Mit Bill Gates gegen Polio
Ziel der Initiative ist die Bekämpfung aller Poliotypen, sowohl der von Viren als auch der von Impfstoffen ausgelösten Form. Der ehrgeizige Plan wurde auf dem Impfstoffgipfel Ende April in Abu Dhabi von der Global Polio Eradication Initiative (GPEI) vorgestellt. Die GPEI ist ein multinationaler Zusammenschluss von Regierungen, der WHO, Rotary International, dem US Center for Disease Control and Prevention und dem UN-Kinderhilfswerk (Unicef).
„Nach Jahrtausenden des Kampfes gegen Kinderlähmung ist durch diesen Plan das Ende in Sicht“, sagte WHO-Generalsekretärin Margaret Chan auf dem Gipfel. „Wir haben neues Wissen über die Polioviren, neue Technologien und neue Taktiken, um die gefährdeten Regionen zu erreichen.“ Die Erfahrung, die Infrastruktur und das Wissen im Kampf gegen Polio könnten helfen, allen Kindern und allen Regionen auf der Welt eine medizinische Grundversorgung zu bieten, glaubt Chan. Über 400 Wissenschaftler und Gesundheitsexperten aus der ganzen Welt haben den Plan in einer offiziellen Erklärung begrüßt.
Begrenztes Zeitfenster
Die WHO will den aktuell positiven Trend bei Polio zur vollständigen Ausrottung der Krankheit nutzen: Im vergangenen Jahr wurden „nur“ 223 Kinder weltweit gelähmt, 2013 sind es bisher 19 Fälle. Die Organisation sieht damit ein enges Zeitfenster gegeben, diesen Fortschritt aufzugreifen und jegliche Übertragung des Poliovirus zu stoppen, bevor es in kinderlähmungsfreien Ländern wieder zu Ansteckungen kommt.
Der Plan stützt sich vor allem auf Erfahrungen aus Indien, das Anfang 2012 erstmals Polio-frei wurde, und neue Erkenntnisse über die Übertragung von Polioviren, die durch Impfstoffe ausgelöst wurden. Er bezieht zudem die Notfall-Aktionspläne aus Nigeria, Pakistan und Afghanistan mit ein, die seit dem vergangenen Jahr umgesetzt werden.
„Polio zu stoppen ist eine historische Leistung für die Menschheit. Ein großer Teil unserer Bemühungen zielt darauf ab, jedes Kind zu erreichen und mit lebensrettenden Impfstoffen zu versorgen“, sagte Unicef-Chef Anthony Lake auf dem Impfstoffgipfel. Der Plan will sich vor allem auf die Impfung von Kindern in Ballungsräumen, in schwer zugänglichen Regionen und in unsicheren Gebieten konzentrieren. Insgesamt sollen 250 Millionen Kinder mehrfach geimpft und 70 Länder überwacht und kontrolliert werden.
Generationen-Dividende
Für die Umsetzungen ihres Plans setzen die Initiatoren Kosten von 5,5 Milliarden US-Dollar an. Drei Viertel der Summe sind durch die Zusagen von Regierungen und reichen Wohltätern bereits gesichert.
Zu den Geldgebern gehört auch Microsoft-Gründer Bill Gates. In seiner Rede auf dem Impfstoffgipfel forderte er weitere potenzielle Geldgeber auf, sich finanziell am GPEI-Plan zu beteiligen. „Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert große, aber zeitlich begrenzte Investitionen, die eine Polio-freie Welt bringen und eine Dividende für kommende Generationen sein werden“, sagte Gates. Er versprach, dass seine Stiftung rund ein Drittel der Gesamtkosten, nämlich 1,8 Milliarden Dollar, übernehmen werde. Auch Deutschland, Kanada, Norwegen und Großbritannien sicherten zusätzliche Zahlungen zu.
Die Ausrottung der Kinderlähmung kostet aber nicht nur Geld: Die GPEI rechnet bis 2035 mit Ersparnissen zwischen 40 und 50 Milliarden Dollar durch reduzierte Behandlungskosten und Produktivitäts- steigerungen.