Kieferorthopädie

Weniger Karies bei Lingualtechnik

Die Behandlung mit Multibracket-Apparaturen kann zu erhöhter Kariesinzidenz führen. Linguale Zahnflächen haben jedoch eine geringere Kariesanfälligkeit. Die Frage der Untersuchung war daher, ob linguale Bracketsysteme eine kariesprophylaktische Alternative zu herkömmlichen vestibulären Multibracket-Apparaturen darstellen.

Der Hauptgrund für die Entstehung von Karies bei Bracketträgern ist eine erhöhte Plaqueakkumulation um die Brackets herum, vor allem unter den Bögen, zwischen den Brackets und im Bereich der Gingiva. Bekannterweise sind linguale Zahnflächen weniger kariesanfällig als vestibuläre, was wahrscheinlich auf den Speichelfluss, die mechanische Reinigung der lingualen Zahnflächen durch die Zunge und Unterschiede in der Schmelzoberfläche und damit eine verringerte Plaqueretention zurückzuführen ist. Um diese Hypothese zu untersuchen, wurde eine Splitmouth-Studie durchgeführt. 28 Patienten (Alter zwischen zwölf und 18 Jahren) wurden randomisiert eingeteilt:

Gruppe 1: vestibuläre Brackets (Orthos, Ormco, Glendorra, CA, USA) im Oberkiefer und linguale Brackets (TOP Service für Lingualtechnik, Bad Essen, Deutschland) im Unterkiefer,

Gruppe 2: vestibuläre Brackets im Unterkiefer und linguale Brackets im Oberkiefer.

Vor Behandlungsbeginn wurde untersucht, ob white spot lesions (WSL) vorlagen. Diese wurden anhand von Fotografien (intraorale Fotos rechts, links, frontal, Ober- und Unterkiefer) und mit der QLF-Methode (quantitative light-induced fluorescence, mit Inspector Research Systems, Amsterdam, Niederlande) erfasst. Die Aufnahmen wurden sequenzweise pro Quadrant angefertigt. Vor der Aufnahme wurden die Zahnoberflächen für zwei Sekunden mithilfe einer Multifunktionsdüse getrocknet. Während der Behandlung wurde die Kariesentwicklung visuell und mithilfe der QLF-Methode überwacht. Die Behandlungsdauer lag im Durchschnitt bei 18,1 Monaten (± 5,5 Monate). Die Kariesausdehnung (beobachtet durch den totalen integrierten Fluoreszenzverlust) sowie die WSL-Flächen wurden jeweils für die vestibulären und die lingualen Flächen bei jedem Patienten berechnet. Für die statistische Auswertung wurde der gepaarte t-Test (SPSS) herangezogen.

Die Anzahl der vestibulären kariösen Läsionen, die sich während der kieferorthopädischen Behandlung entwickelt hatten, war größer als die Anzahl der lingualen Läsionen. Es gab keine Unterschiede in der Inzidenz der vestibulären Läsionen bezüglich Ober- und Unterkiefer. Die Anzahl der neuen WSL auf den mit Brackets versehenen vestibulären Flächen war 4,8-mal höher als die Anzahl der neu entstandenen WSL an lingualen mit Brackets beklebten Zahnflächen. Die Kariesausdehnung war auf den vestibulären Flächen 10,6-mal höher als auf den lingualen Flächen. Es wurden ebenfalls Zusammenhänge für bereits vor der Behandlung bestehende WSL oder kariöse Läsionen und die Zunahme der kariösen Läsionen während der Behandlung gefunden. Gab es vor der Behandlung schon eine WSL oder kariöse Läsion, kam es während der Behandlung mit den Brackets (lingual und vestibulär) zu einem vermehrten Auftreten von Karies.

Die verminderte kariöse Inzidenz auf lingualen Flächen während und nach der Behandlung mit lingualen Brackets könnte aber auch auf kariesätiologische Faktoren oder Form und Größe der Brackets zurückzuführen sein. Um diese Frage genauer zu untersuchen, müsste eine Referenzstudie mit vestibulären Brackets, die ähnlich wie die lingualen Brackets die komplette vestibuläre Fläche bedecken, durchgeführt werden. Es gibt momentan aber keine Studien dieser Art, da die Compliance und die Akzeptanz solcher Brackets gering sind.

Trotzdem zeigen die Ergebnisse der Studie, dass es bei der Behandlung mit lingualen Brackets zu einer verminderten kariösen Inzidenz kommt. Darum ist die Behandlung mit lingualen Brackets, vor allem bei Patienten mit erhöhtem Kariesrisiko zu favorisieren.

Quelle: Van der Veen MH, Attin R, Schwestka-Polly R, Wiechmann D: Caries outcome after orthodontic treatment with fixed appliances: do lingual brackets make a difference? Eur J Oral Sci 2010; 118: 298-303.

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