ein zertifiziertes Entsorgungsunternehmen, das sich auf Zahnarzt- und Röntgenpraxen spezialisiert hat. Die Dienstleistungen konzentrieren sich auf die Entsorgung von Fotochemikalien aus dem Röntgenbereich, auf die Verwertung und Entsorgung von Abfällen aus Zahnarztpraxen, hier besonders Amalgam. Aber auch andere Reststoffe etwa aus der kosmetischen Industrie werden hier in Essen sachgemäß beseitigt beziehungsweise recycelt. Übrigens kümmert man sich hier auch um die Entsorgung von sensiblen Akten und Dokumenten entsprechend dem aktuellen Datenschutzgesetz.

Für die Remondisgruppe, die vorwiegend Gemeinden und ganze Kreise „entsorgt“, sind Abfälle aus Zahnarztpraxen nur „Peanuts“, wie eine Dame der Firmengruppe am Telefon erklärt. Ausgerichtet ist das Unternehmen mit Hauptsitz in Lünen und bundesweit flächendeckenden Filialen auf die Entsorgung von Müll und Abwasser von etwa 20 Millionen Bürgern bundesweit.

Welchen Entsorger ein Praxisinhaber letztendlich für sich wählt, das entscheiden seine regionale Lage, seine Abfallmengen und natürlich auch das Angebot im Wettbewerb.

Vorsicht Nadelstiche

Seit dem 1. August 2007 dürfen nur noch sogenannte „sichere Arbeitsgeräte“ verwendet werden. Diese sollen konstruktiv die Möglichkeit einer Verletzung des medizinischen und zahnmedizinischen Personals verhindern helfen. Wie das im Einzelnen durchzuführen ist, sollte in der Praxis in einer entsprechenden Arbeitsanweisung genau beschrieben und geübt werden – und die regelmäßigen Unterweisungen des Personals müssen dokumentiert werden. Spezielle Abfallbehälter, mit deren Hilfe man – auch einhändig – die Kanüle sicher vom Spritzenkolben abstreifen und damit „stichsicher“ entsorgen kann, gibt es viele.

Nur wenn die regionale Müllabfuhr den Hausmüll einer Verbrennungsanlage zuführt, dürfen diese geschlossenen Kanülen-Behälter in den Hausmüll. Sicherzustellen ist dabei aber, dass sie zum Beispiel von spielenden Kindern nicht aus der Tonne geholt werden. Mancher Zahnarzt hat daher eine Tonne mit Schloss angeschafft, die erst von der Müllabfuhr geöffnet wird. Einige Müllunternehmer stellen den Praxen auch gesonderte Tonnen zur Verfügung, wie zum Beispiel „APM“ in Niemegk, „KAEV“ in der Niederlausitz oder auch „Alba“ in Ostbrandenburg, um nur einige zu nennen.

An nicht-spitze Abfälle, die mit Blut, Sekreten oder Exkreten kontaminiert sind, werden aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt. Also auch nicht an unsere Watterolle. Alles dies muss in einen reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und sicher verschließbaren Foliensack verpackt werden und darf – möglichst erst kurz vor der Abholung – in die Restmülltonne. Ebenso wie die angesprochenen scharfen und spitzen Gegenstände. Allerdings gilt dieses in beiden Fällen nur, wenn der Restmüll auf direktem Weg in eine Verbrennungsanlage kommt.

Abfälle, die mit besonders infektiösen oder gefährlichen Erregern kontaminiert sind (wie mit denen des hämorrhagischen Fiebers, der offenen Tuberkulose oder von Milzbrand) fallen normalerweise in der Zahnarztpraxis nicht an. Sollte dies doch der Fall sein, gilt für sie der Abfallschlüssel (AS) 180103, das heißt, sie erfahren eine gesonderte Entsorgung. Entweder müssen sie vor der Entsorgung desinfiziert werden (Verfahren nach dem Wirkungsbereich ABC) oder in geeigneten, dichten, fest verschlossenen Behältnissen mit dem Biohazard-Symbol gesammelt und der Verbrennung in einer zugelassenen Anlage zugeführt werden. Kontaminierte trockene Abfälle aus Einzelfallbehandlungen entsprechend erkrankter Patienten (AIDS, Virushepatitis) wie auch kontaminierte Tupfer, OP-Abdeckungen oder Watterollen sind hiermit nicht gemeint und fallen nicht unter die Anforderungen dieses Entsorgungsschlüssels.

Zu beachten ist: Die Dokumentationspflicht ist selbstverständlich. Klar ist auch, dass bei allen Maßnahmen dieser Art die Richtlinie vom Robert Koch-Institut (RKI-Richtlinie) „Anforderungen an die Hygiene in der Zahnarztpraxis“ Umsetzung finden muss.

Wichtig ist eines: Kein Praxisinhaber sollte sich auf eine selbst geplante Entsorgung einlassen. Denn er ist immer auf der sicheren Seite, wenn er mit einem zertifizierten Unternehmen zusammenarbeitet und auch sein Dentaldepot mit einbezieht. Tipp: bei einer Neugründung Rücksprache mit der zuständigen Zahnärztekammer halten, die die regionalen Verhältnisse kennt. Auch ein Anruf bei dem kommunalen Entsorger ist sinnvoll, um unnötige Fehler bei der Entsorgung zu vermeiden.

Wenn alle im Entsorger-Betrieb angelieferten Abfälle entsprechend ihrer Bestimmung beseitigt oder der Rückgewinnung zugeführt sind, die Gefäße nach Vorschrift gesäubert, die Boxen neu beschriftet und alle Schritte vorschriftsmäßig dokumentiert sind, steht alles für die Wiederverteilung bereit. Nun wartet schon der Fahrer des Lieferwagens, um die für die Praxis X speziell zusammengestellten Entsorgungsboxen in die Praxis zu fahren. Dort werden sie an den vom Praxisinhaber vorgeschriebenen Stellen aufgestellt, damit nicht nur die benutzte Watterolle, sondern auch alle anderen speziell zu entsorgenden Abfälle regelmäßig den Weg in die richtige Tonne beziehungsweise verschlossenen Behälter finden – und nicht mit dem Joghurtbecher in den Hausmüll wandern. sp

INFO

Hygienerichtlinie

• Der Musterhygieneplan der BZÄK sowie die Hygieneempfehlung des Robert Koch-Instituts lassen sich auf der Homepage der BZÄK herunterladen.

www.bzaek.de/service/oav10/artikel.asp?Inr=665

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