Der erste Patient kam aus der JVA
Vor einem Jahr wurde in Hannover das Zahnmobil „Hilfe mit Biss“ eingeweiht. Seitdem leisten die ehrenamtlich tätigen Zahnärzte und eine ZFA akute zahnmedizinische Hilfe für Menschen in brenzligen Lebensumständen. Der erste Patient kam damals gerade aus der Justizvollzugsanstalt und wünschte eine PZR.
Werner Mannherz und Dr. Ingeburg Mannherz (pensionierte ZÄ) initiierten das Zahnmobil und gingen gemeinsam den steinigen Weg durch die deutsche Bürokratie. Der umgebaute Krankenwagen ist eben keine normale Praxis. Alles ist auf sehr engem Raum untergebracht und nicht so übersichtlich wie gewohnt. Lange wurde nach Lösungen gegen den Platzmangel gesucht. Anfangs hatte die Turbine kein Wasser. Der Absauger funktionierte nur mangelhaft, der Behandlungsstuhl ging nicht wieder in die 0-Postion zurück. An verschiedenen Stellen tropfte Wasser heraus. Es musste viel gebastelt werden. Dann konnte das Zahnmobil Anfang April 2012 endlich losrollen.
Seitdem fährt es dreimal pro Woche Einrichtungen und Plätze in Hannover an, wo sich Bedürftige aufhalten. Das Zahnmobil ist eingebunden in die Angebote der Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werkes Hannover und kooperiert unter anderem mit der AOK und der Medizinischen Hochschule Hannover. Von sozialpädagogischem Personal werden die Patienten auf soziale Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten hingewiesen und dorthin vermittelt.
Der letzte Wintereinbruch sorgte zunächst für Schwierigkeiten. Keiner im Team hatte an die wasserführenden Geräte und Schläuche gedacht, die einfrieren können. Nach einem Aufruf konnte das Zahnmobil bei dem Energieberater Enercity untergestellt werden. Sonst hätte das Projekt wohl großen Schaden erlitten. Bei fünf Grad minus und kälter ist ein Einsatz nicht mehr zweckmäßig. Schließlich steht das Fahrzeug an Behandlungstagen im Freien. Das Herz des Fahrzeugs ist der Behandlungsraum. Dieser wiederum ist angenehm zu temperieren – dank Klimagerät und Zusatzheizung.
Das Behandlungsspektrum ist vielfältig: Im „kleinsten, modernsten, fahrbaren Behandlungsbereich“ sind alle dentaltechnischen Einrichtungen vorhanden. Extraktionen stehen an erster Stelle. Gefolgt von Füllungen, Zahnstein und Mundbehandlungen. Im Rahmen der Prothetik werden Reparaturen vorgenommen sowie Interims- oder Modellgussprothesen erstellt. Behandlungen wie Kronen und Brücken werden an niedergelassene Kollegen vermittelt. Das klappt fast immer. OPG-Aufnahmen werden in zwei Praxen durchgeführt. Auch Operationen werden weitervermittelt.
Rollende Institutsambulanz
Die Initiative ist als sogenannte Institutsambulanz zugelassen. Daher können die Behandlungen auch abgerechnet werden. 345 Patienten haben bisher das Mobil aufgesucht. Davon waren rund 60 Prozent versichert, 95 Prozent von ihnen bei der AOK. Die Unversicherten waren Menschen aus der EU, aber auch aus anderen Ländern. Sie leben in Heimen, bei Bekannten oder sind obdachlos. Derzeit engagieren sich 18 professionelle Helfer im Rahmen von „Hilfe mit Biss“. Es könnten noch mehr sein.
Spendenkonto:Diakonisches WerkKonto-Nr.: 200 601 233BLZ: 520 604 10Evangelische KreditgenossenschaftsbankVerwendungszweck: Zahnmobil■www.zahnmobil-hannover.de
InfoKollegen gesucht
Zur Verstärkung sucht das Team vom Zahnmobil Hannover noch Behandler, die an einem Tag im Monat mitfahren. Ein Einsatz dauert im Normalfall vier Stunden. An Bord ist eine erfahrene ZFA. Das Einlesen der Karten, die Aufnahme der Behandlungsdaten und die Abrechnung werden außerhalb des Fahrzeugs erledigt.