Bei Anlagen clever kombinieren
Quizfrage: Was haben Spekulanten und vorsichtige Anleger gemeinsam? Beide verlieren Geld. Die einen, weil sie zu viel riskieren und die anderen, weil sie sich wenig trauen. Viele Sparer sind verunsichert und beobachten ängstlich, wie das Vermögen auf dem Sparkonto ständig an Wert verliert. Der Grund: Die Minimalzinsen in Höhe von 0,5 Prozent reichen bei Weitem nicht aus, um die Inflationsrate von 1,4 Prozent (September 2013) in Deutschland auszugleichen. EU-weit betrug die Rate 1,1 Prozent.
Die schlechte Nachricht ist, dass sich an diesem Zustand auch in den kommenden Monaten, vielleicht sogar Jahren, kaum etwas ändern wird. In diesem Sinne hat sich jedenfalls Anfang Juli dieses Jahres der Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi geäußert. Er glaubt, dass die schwachen EU-Länder weiterhin zu niedrigen Zinsen Geld benötigen. Anfang Oktober deutete er sogar die Möglichkeit weiterer Zinssenkungen an. Zurzeit liegt der Leitzins nur noch bei 0,25 Prozent. In fünf Jahren senkte die EZB ihn von 4,25 Prozent auf den jetzigen Tiefststand. Auch in den USA bleibt es bei dem billigen Geld. Dafür steht die Berufung der zukünftigen Notenbankpräsidentin Janet Yellen.
Im Sinne der Sparer bleibt allerdings zu hoffen, dass es in Europa und speziell in Deutschland nicht zu japanischen Verhältnissen kommen wird. Dort dauerte die Niedrigzinsphase 20 Jahre. Zwar zeigte sich in den vergangenen Wochen eine leichte Tendenz zu steigenden Zinsen. Das gilt zumindest für einige Angebote für Tagesgeld. Doch Max Herbst, Geschäftsführer des Finanzinformationsdienstes fmh, meint dazu: „Es kann sein, dass einige Banken Geld einsammeln wollen und deshalb mit leicht erhöhten Zinsen locken. Doch eine Abkehr von den niedrigen Zinsen kann ich darin nicht erkennen. Wahrscheinlich ist, dass nur der Abwärtstrend gestoppt ist.“
Viele sorgen schon jetzt privat vor
Den deutschen Anlegern bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich auf diese Gegebenheiten einzustellen und die Entwicklung ihrer Anlagen realistisch zu betrachten. Die meisten Deutschen sorgen neben ihrer Rentenversicherung beziehungsweise den Zahlungen an Versorgungswerke über eine Lebensversicherung für ihr Alter vor. Die Rendite liegt im Schnitt bei etwas unter vier Prozent mit sinkender Tendenz. Die gibt es aber nur auf die Spareinlagen, nicht auf die gesamten Beiträge.
Die Assekuranzunternehmen profitieren derzeit immer noch von Altanlagen. Das heißt, sie kassieren noch Zinsen für festverzinsliche Papiere, die sie vor Jahren gekauft haben. Aber deren Laufzeit dürfte bald enden. Ebenso sichere Neuanlagen gibt es nur zu niedrigeren Zinsen.
Die Alternative besteht in höheren Renditen verbunden mit größeren Risiken. Doch dürfen Versicherungen nur sehr begrenzt Risiken eingehen, um das Kapital ihrer Kunden nicht zu gefährden. Die Quittung bekommen die Sparer am Ende der Vertragslaufzeit, wenn die Lebensversicherung ausgezahlt wird. Viel mehr Rendite als der garantierte Zins von 1,75 Prozent dürfte es nicht sein. Denn die Überschussbeteiligungen werden Jahr um Jahr geringer ausfallen.
Der Branchenprimus Allianz attestiert in seinem Global Wealth Report vom September dieses Jahres den Deutschen, dass sie relativ gut durch die Krise gekommen sind. Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz erläutert: „Eine hohe Sparbereitschaft, gepaart mit einer guten Einkommensentwicklung, konnte bisher den scharfen Rückgang der Zinsen kompensieren.“
Für die Zukunft sehen die Experten jedoch schwarz. Sie beobachten, dass die Sparer sich von langfristigen Anlagen wie die Lebensversicherung ab- und kurzfristigen Bankeinlagen zuwenden. Längerfristig fürchtet man japanische Verhältnisse beim Vermögenswachstum. Dort liegt es derzeit bei null. Heise resümiert: „Die komplette Rechnung der Niedrigzinspolitik wird uns erst in Zukunft präsentiert werden.“
Viele Deutsche glauben, dass der Erwerb von Immobilien sie vor dem Vermögensverlust schützen kann. Beim Baugeld wirkt sich das Zinstief entsprechend positiv aus. Doch Vorsicht ist geboten beim Kauf von Häusern und Eigentumswohnungen. Vor Kurzem mahnte die Deutsche Bundesbank die überhöhten Immobilienpreise in deutschen Großstädten wie München, Frankfurt oder Hamburg an.
Mehr als die Hälfte der Sparer aber lagern ihr Kapital immer noch auf Sparbüchern zu Zinsen von 0,5 Prozent und weniger. Das garantiert selbst bei einer relativ niedrigen Inflationsrate von 1,5 Prozent ein Verlustgeschäft. Da kommt bei vielen Anlegern schon Freude auf, wenn sie ein Tagesgeldkonto finden, das sich mit ebenfalls 1,5 Prozent verzinst und so wenigstens die Geldentwertung ausgleicht.
Für die Altersvorsorge reicht das nicht. Das zeigen die Zahlen: Aus 10 000 Euro werden bei einem Zins von 1,5 Prozent in 20 Jahren knapp 13 500 Euro. Wer es schafft, die Rendite auf 3,5 Prozent hochzuschrauben, bekommt immerhin knapp 20 000 Euro.
Attraktive Banksparpläne locken Kunden
Merten Larisch ist bei der Bayerischen Verbraucherzentrale zuständig für diesen Bereich. Er rät, sich doch etwas intensiver mit der Suche nach interessanten Zinsanlagen zu beschäftigen. Fündig wird man beispielsweise bei den Banksparplänen. So bietet die Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft eine Rendite von 3,31 Prozent, wenn man zwölf Jahre lang monatlich 100 Euro einzahlt. Die Hamburger Sparkasse lockt mit 3,20 Prozent und die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 mit 2,86 Prozent. Dazu Larisch: „Diese Konditionen sind deutlich günstiger als das, was man bei vielen Lebensversicherungen herausholen kann.“ Außerdem fallen bei diesen Anlagen keine Zusatzkosten an. Doch nur auf Zinspapiere zu setzen, hält der Experte für keine gute Idee.
Als risikoreicher, als die Werbung verspricht, erweisen sich bei näherem Hinsehen die Kombiprodukte. Mit „fest fonds“ lockt zum Beispiel die Comdirect Zinsfrustrierte. Sechs Monate lang werden vier Prozent geboten, wenn der Kunde die Hälfte des Anlagebetrags in einen von zehn Fonds steckt. Satte 3,5 Prozent für zwölf Monate verheißt die Volkswagenbank. Dafür investiert der Kunde mindestens 5 000 Euro in einen Fonds und zahlt zusätzlich eine Depotgebühr von 23,40 Euro pro Jahr. Bei allen Kombianbietern wird ein Ausgabeaufschlag fällig, der die Rendite verringert. „Auf diese Weise“, kritisiert Verbraucherschützer Niels Nauhauser, „lockt man Festgeldkunden in die risikoreichere Aktienanlage.“ Viele wollen das nicht.
Aktien als Beimischung überlegenswert
Dabei hat eine Investition in Aktien große Vorzüge. Wie alle guten Anlageberater rät auch Larisch dringend zur Diversifikation. Mit ins Portfolio gehört unbedingt eine Sachwertanlage. Am besten geeignet sind Aktien. Ein Blick auf die Entwicklung des Dax zeigt, dass inzwischen sehr viele Anleger diesen Gedanken verfolgen. Das Börsenbarometer erreicht ständig neue Höchstwerte. Am 7. November stieg er auf 9 162 Punkte – so hoch wie nie zuvor.
Wer jetzt einsteigen will, geht das Risiko fallender Kurse ein. Doch niemand weiß, ob die Aktien jetzt teuer sind oder nicht. Larisch hat da seine eigene Ansicht: „Vielleicht sind die Kurse ja jetzt auch günstig. Wer weiß denn, ob sie in Zukunft nicht noch rasant ansteigen werden. Das wissen auch die Fondsmanager nicht. Sie können nur zurückblicken. Die Zukunft kennen sie nicht. Für die Altersvorsorge sind Aktien die beste Sachwertinvestition.“
Gerade in diesem Jahr hat sich gezeigt, dass die Dividenden häufig höher ausfielen als die Zinsen. So beträgt die Dividendenrendite der 30 Dax-Konzerne zurzeit im Durchschnitt 3,6 Prozent. Wer das Risiko und damit seine Ängste bei einer Aktienanlage reduzieren will, entscheidet sich für einen Fonds. Der investiert in eine Vielzahl verschiedener Papiere und streut so das vorhandene Risiko.
Besonders empfehlenswert ist der Kauf von Indexfonds (ETF) zum Beispiel auf den Weltaktienindex MSCI World. Er stellt die Entwicklung von 1 600 Aktien aus aller Welt dar. Wer es gern überschaubarer hat, entscheidet sich für einen ETF auf den Dax. Damit liegt er auch nicht verkehrt, sind die darin enthaltenen Konzerne doch weltweit aktiv und nicht nur von der heimischen Konjunktur abhängig. Verstärkt rendite- steigernd wirkt sich bei den ETF aus, dass für sie kaum Kosten anfallen.
Wer längerfristig ein Aktienvermögen aufbauen möchte, kann regelmäßig in einen ETF-Sparplan einzahlen. Damit reduziert er gleichzeitig die Gefahr, zu überhöhten Kursen zu kaufen. Denn sind die Kurse schwach, gibt es für denselben Betrag mehr ETF-Anteile als bei höheren Kursen. Damit hat der Anleger die Gewähr, im Schnitt zu günstigen Preisen zu kaufen.
Krisengeschädigte Sparer, die dem Euro nicht so recht trauen, können einen Teil ihres Vermögens in ETF anlegen, die zum Beispiel auf Anleihen in Fremdwährungen basieren. Zur Streuung gehört auch die Anlage in Immobilien. Viele Zahnärzte besitzen bereits ein selbst genutztes Einfamilienhaus, manche sogar Mietobjekte. In diesen Fällen kommt eine zusätzliche Immobilienanlage kaum infrage, weil die Konzentration auf diesen Bereich zu hoch wäre. Interessant für die Fans des Betongolds könnte die Investition in ETF sein, denen Aktien von Unternehmen zugrunde liegen, die in Immobilien investieren (Reits).
Anders als für reale Häuser reicht für den Kauf von ETF eine sehr viel kleinere Summe und sie lassen sich jederzeit wieder zu Bargeld machen. Allerdings unterliegen ihre Kurse dem Auf und Ab der Börse.
Mit Gold dem Wertverfall vorbeugen
Um die Verteilung des Vermögens zu komplettieren, rät Larisch einen Teil von maximal fünf Prozent in Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin oder Palladium zu investieren. Am besten eignen sich seiner Meinung nach Barren, wobei Gold am gängigsten ist und zudem weltweit als eine Art Ersatzwährung gilt. Das edle Produkt dient allein der Absicherung und weniger der Hoffnung auf Rendite.
Zwar ist der Goldpreis mit derzeit knapp 1 310 Dollar pro Feinunze immer noch ziemlich hoch, auch wenn er deutlich unter seinem Hoch von rund 1 900 Dollar im vergangenen Jahr liegt. Larisch geht davon aus, das der Goldpreis langfristig noch weiter steigen wird. Grundsätzlich unterliegt er – wenn man die Vergangenheit betrachtet – starken Schwankungen. Wie Aktien handelt es sich bei Edelmetallen um eine langfristige Anlage, für die mindestens fünf Jahre Zeit sein sollte.
Während dieser Frist könnten die Zinsen vielleicht doch mal wieder anziehen. Wenn nicht, liegt es an den Anlegern, die besten Angebote für sich herauszufinden. „Denn“, so der Finanzberater Volker Loomann, „einen Rechtsanspruch auf Zinsen gibt es nicht.“
Marlene EndruweitFachjournalistin für Wirtschaftm.endruweit@netcologne.de