Universitäre Lehre im Fokus
Von Aachen bis Würzburg, dazu Nimwegen und Graz – das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) bietet Studieninteressierten für das Fach Zahnmedizin Bewertungen von 27 deutschen Hochschulen und jeweils einer Fakultät in Österreich und in den Niederlanden. Für das Ranking werden Studierende und Professoren aufgefordert, anonym Fragen zu fachlichen und zu allgemeinen Aspekten des Unialltags zu beantworten. In diesem Jahr haben nach Angaben des CHE insgesamt 200 000 Studierende und 15 000 Professoren die Fragebögen ausgefüllt.
Seit 1998 hat das Institut 140 Universitäten und mehr als 250 Fachhochschulen und Berufsakademien unter die Lupe genommen. Vor sieben Jahren startete es eine Kooperation mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, die das Ranking seitdem in ihrem Studienführer und im Internet herausgibt. Vor allem die digitale Aufbereitung bietet Usern Möglichkeiten zur individuellen Suche – und ist obendrein kostenlos. Bedingung ist einzig die Registrierung auf der Internetseitehttp://ranking.zeit.de.
Grün ist Spitze
Das CHE verzichtet darauf, beim Ranking erste bis letzte Plätze zu vergeben. Es ordnet die Fakultäten stattdessen in jeder abgefragten Kategorie einer Spitzen-, Mittel- oder Schlussgruppe zu. Für eine schnelle Orientierung werden die drei Gruppen in den Ergebnistabellen mit einem grünen (Spitze), einem gelben (Mitte) und einem blauen (Schluss) Punkt markiert. Innerhalb einer Ranggruppe sind die Hochschulen alphabetisch sortiert.
Prof. Dr. Frank Ziegele, Geschäftsführer des CHE, begründet diese Methode so: „Das Zusammenzählen aller Teilaspekte zu einem einzigen Indikator lässt keine Differenzierung zu. Uns ist aber wichtig, die einzelnen Bewertungskriterien hervorzuheben. Beim CHE-Ranking können sich User das Abschneiden einer Hochschule in verschiedenen Kategorien anschauen und sehen, ob sie zum Beispiel sehr gut in der Forschung, aber schlecht in der Lehre bewertet wurde.“
Und noch ein weiterer Grund führte zum Verzicht auf Rangplätze: Liegen alle Hochschulen bei einem Ergebnis sehr dicht beieinander, können laut CHE minimale statistische Unterschiede – die in der Realität kaum bemerkbar sind – viele Plätze ausmachen.
Beim Ranggruppenverfahren sei hingegen sichergestellt, dass sich die Spitzen- und die Schlussgruppe statistisch bedeutsam vom Gesamtmittelwert unterscheiden.
Für Studenten, die schnell sehen wollen, wie ihr Fach an welchem Standort bewertet wurde, gibt es das „Ranking kompakt“. Es setzt sich aus vier bis sechs für ein Fach besonders aussagekräftigen Indikatoren zusammen.
Für die Zahnmedizin besteht die Kompaktansicht aus den Faktoren „Lehr- und Studiensituation insgesamt“, „Betreuungsrelation“, „Qualität der Betreuung durch Lehrende“, „Verzahnung Vorklinik-Klinik“, „Veröffentlichungen pro Professor“ und „Forschungsreputation“. Im Internet können User sich die Ergebnisse unter anderem in alphabetischer Reihenfolge anschauen – bei dieser Sortierung beginnt das Ranking mit der RWTH Aachen und endet mit der Uni Würzburg. Klickt man nur eins der sechs Kriterien an, sortiert sich die Tabelle um und zeigt, welche Unis in Bezug auf dieses Kriterium in welcher Gruppe gelandet sind. User, die beispielsweise den Aspekt „Lehr- und Studiensituation insgesamt“ auswählen, erhalten auf diese Weise schnell die Information, dass die Universitäten Freiburg, Gießen, Halle-Wittenberg, Marburg, Rostock und Witten/Herdecke dort am besten bewertet wurden.
Im Ranking kompakt lässt sich unter der Option „Sortierung nach Ranggruppen“ auch anzeigen, welche Hochschule die meisten grünen Punkte gesammelt hat. Mit insgesamt sechs Spitzenwerten steht die Uni Freiburg an erster Stelle, gefolgt von den Unis Halle-Wittenberg und Kiel mit jeweils drei grünen und drei gelben Punkten.
Mit Phantomkopf punkten
Neben den sechs festgelegten Kriterien können User unter dem Menüpunkt „Welche Kriterien sind Ihnen wichtig?“ eigene Prioritäten für den Vergleich der Hochschulen festlegen. Zur Auswahl stehen insgesamt 25 Indikatoren. Dazu gehören bei der Zahnmedizin neben der Ausstattung mit Behandlungsstühlen und Phantomköpfen sowie der Zahl der Promotionen pro Professor auch fachunabhängige Faktoren wie Privatmiete am Studienort oder Zahl der Studierenden insgesamt. Bei soviel Wahl bleibt die Qual nicht aus: User sollten Einarbeitungszeit mitbringen, wenn sie die Methodik des CHE-Hochschulrankings bis ins letzte Detail verstehen und alle Informationen optimal auswerten wollen. Die Rückmeldungen zur Nutzerfreundlichkeit sind nach Aussage von Ziegele jedoch positiv: „Uns erreichen zwar auch kritische Stimmen, aber im Prinzip kommen die User gut mit dem System zurecht. Was wir allerdings teilweise beobachten, ist, dass viele nicht bis in die letzte Verästelung gehen, sondern bei den Überblickstabellen hängen bleiben und gar kein individuelles Ranking zusammenstellen.“
Vier Unis steigen aus
„Der Fachbereich beteiligte sich 2012 nicht am Ranking.“ Mit diesem Vermerk erklärt das CHE in insgesamt vier Fällen leere Tabellen für die Zahnmedizin. Nicht dabei sein wollten die Fakultäten der Unis Göttingen, Hamburg, Jena und Köln. Auf Anfrage der zm begründet Dr. Uta von der Gönna, Medizinische Fakultät des Universitätsklinikums Jena, die Absage so: „Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland äußerte im vergangenen Jahr massive Kritik am CHE-Ranking. Angeregt von den Studierenden diskutierte der Fachbereich die Teilnahme, wobei sich die kritische Sicht auf verschiedene Aspekte wie die Methodik, die Belastbarkeit und den Aufwand des Rankings bestätigte. Daraufhin nahm die Fakultät, trotz des sehr guten Abschneidens sowohl in der Zahn- als auch in der Humanmedizin in den vergangenen Jahren, nicht an der Umfrage des Centrums für Hochschulentwicklung teil.“
Auch die Zahnmedizinstudierenden der Georg-August-Universität Göttingen hegten Zweifel an der Aussagekraft der Ergebnisse und boykottierten das Ranking. Die Fakultät sah keine ausreichende Datengrundlage für eine repräsentative Bewertung gegeben. Dass die Hochschule in der Vergangenheit kein Dauergast in der Spitzengruppe war, habe nichts mit der Entscheidung zu tun, sagt Stefan Weller aus der Unternehmenskommunikation der Uni Göttingen: „Wir waren nicht ganz vorne, aber auch nicht das Schlusslicht. Unsere Meinung ist aber, dass man sich deswegen an die eigene Nase fassen und überlegen sollte, was nicht optimal gelaufen ist.“ Anlass für den Ausstieg sei ganz klar gewesen, dass durch den zu erwartenden geringen Umfragerücklauf nicht genügend Daten zusammengekommen wären, um die Vergleichbarkeit der Universitäten zu garantieren. „Außerdem haben sich unsere Studierenden dagegen entschieden – das muss man akzeptieren“, fügt Weller hinzu.
Kritik am CHE-Ranking äußern deutsche Hochschulen und Fachverbände immer wieder. Im Jahr 2009 veranlassten Einwände gegen die Methodik die Universität Bonn dazu, als erste Volluniversität komplett aus dem Ranking auszusteigen (siehe Interview). Das CHE kam dem Rektorat in einigen wesentlichen Kritikpunkten entgegen und heute ist die Uni Bonn wieder im Ranking vertreten. Gegen konstruktive Kritik hat das CHE nichts einzuwenden, beteuert Ziegele: „Wir machen das System ja gemeinsam mit und auch für die Hochschulen und brauchen deshalb solche Rückmeldungen, um die Methode ständig weiterzuentwickeln.“
Susanne Theisen
Freie Journalistin in Köln
INFO
Das CHE in Kürze
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) wurde 1994 in Gütersloh als gemeinnützige GmbH gegründet. Gesellschafter sind die Bertelsmann Stiftung und die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz.