„Margin elevation technique“
Bei der Exkavation ausgedehnter kariöser Läsionen entstehen häufig tief subgingivale Kavitätenbegrenzungen. Möchte man einen solchen Defekt mit einem adhäsiv befestigten Keramikinlay versorgen, ergeben sich vor allem folgende Probleme: Zum einen ist die exakte Abformung subgingival gelegener Präparationsränder deutlich erschwert. Zum anderen ist die zur Eingliederung der Restauration notwendige adäquate Trockenlegung in subgingivalen Be- reichen der Kavität häufig nicht gewährleistet.
Daher hat sich die Arbeitsgruppe von Krejci, Lutz et al. [1993] schon früh überlegt, wie man mit tiefen subgingivalen Randbereichen umgehen könnte. Sie halfen sich, indem sie den approximalen Randbereich oder die Präparationsgrenze mithilfe einer Kompositfüllung in supragingivale Bereiche verlagert haben.
Dieses Verfahren wird in der wissenschaftlichen Literatur unter anderem als „margin elevation technique“ bezeichnet.
Ziel der vorliegenden Studie von der Arbeitsgruppe Attin, Universität Zürich, ist es, bewerten zu können, welchen Effekt die „margin elevation technique“ auf die Adaptation von Keramikinlays in den zervikalen Randbereichen hat.
Die Autoren der Studie haben sich die Frage gestellt, welchen Einfluss es hat, wenn vor der endgültigen Versorgung mit einem Keramikinlay eine approximal subgingivale Stufe einfach ein paar Millimeter höher, also in supragingivale Bereiche verlegt wird sowohl bezüglich eines genügend dichten Verbunds zwischen Zahnhartsubstanz und Komposit als auch zwischen Komposit und Keramik.
Dazu wurden in 40 Molaren MOD- Kavitäten präpariert und diese in vier Untergruppen von je zehn Zähnen aufgeteilt:
In der ersten Gruppe lag die approximale Stufe einen Millimeter über der Schmelz-Zement Grenze,wohingegen in den weiteren drei Gruppen der approximale Randbereich zwei Millimeter unterhalb der Schmelz-Zement Grenze positioniert wurde. Daraus wurde in der einen Gruppe auf die subgingivale Stufe Komposit in einem Inkrement von drei Millimetern aufgetragen und in der zweiten Gruppe wurde die approximale Stufe mit zweimal eineinhalb Millimeter dicken Inkrementschichten gehoben. In beiden Gruppen wurde Tetric Evoceram als Komposit verwendet und Syntac classic als Adhäsivsystem. Die letzte Gruppe wurde unbehandelt belassen und direkt mit dem Keramikinlay versorgt.
Die Inlays wurden mithilfe von Cerec 3D Systems hergestellt. Vor dem Einsetzen wurde die aufgebaute zervikale Kompositstufe mit einem Partikelstrahler (Cojet 30 ìm) fünf Sekunden lang abgestrahlt und anschließend mit Wasser abgespült. Nach der Vorbehandlung konnte die gesamte Kavität mit 35-prozentiger Phosphorsäure geätzt werden und die Kompositoberfläche wurde mit Monobond S eine Minute lang silanisiert und luftgetrocknet. Anschließend wurde in allen vier Versuchsgruppen das Adhäsivsystem Syntac classic aufgetragen.
Die zu behandelnde Keramikoberfläche wurde zunächst mit Alkohol gereinigt, worauf die Vorbehandlung mit fünfprozentiger Flusssäure 60 Sekunden lang folgte. Anschließend wurde es 60 Sekunden lang abgesprüht und getrocknet. Zusätzlich trug man Heliobond auf die Oberfläche auf und setzte das Keramikinlay mit dem Befestigungskomposit Tetric Evoceram in die Kavität ein. Anschließend bewertete man den marginalen Verbund vor und nach einer thermomechanischen Belastung (1,2 Millionen Zyklen mit 49 Newton zu 1,7 Hertz) mittels der Replikatechnik im Rasterelektronenmikroskop, um die In-vivo-Kausituation zu simulieren.
Bewertet wurden dabei sowohl der Verbund zwischen Zahn und Komposit als auch der zwischen Komposit und Keramikinlay. Die Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, deren marginale Stufe im Dentinbereich lag. Allerdings wurde der Verbund Zahn zu Komposit im Schmelzbereich mit erheblich besseren Werten eingeschätzt als der im Dentin.
Somit ergibt sich aus der hier beschriebenen Studie von Zaruba, Gohring et al. [2012], aber auch aus den bei Roggendorf, Kramer et al. [2012] vorliegenden Ergebnissen ein wissenschaftlicher Beleg dafür, dass der Aufbau der marginalen Stufe mit Komposit vor der Versorgung mit einem Keramikinlay keinen negativen Effekt auf den Verbund der unterschiedlichen beteiligten Komponenten hat.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass sich am Patienten einige Vorteile ergeben, die das praktische Arbeiten in erschwerten subgingivalen Bereichen vereinfachen, wenn eine chirurgische Kronenverlängerung nicht infrage kommt.
Unter anderem wird durch die „margin elevation technique“ das umliegende parodontale Gewebe geschont, denn erst nach dem Legen der Komposit-Aufbaufüllung erfolgt die Präparation des Inlays, somit können alle Überschüsse des Komposits oder des Bondings entfernt werden. Wird allerdings das Inlay in eine Kavität mit subgingivalen Bereichen befestigt, ist das Entfernen der Adhäsivüberschüsse erheblich erschwert.
Ein weiterer Vorzug dieser Technik ist, dass die Tiefe des approximalen Kastens auch der Keramikrestauration reduziert wird, wo durch dann eher die ausreichende Lichthärtung des Befestigungskomposits sichergestellt werden kann.
Diese von Krejci, Lutz et al. [1993] als ersten beschriebene und inzwischen durch In-vitro-Studien aus den Universitäten Marburg und Zürich als wirksam bestätigte Technik kann uns also das Leben in so manchen klinisch schwierigen Situationen mit approximal subgingivalen Kavitätenrändern erleichtern.
dr. med. dent. Arline ReinerCharité – UniversitätsmedizinCharitéCentrum für ZMKAbteilung für Zahnerhaltung und PräventivzahnmedizinAßmannshauser Str. 4-614197 Berlinarline.reiner@charite.de