Lernen von den Besten
„Wie kann man die gesetzlichen Vor-gaben zur Qualitätssicherung in der Praxis pragmatisch umsetzen, ohne Machbarkeits- und Sinnhaftigkeits- grenzen zu überschreiten – und ohne zu resignieren?“ Mit dieser Eingangsfrage leitete der Vorstandsvorsitzende der KZV Westfalen-Lippe, Dr. Bernhard Reilmann, die Veranstaltung ein.
Er betonte, nur durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema könne das Bewusstsein der Vertragszahnärzte geschärft werden und die Implementierung qualitätssichernder Maßnahmen in die Abläufe der Zahnarztpraxis mit begrenztem Dokumentationsaufwand und unter Berücksichtigung des Datenschutzes gelingen.
Hohe Standards
Über Qualitätssicherung in der Füllungstherapie referierte Prof. Dr. Detlef Heidemann, Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und des Zentrums der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Frankfurt am Main. Die bei klinischen Studien international üblichen Kriterien zur Bewertung des Erfolgs einer füllungstherapeutischen Maßnahme seien laut Heidemann als Indikatoren der Qualitätssicherung nicht geeignet. Der Perspektive der klinischen Forschung stellte er die Perspektive der Evidenzbasierten Medizin (EbM) gegenüber. Anhand der methodischen Grundlagen der Entwicklung erläuterte er den hohen Standard der von der „Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften“ (AWMF) entwickelten medizinischen Leit- linien. Im individuellen Patientenfall seien diese Empfehlungen – neben dem Patientenwillen und der klinischen Erfahrung des Behandlers – nur ein Faktor für den Behandlungserfolg. Mit einer sachlichen Begründung könne man davon auch abweichen.
Aktuelle Studienlage
Okklusale Risikomarker seien ein Faktor in der multifaktoriellen Genese Craniomandibulärer Dysfunktionen (CMD), erklärte Prof. Dr. Olaf Bernhardt, Spezialist für zahnärzt- liche Funktionsdiagnostik und -therapie und Oberarzt der Poliklinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Endodontologie der Universität Greifswald. Er betonte, dass im Rahmen der CMD-Diagnostik der vom Patienten angegebene Schmerz leitend sein sollte. Anhand der wissenschaftlichen Studienlage zeigte er Konsequenzen für die Verfahren zur Funktionsdiagnostik und -therapie auf. Insbesondere der Paradigmenwechsel in der Gnathologie von irreversiblen hin zu reversiblen okklusalen Therapiemaßnahmen sei deutlich.
Aus den epidemiologischen Daten der Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS IV) leitete Prof. Benjamin Ehmke, Direktor der Poliklinik für Parodontologie am Universitätsklinikum Münster, klinische Aspekte für die Qualitätssicherung in der zahnmedizinischen Prävention ab. Er ordnete die verschiedenen Maßnahmen in den Kontext der Primär- und Sekundärprävention ein. Die Funktion des Fluorids bei der Kariesprävention beleuchtete Ehmke sowohl auf der molekularen als auch auf der Systemebene.
Hygienische Maßnahmen
Die frisch promovierte letzte Referentin, Dr. Katja Winner, Münster, präsentierte das Thema ihrer Dissertation, die Nosokomialen Infektionen. Sie stellte die Relevanz für die zahnärztliche Praxis dar. Internationale Publikationen deuteten Winner zufolge darauf hin, dass eine Nosokomiale Infektion, hervorgerufen durch MRSA-Keime, nach einem zahnärztlichen Eingriff ein extrem seltenes Ereignis sei. Die konsequente Einhaltung der hygienischen Standardmaßnahmen in der Zahnarztpraxis sei ein unkompliziertes, aber sehr wirkungsvolles Mittel, um eine Übertragung zu verhindern. Hierbei stelle die hygienische Händedesinfektion die effektivste Maßnahme dar. Ihr Fazit: Die ambulante Zahnmedizin ist kein Reservoir für MRSA-Keime.
Dr. Jörg Beck MHAStellvertretender Leiter der Abteilung „Qualitätsförderung“ der KZBVBehrenstr. 4210117 Berlin