Start für die Befragung zu Zahnärzten
Bei der Patientenorientierung im Gesundheitswesen spielen Arztbewertungsportale eine immer größere Rolle. Derzeit existieren rund 20 Anbieter von unterschiedlicher Qualität auf dem Markt, darunter viele kommerzielle Portale. Die Ärzteschaft zeigte sich bisher verhalten bis kritisch. Inzwischen ist die Betrachtungsweise etwas differenzierter. So wurde kürzlich auf der Tagung „Ethik und Web 2.0“ in Hannover deutlich, dass Bewertungsportale auch für Ärzte eine Chance bieten, sie kommen bei den Befragungen oft mit Bestnoten weg (siehe Ärzte-Zeitung vom 15.1.2012). Fest steht, dass das Interesse an Such- und Bewertungsportalen beim Patienten groß ist, Bedarf besteht bei der Suche nach objektiven und verlässlichen Informationen.
Auch die zahnärztliche Berufspolitik hat sich mit diesen Aspekten auseinandergesetzt, BZÄK und KZBV mahnen zu einem differenzierten Umgang mit dem Thema. So haben die BZÄK und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) bereits 2011 mit der Bundesärztekammer und der KBV Qualitätskriterien für Zahnarztbewertungsportale erarbeitet und veröffentlicht. Die KZBV ist seit Kurzem Mitherausgeber.
Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, fordert, dass sich die Anbieter bewusst mit den Qualitätsanforderungen auseinandersetzen und deren Bedeutung für eine unbeeinflusste, seriöse Patienteninformation erkennen. „Vor der Frage, wo finde ich einen guten Arzt, steht heute oft die Frage: Wie finde ich ein verlässliches Portal?“
Qualitätskriterien
Der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz warnt vor Risiken wie Ärzterankings, kommerziellen Interessen und der Steuerung von Patientenströmen. Was Aussagen zur Qualität betrifft, würden Arztbewertungsportale eher subjektive Faktoren als harte Fakten liefern. Insofern könnten sie zwar einen wichtigen Impuls für die Qualitätssicherung liefern. QS sei aber zuallererst eine innerprofessionelle Aufgabe und könne nicht über Patientenbefragungen gelöst werden.
Einen positiven Ansatz sehen BZÄK und KZBV in dem Projekt Weisse Liste, getragen von der Bertelsmann-Stiftung und den Dachverbänden der Patienten- und Verbraucherorganisationen, der AOK, der Barmer GEK und der TK. Seit Mai 2011 ist die bundesweite Internet-Arztsuche online, mittlerweile mit einer Gesamtreichweite von rund 40 Millionen Versicherten. Zentrale Grundlage für die Suche sind die Erfahrungen von Patienten. Die Anbieter wollen eine nichtkommerzielle Arztsuche neuer Qualität etablieren, heißt es bei den Trägern.
Seit dem 24.2. (dazu gab es in Berlin eine Pressekonferenz) ist jetzt auch der Start frei für die Such- und Bewertungsfunktion von Zahnärzten. Der Zahnarzt-Fragebogen ist nach wissenschaftlichen Standards konzipiert worden und beruht auf den Qualitätskriterien von ÄZQ und BZÄK. Die Umsetzung erfolgte durch das IGES-Institut. In einer Pretest-Phase wurde eine gründliche Erprobung vorgenommen.
Der Fragebogen umfasst 40 Fragen zu den Themenbereichen Praxis und Personal, Arztkommunikation, Behandlung und Gesamteindruck. Er trägt den Spezifika der zahnärztlichen Behandlungssituation Rechnung. Gefragt wird unter anderem nach der Zuwendung, speziellen Belangen bei der Kinderbehandlung, der Vermittlung von Diagnosen und Behandlungen, der Prophylaxe-Beratung und der Sensibilität im Umgang. Angesichts der Besonderheit des Festzuschusssystems im zahnärztlichen Bereich spielen auch Aspekte der Kostentransparenz und -sicherheit eine Rolle. Kriterien des Fragebogens sind beispielsweise:
• Das Praxispersonal geht auf ängstliche Patienten beruhigend ein.
• Vor der Behandlung erkundigt sich der Zahnarzt in Ruhe nach meinem Anliegen.
• Der Zahnarzt reagiert sofort auf meine Signale und unterbricht die Behandlung, wenn mir etwas unangenehm ist.
• Am Empfang wird mit finanziellen Angelegenheiten diskret umgegangen.
• Wenn Kosten anfallen, die ich aus eigener Tasche zu zahlen habe, werde ich rechtzeitig vor der Behandlung darauf hingewiesen.
• Kostenpläne und Kostenvoranschläge der Praxis sind verlässlich.
• Manchmal fühle ich mich bedrängt, zusätzliche Leistungen, die meine Krankenkasse nicht erstattet, in Anspruch zu nehmen und selbst zu zahlen.
Für den KZBV-Vorsitzenden Fedderwitz ist es wichtig, bei der Befragung die zahnärztliche Wirklichkeit in der Praxis und die Behandlungssituation wiederzugeben. Das betreffe besonders Aspekte der finanziellen Eigen-beteiligung der Patienten. Hier dürfe es keine verzerrten Darstellungen geben.
An der Befragung können nur registrierte Versicherte teilnehmen, die Registrierung erfolgt über das Portal der jeweiligen Krankenkasse per Versicherungsnummer. Mindestens zehn Patientenbeurteilungen pro Zahnarzt sind erforderlich. So sollen verzerrende Einzelmeinungen ausgeschlossen werden. Auf Freitexte wird verzichtet, um unsachgemäße Kritik und Diffamierungen zu verhindern. Die Plattform ist kostenfrei, komplett werbefrei und der Schutz per- sonenbezogener Daten ist gewährleistet. Zahnärzte haben die Möglichkeit, ihre Befragungsergebnisse auf der Webseite sichtbar zu kommunizieren, sie können Fotos ihrer Praxis hochladen und sich über eingehende Beurteilungen informieren lassen. Ein systematisiertes Patienten-Feedback ist möglich, ebenso können die Ergebnisse mit denen anderer Zahnärzte verglichen werden. Quelle des Eintrags und der Praxisangaben (wie etwa Adresse, Kontakt, Fachgebiet, Sprechzeiten) ist das Adressverzeichnis der Stiftung Gesundheit.
Kritische Begleitung
Die BZÄK hat auf Bitte der Projektbeteiligten die Entwicklung des spezifisch zahnärztlichen Befragungsinstruments kritisch begleitet. Im Auftrag der BZÄK wurde die Landeszahnärztekammer Thüringen in die Ausarbeitung des Fragenkatalogs eingebunden. Die KZBV stellt fest, dass Kooperationspartner des Portals bisher die Versicherten- und Betroffenenseite sei. Es stelle sich die Frage, ob nicht auch die Seite der Leistungserbringer hier kooperieren könnte. Positiv sei zu vermerken, dass die Weisse Liste wohl derzeit das manipulationssicherste Portal sei.
BZÄK-Vize Oesterreich begrüßt die Einbindung zahnmedizinischen Sachverstands. Das Portal helfe, die Fachlichkeit in den Vordergrund zu stellen und Schmähkritik zu verhindern. Jedoch würden bei dem Projekt auch Grenzen deutlich: Das Portal könne und dürfe die freie Patientenentscheidung nicht ersetzen. Die weichen Faktoren eines Bewertungsportals böten zwar einen ersten Ansatz, seien aber letztlich keine entscheidenden Parameter. Die fachliche Kompetenz des Zahnarztes könne der Patient als Laie nicht beurteilen. Aufgabe des Berufsstands sei es, mit einer klaren Wertorientierung Vertrauensarbeit zu leisten. Dr. Andreas Wagner, Präsident der Landeszahnärztekammer Thüringen, ergänzt: „Patienten benötigen für ihre Entscheidungen zuverlässige Informationen. Nur gut informierte Patienten können ihr Recht auf eine freie Arztwahl gezielt nutzen. Insofern stellt die Weisse Liste eine solide Plattform dar. Den besonderen Stellenwert eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnarzt und Patient kann sie jedoch nicht ersetzen. Von den Zahnärzten kann sie im Sinne eines externen Audits zur Qualitätsoptimierung genutzt werden.“
Die Weisse Liste informiert auch über Pflegeheime und hilft bei der Suche von Psychotherapeuten. Geplant ist künftig eine Orientierung bei der Klinikwahl. Ein spezieller Fragebogen über die Beurteilung von Psychotherapeuten ist in Arbeit. pr
INFO
Zugang zur Weissen Liste
Die Weisse Liste ist ein Portal der Bertelsmann Stiftung und der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen. Sie ist Basis für die Online-Angebote von AOK, Barmer GEK und TK, es handelt sich jeweils um dasselbe Portal. Den eigenen Eintrag finden Ärzte, wenn sie die „Suche nach Namen“ nutzen:
• Weisse Liste:www.weisse-liste.de/arzt
• AOK-Arztnavigator:www.aok-arztnavi.de
• BARMER GEK Arztnavi:http://arztnavi.barmer-gek.de
• TK-Ärzteführer:www.tk.de/aerztefuehrer