Kreditsicherheiten

Schutzschirm aufspannen

sg
Wer seine Praxis auf dem aktuellen Stand halten will, muss bisweilen auch investieren. Dies geht oft nicht ohne Kredit. Die Bank verlangt dafür umfangreiche Sicherheiten, die sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzen können.

Nach einem langen Studium und einigen Jahren als Angestellter in einer Praxis denken viele Zahnärzte daran, sich niederzulassen. Als Mittdreißiger wagen sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Die meisten übernehmen eine Praxis, die sie mit einem Kredit finanzieren müssen. Kein (junger) Zahnarzt, der vielleicht eine Familie zu versorgen hat, zahlt die nötigen 250 000 bis 400 000 Euro so nebenbei. Zusätzlich zur Ablösesumme muss er auch eine größere Summe für neue Geräte und die Renovierung einplanen. Sein größtes Kapital sind sein Know-how und seine Arbeitskraft. Das weiß auch die Bank. So sagt Thorsten Werner, Leiter des Kompetenzcenters Heilberufe bei der Hamburger Sparkasse (Haspa): „Bei selbstständigen Ärztinnen und Ärzten liegt die wichtigste Sicherheit in der Kompetenz und Arbeitskraft des Kreditnehmers.“

Doch damit gibt sich kein Institut zufrieden, wenn es sich um einen Arzt handelt, der für die Bank noch ein unbeschriebenes Blatt ist und sein Können zumindest dem Bankberater gegenüber erst noch unter Beweis stellen muss. Die Bank will handfeste Sicherheiten, auf die sie im Fall der Fälle zugreifen kann. Christoph Moschner, Spezialist für Finanzierungen bei der apoBank in Düsseldorf, erklärt: „Wir fordern drei Standardsicherheiten: erstens die Abtretung gegenüber der KZV, zweitens den Abschluss einer Risikolebensversicherung und drittens die Raumsicherungsübereignung.“ Für den Zahnarzt bedeutet das: Je nach Umfang des Kredits muss er dem Darlehensgeber ein Zugriffsrecht auf seine Einkünfte einräumen.

Bank möchte umfangreiche Zugriffsrechte

Kann er die Raten nicht bezahlen, darf sich die Bank bei den Honoraren bedienen. Bei dem etwas sperrigen Begriff Raumsicherungsübereignung geht es darum, dass die Bank im Fall der Zahlungsunfähigkeit den Daumen auf die von ihr finanzierten Investitionen wie zum Beispiel den Behandlungsstuhl oder das Röntgengerät hält. Zusätzlich prüft sie vor Abschluss des Kreditvertrags die bereits vorhandenen Versicherungspolicen ihres Kunden.

Bereits vorhanden sind normalerweise sowohl eine Risikolebens- wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Jeder, der eine Familie hat und Hauptverdiener ist, sollte unbedingt eine Risikolebensversicherung abgeschlossen haben für den Fall, dass er stirbt und die Familie mittellos zurückbleibt. Viele Banken verlangen diese sinnvolle Police auch bei einer Immobilienfinanzierung als Kreditabsicherung.

Dabei schließt der Schuldner eine Lebensversicherung in Höhe der Darlehenssumme ab. Anders als bei einer Kapitallebensversicherung steht hierbei nicht der Vermögensaufbau im Vordergrund, sondern nur das Todesfallrisiko. Dafür zahlt der Versicherte auch niedrigere Beiträge, die das Unternehmen am Kapitalmarkt investiert. Die daraus erwirtschafteten Erträge werden nicht ausgezahlt, sondern senken die Beiträge. Stirbt der Schuldner vor Rückzahlung des Kredits, löst die Versicherung den Kredit auf einmal ab. So ist die Restschuld im Todesfall abgesichert.

Wird der Kredit regelmäßig getilgt, verringert sich der Darlehensbetrag. In diesem Fall empfiehlt es sich, die Versicherung mit fallender Versicherungssumme und dementsprechend sinkenden Beiträgen abzuschließen. Allerdings sollte für  die Abdeckung des Kredits nicht jene Police herangezogen werden, die zum Schutz der Familie gedacht ist.

Unverzichtbar ist Schutz gegen Berufsunfähigkeit

Ein Muss für jeden Zahnarzt zur persönlichen Absicherung ist selbstverständlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Die erwirbt er zwar automatisch mit der Beitragszahlung an das Versorgungswerk. Doch wird sie im Krankheitsfall kaum ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten und schon gar nicht, um die darüber hinausgehenden Kreditraten zu bedienen. Für den Zahnarzt macht es daher Sinn, eine zusätzliche BU abzuschließen.

Finanzierungsspezialist Moschner empfiehlt zur Abdeckung der Kreditrisiken die Aufstockung der BU: „Zwar muss der Zahnarzt höhere Beiträge leisten. Doch wenn er die mit einer längeren Krankheit und vor allem mit einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit verbundenen Risiken für sich und seine Familie betrachtet, ist es oft sinnvoll den Schutz zu erhöhen und höhere Beiträge zu zahlen.“ Wie hoch die Aufstockung ausfällt, hängt auch von der Höhe des Krankentagegeldes ab, das zumindest bei zeitlich begrenzten Gesundheitsproblemen die finanziellen Einbußen ausgleicht. Dabei darf nicht vergessen werden, dass das Krankentagegeld sich ausschließlich am Nettoeinkommen orientiert.

Doch BU, Risikolebensversicherung und Krankentagegeld reichen immer noch nicht aus, um einen Kredit abzusichern und gleichzeitig den reibungslosen Ablauf der Praxis zu gewährleisten. Die laufenden Kosten für Personal, Vertretung und sonstige Betriebskosten belasten das Portemonnaie. Für diese Risiken gibt es die Praxisausfallversicherung. Sie gehört als Sachversicherung bei den deutschen Versicherern in die Kategorie der Schadenversicherungen. Abdecken lassen sich damit der gesamte Umsatz, die laufenden Praxiskosten sowie die Ausgaben für einen Vertreter. Ralf Seidenstücker, Versicherungsmakler und Geschäftsführer der Versicherungsstelle für Zahnärzte, empfiehlt die Praxisausfallversicherung, „weil man damit den entgangenen Gewinn und die Kreditraten absichern kann“. Ergänzend bietet sich noch der Schutz einer Betriebsunterbrechungsversicherung an. Damit sichert der Zahnarzt Sachgefahren wie Feuer, Wasser, Einbruchdiebstahl, den entgangenen Gewinn und die fixen Kosten ab.

Vorhandene Sicherheiten überprüfen

Anders als bei privaten Ratenkrediten sind Restschuldversicherungen bei den gewerblichen Krediten eher die Ausnahme. Dr. Gerd Meyer von der Stadtsparkasse Düsseldorf argumentiert: „Im gewerblichen Bereich finanzieren wir Investitionen und die dienen uns bei Zahlungsausfall als Sicherheit.“ Auch die apoBank arbeitet nicht mit Restschuldversicherungen.

Seit Ende letzten Jahres wirbt die April Financial Services mit einer gewerblichen Restschuldversicherung. Das Produkt stammt vom französischen Assekuranzunternehmen Axeria Prévoyance. Es wirbt mit der Absicherung der Restschuld im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit und bei schweren Krankheiten. Fragen nach der Gesundheit stellt sie ab einer Versicherungssumme von 125  000 Euro beziehungsweise bei einer Leistung wegen Arbeitsunfähigkeit von über 2 500 Euro pro Monat. Ab einer Leistung von 185 000 Euro verlangt sie ein ärztliches Zeugnis. Die monatliche Zahlung wegen Arbeitsunfähigkeit ist auf maximal 10 000 Euro begrenzt. Für die Bedienung der Kreditraten dürfte diese Summe ausreichen.

Absichern lassen sich mit der gewerblichen Restschuldpolice Kontokorrentkredite, Förderdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Hypotheken und sonstige Tilgungsdarlehen. Bislang arbeitet April hauptsächlich mit Sparkassen zusammen. Inwieweit eine Restschuldversicherung, die die Kreditkosten auf jeden Fall erhöht, Sinn macht, ergibt sich aus der Überprüfung der bereits vorhandenen Sicherheiten in Form von Policen, Rücklagen und Investitionen.

Zahnärzte, die ihr Einfamilienhaus oder eine vermietete Immobilie bereits abgezahlt haben, halten vielleicht noch ein Bonitätsplus in Reserve, an das sie nicht unbedingt denken. Dabei geht es um eine noch eingetragene Grundschuld, die der Zahnarzt nach der Tilgung des Kredits nicht hat löschen lassen. Bei einer neuen Kreditaufnahme kann die Bank diese Sicherheit ohne Kostenaufwand erneut nutzen und so die Kreditkosten angenehmer gestalten.

Wie wichtig für den selbstständigen Zahnarzt eine umfangreiche Absicherung gegen eine Zahlungsunfähigkeit aus unterschiedlichen Gründen ist, betont auch Dr. David Klingenberger, stellvertretender Leiter des Instituts der Deutschen Zahnärzte in Köln: „Der Zahnarzt muss so abgesichert sein, dass er neben dem Unterhalt für die Familie auch im Krankheitsfall alle Praxiskosten inklusive der Kreditkosten bezahlen kann. Sonst kann die Finanzierung nicht als nachhaltig gelten.“

Marlene Endruweit

Fachjournalistin für Ökonomie

m.endruweit@netcologne.de

INFO

Private Restschuldversicherung

Im privaten Bereich ist eine Restschuldversicherung obligatorisch, wenn es um die Finanzierung einer Immobilie geht. Dabei handelt es sich üblicherweise um eine Risikolebensversicherung, die den Kredit ablöst, wenn der Schuldner stirbt. Am günstigsten ist, wenn der Hauptverdiener eine Police mit fallender Versicherungssumme abschließt. Sie passt sich dem jeweiligen Darlehensstand an. Arbeiten beide Ehepartner, sollten auch beide eine Restschuldversicherung in Höhe der Darlehenssumme abschließen. Darauf verzichten können eigentlich nur Schuldner, die schon über eine ausreichend hohe Risikolebensversicherung verfügen oder die alleine leben. Vorsicht ist angesagt, wenn Banken Restschuldversicherungen anbieten. Dabei handelt es sich meist um relativ teure Produkte, die zwar zusätzlich eine Absicherung bei Krankheit und Jobverlust versprechen, vor denen aber die Zeitschrift „Finanztest“ warnt: „Die meisten dieser Versicherungen haben zahlreiche Haken, so dass Kunden die versprochene Leistung im Ernstfall oft gar nicht erhalten.“ Karenz- und Wartezeiten machen die Versicherung bei Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit unattraktiv. Außerdem sind die Kosten sehr hoch. So kostet zum Beispiel eine Verdienstausfallpolice der R+V mit einer monatlichen Kreditrate von 400 Euro bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren 5 750,40 Euro.

In einem Vergleich hat „Finanztest“ ermittelt, wie teuer eine einfache Restschutzversicherung für den Todesfall ist, bei der sich die Versicherungssumme dem Tilgungsplan anpasst. Unterstellt wurde ein Darlehen in Höhe von 100 000 Euro, das über 20 Jahre läuft. Im günstigsten Fall zahlt ein Mann für die gesamte Laufzeit 816 Euro (Frau 626 Euro) bei dem Versicherer Ontos oder 839 Euro (622 Euro) beim Versicherungsunternehmen Europa. Am meisten verlangt die R+V-Versicherung mit 1 704 Euro (1 151 Euro).

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