Echte Hilfe oder leeres Versprechen
Ein Fall von vielen: Eine 61-jährige Anlegerin sorgt sich um ihre Altersvorsorge. Sie sucht nach einer Ergänzung und wendet sich vertrauensvoll an die Commerzbank. Der Berater verkauft ihr eine Beteiligung in Höhe von 15 000 Euro an dem CBF-Fonds 167 – Containerriesen der Zukunft 1 – eingeschlossener Schifffonds. Einst versprachen diese Fonds scheinbar sichere Renditen. Darüber, dass die Kundin im schlimmsten Fall ihre komplette Beteiligung verlieren könnte, klärte die Bank nicht auf. Auch machte man ihr nicht klar, dass sie frühestens zum 31. Dezember 2036 kündigen könnte. Sie wird dann 89 Jahre alt sein.
Die Schifffonds verloren zunehmend an Attraktivität, und als der Anlegerin klar wurde, auf was sie sich eingelassen hatte, wandte sie sich an die Verbraucherzentrale Hamburg. Dort empfahl ihr Gabriele Schmitz, Referentin für Finanzdienstleistungen, den Gang zum Ombudsmann der privaten Banken. Er argumentierte für die Kundin und gegen die Bank, weil der Berater sie nicht über die Vermittlungsgebühren in Höhe von fünf Prozent, die die Bank kassierte, aufgeklärt hatte. Der Ombudsmann empfahl der Commerzbank, die Kundin so zu stellen, als hätte sie die Beteiligung nie erworben.
Doch die Bank lehnte ab, wohl wissend, dass die meisten Kunden den Weg vor Gericht scheuen. Denn Schlichtersprüche sind nur bis zu einer Summe von 5 000 Euro für die Banken bindend. Doch die Anlegerin, die den Verlust ihres Kapitals fürchtete, ließ sich nicht beirren.
Mit dem positiven Schlichterspruch in der Hand zieht sie nun mit Unterstützung der Hamburger Rechtsanwältin Angela Burmeister, Spezialistin für Geldanlagen, vor Gericht. Termin ist im Mai dieses Jahres. „Die Aussichten für meine Mandantin sind gut“, glaubt Burmeister. Der BGH hat in der Vergangenheit mehrfach zugunsten der Verbraucher entschieden, wenn Banken nicht über sogenannte Kickbacks – Vergütungen, die an Banken zurückfließen – aufgeklärt haben. Der Schlichterspruch unter streicht die gute Position der Klägerin.
Privatbanken als Vorreiter
Die privaten Banken dürfen sich rühmen, die Vorreiter bei den Schlichtungsstellen zu sein. Es gibt sie seit 1992. Angesiedelt ist die als unabhängiger Verein eingetragene Schlichterstelle beim Bundesverband deutscher Banken, dessen Mitglieder die vier Ombudsmänner und zwei -frauen auch finanzieren. Mit ihren Schlichtersprüchen dürfen sie bei Beträgen bis zu 5 000 Euro entscheiden. Bis zu dieser Grenze muss die Bank sich den Urteilen fügen. Geht es um höhere Summen, steht es dem Institut frei, ob es sich an die Empfehlung hält oder nicht. Dem Kunden bleibt dann nur der Gang vor Gericht. Ihre Scheu vor unkalkulierbaren Kosten hält sie aber häufig davon ab. Das gehört auch zum Kalkül der Banken. Im vergangenen Jahr verzeichneten Ekkehard Bombe und seine Kollegen vom Bundesverband deutscher Banken 5 862 Beschwerden – rund 2 300 weniger als in 2011. Zugelassen haben die Schlichter 4 665 Verfahren, zugunsten der Kunden entschieden sie 1 065. Allerdings sind derzeit noch einige in Bearbeitung. Nicht in den Zuständigkeitsbereich des Schlichters fallen Probleme grundsätzlicher Art wie zum Beispiel die Gestaltung eines Produkts.
Verbraucherschützerin Schmitz schätzt die Arbeit der Banken-Ombudsleute, warnt aber vor deren begrenzten Befugnissen: „Sie dürfen sich nur an die Unterlagen der Kunden halten. Ein umfangreiche Beweisaufnahme machen sie nicht.“
Der wichtigste Grund, weshalb auch Anwältin Burmeister ihre Klienten zum Ombudsmann schickt, ist eine Unterbrechung der Verjährungsfrist. Bei Falschberatungen beispielsweise beträgt sie drei Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde in Kenntnis gelangt ist. Es ist an den Banken, diesen Termin zu beweisen. Geht es um Probleme mit geschlossenen Fonds, haben die Betroffenen zehn Jahre Zeit für eine Klage. Auch hierbei kann der Gang zum Schlichter die Frist unterbrechen. Allerdings gilt hierbei nicht das Datum der Kenntnisnahme, sondern der Termin, an dem die Beratung stattgefunden hat.
Ombudsmann bei Kunden oft nicht bekannt
„Viele Geschädigte kennen dieses Verfahren nicht“, berichtet Burmeister aus der Praxis. Es kostet kein Geld und der Kunde ist nicht an den Schlichterspruch gebunden. Es steht ihm frei, mit seinem Anliegen vor Gericht zu ziehen. Besonders Mandanten, die nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, sollten das Angebot nutzen, um sich eine erste Einschätzung ihrer Situation zu holen.
In der Fristunterbrechung sieht auch die Versicherungsspezialistin bei der Hamburger Verbraucherzentrale, Edda Castellò, den größten Vorteil beim Ombudsmann-Verfahren. Sie hat für Versicherungskunden einige wichtige Urteile erstritten und fürchtet nun, dass Verjährungsfristen ablaufen, bevor die Kunden ihre Ansprüche aus den Urteilen geltend machen können. „Viele haben vor dem Urteil versucht, ihre Ansprüche bei den Versicherern geltend zu machen und sind abgeblitzt. Für manche ist die Frist schon abgelaufen. Ich hoffe darauf, dass Versicherungsobmann Prof. Günter Hirsch sich einen Ruck gibt und Rechtsmissbrauch geltend macht, um die Verjährung aufheben zu können.“ Sie weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung, dass es entscheidend auf die Besetzung der Ombudsstellen ankommt und darauf, ob der Schlichter das Wohl der Kunden im Auge hat oder sich stur an die gängige Rechtsprechung hält.
Für seine eher bankenfreundliche Haltung hat sich Gerd Nobbe, derzeitiger Ombudsmann beim Bundesverband Investment und Asset-Management BVI, selbst bekannt gemacht. Als Richter am BGH stellte er sich in Fragen zur Finanzierung der Schrottimmobilien auf die Seite der beklagten Bank. Jetzt ist er zuständig für Fragen, die die Fonds an sich betreffen. Mit falschen Empfehlungen des Bankberaters hat er nichts zu tun.
Eher eine ausgelagerte Beschwerdestelle ist die Schlichtungseinrichtung der Sparkassen. Hier darf der Ombudsmann nur eine Empfehlung aussprechen.
Unverbindlich für Bank und Kunde sind auch die Schlichtersprüche des Ombudsmanns der Volks- und Raiffeisenbanken, des ehemaligen BGH-Richters Dr. Alfons van Gelder. Lehnt die Bank oder Sparkasse die Einschätzung des Schlichters ab oder fühlt der Kunde sich ungerecht behandelt, rät Verbraucherschützerin Gabriele Schmitz: „Geschädigte sollten sich dadurch nicht entmutigen lassen.“ Sie können sich bei den Verbraucherzentralen die nötigen Informationen holen, um dann zu entscheiden, ob sich der Gang vors Gericht lohnt.
Zusammenlegung aller Schlichtungsstellen
Inzwischen haben sich viele Branchen eigene Schlichtungsstellen zugelegt wie zum Beispiel die Bausparkassen, die Kranken- und Pflegeversicherungen. Auch die Kontrollbehörde BaFin verfügt über eine eigene Schlichterstelle, an die sich jeder mit seinen Problemen im Banken- und Versicherungsbereich wenden kann. Allerdings versperrt er sich damit die Möglichkeit, bei den Banken oder der Assekuranz vorzusprechen.
Sascha Straub, Referent für Finanzdienst-leistungen und Versicherungsjurist bei der Verbraucherzentrale Bayern in München, beobachtet diese Entwicklung kritisch: „Wir wünschen uns eine Vereinheitlichung der Schlichtungsstellen. Optimal wäre eine Einrichtung für alle Bereiche der Finanzbranche, die sich aus einem Topf finanziert, in den alle Finanzdienstleister anonym einzahlen.“ Dieses Verfahren würde seiner Meinung nach die Unabhängigkeit der Schlichter, die ja formal gegeben ist, stärken. Den Verbrauchern rät er für den Gang zum Gericht zu einer Rechtsschutzversicherung, die Auseinandersetzungen mit Banken und Versicherungen einschließt. Dieser Schutz ist nur bei Altverträgen automatischer Bestandteil. Die Rechtsschutzpolice der Commerzbank-Kundin war neueren Datums, weshalb sie sich zunächst die kostenlose Einschätzung des Ombudsmanns einholte.
Marlene EndruweitFachjournalistin für Wirtschaftm.endruweit@netcologne.de
Info
Der Weg zum Ombudsmann
Der Kunde wendet sich schriftlich an den Ombudsmann, beschreibt sein Anliegen und reicht die notwendigen Unterlagen ein. Die Fachleute in der Beschwerdestelle prüfen das Anliegen auf Zulässigkeit und Zuständigkeit. Fehlen noch Informationen setzt man sich mit dem Kunden in Verbindung und fordert die fehlenden Unterlagen an. Sobald alle Daten vorhanden sind, reicht der Ombudsmann die Beschwerde an die Bank oder Versicherung weiter mit der Bitte um Stellungnahme.
Gibt die Bank dem Kunden recht und regelt die Angelegenheit im Sinne des Kunden, ist das Schlichtungsverfahren beendet. Lehnt die Bank beziehungsweise Versicherung die Beschwerde ab, muss der Ombudsmann entscheiden. Fällt er seinen Spruch zugunsten der Bank, bleibt dem Kunden der Klageweg offen. Einen Einspruch kann er nicht einlegen. Entscheidet der Schlichter sich für den Kunden, muss sich die Bank bis zu einer Schadenssumme von 5 000 Euro dem Spruch beugen. Bei größeren Beträgen kann sie ablehnen. Versicherungen müssen bis zu einer Summe von 10 000 Euro den Schlichterspruch umsetzen.
Bei höheren Beträgen ist keine Partei gebunden. Mit Abgabe des Schlichterspruchs beginnt eine sechswöchige Frist. In dieser Zeit kann der Kunde sich überlegen, ob er vor Gericht zieht. Entscheidet er sich dagegen, läuft die Verjährung weiter.
Der Versicherungsobmann darf nur Schadensfälle bis zu einem Streitwert von 100 000 Euro bearbeiten. Außerdem ist es den Schlichtern untersagt, in Grundsatzfragen zu entscheiden. Das Ombudsmann-Verfahren ist kostenlos. Manche Ombudsleute dürfen nur unverbindliche Empfehlungen aussprechen.
Info
Die wichtigsten Schlichterstellen
• Finanzaufsicht
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht:www.bafin.de
• Banken
Bundesverband der deutscher Banken:www.bankenombudsmann.de
Genossenschaftliche Banken:www.bvr.de
Sparkassen: Sparkassen- und Giroverbände der einzelnen Länder
Landesbausparkassen:www.lbs.de
Private Bausparkassen:www.bausparkassen.de
• Versicherungen
Gesamtverband der Versicherungen:www.versicherungsombudsmann.de
• PKV
Private Kranken- und Pflegeversicherung:www.pkv-ombudsmann.de
• Fonds
Ombudsstelle Geschlossene Fonds:www.ombudsstelle-geschlossene-fonds.de