Rolle und Zukunft der Freien Berufe in Europa

Im Dienst für Qualität

Die Rolle und Zukunft der Freien Berufe stand im Fokus einer Anhörung im Europäischen Parlament, die die Fraktion der Europäischen Volkspartei am 24. September 2013 in Brüssel organisierte. Es gab ein breites Meinungsspektrum. Fest steht, dass Freiberufler einen besonderen Beitrag für das Gemeinwohl leisten.

Unter dem Titel „Freie Berufe in der Europäischen Union – Herausforderungen und Potentiale“ hatten die Europaabgeordneten Klaus-Heiner Lehne (CDU), Vorsitzender des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, Dr. Andreas Schwab (CDU), binnenmarktpolitsicher Sprecher der EVP-Fraktion, und Dr. Angelika Niebler (CSU) zu einem halbtägigen Meinungsaustausch eingeladen.

Aktueller Aufhänger der Veranstaltung war die Revision der Berufsanerkennungsrichtlinie und die Anfang Oktober 2013 von der Generaldirektion Binnenmarkt der Europäischen Kommission veröffentlichte Mitteilung über regulierte Berufe in Europa.

Unter den Diskutanten waren der Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe BFB, Dr. Rolf Koschorrek, Dr. Alexander Lücke, Referatsleiter aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Prof. Dr. Martin Henssler vom Europäischen Zentrum für Freie Berufe der Universität Köln sowie der Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer Ekkehart Schäfer. Die Europäische Kommission wurde durch den Referatsleiter Dienstleistungen für Verbraucher der Generaldirektion Binnenmarkt, Jürgen Tiedje, sowie den Referatsleiter Unternehmertum und Soziale Wirtschaft der Generaldirektion Unternehmen, Marco Curavíc vertreten.

In seiner Begrüßung betonte Schwab, dass die Freien Berufe nicht bloß als „Unterfall“ der reglementierten Berufe angesehen werden dürften. Vielmehr genössen sie ein Höchstmaß an Vertrauen aufgrund der hohen Qualität ihrer Ausbildung und ihrer Leistungen. Zudem erfüllten die Freien Berufe in vielen Fällen einen wichtigen Gemeinwohlauftrag. Diese besondere Vertrauensstellung müsse auch der EU-Gesetzgeber berücksichtigen, so Schwab.

Mehr Öffnung und mehr Wachstum

Tiedje stellte die Anfang Oktober 2013 veröffentlichte Mitteilung der Europäischen Kommission zu den reglementierten Berufen vor und betonte, dass die Mitteilung den Beginn einer breit angelegten Diskussionen über reglementierte Berufe in Europa markiere und von den Freien Berufen nicht als Bedrohung angesehen werden solle. Er unterstrich, dass die im Europäischen Rat versammelten Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten grünes Licht für mehr Öffnung und mehr Wachstum im Dienstleistungsbereich gegeben hätten. Die Mitteilung habe primär zum Ziel, sich einen Überblick über die Vielzahl regulierter Berufe in den EU-Mitgliedstaaten zu schaffen. In der Folge seien die EU-Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, die Vorschriften über Qualifikationen, die den Berufszugang regeln, zu überprüfen und zu modernisieren. Kernanliegen der Generaldirektion Markt sei es, vor allem Transparenz herzustellen. Der Hauptgeschäftsführer der BZÄK, RA Florian Lemor, nutzte die Gelegenheit, Tiedje damit zu konfrontieren, dass jüngste Erfahrungen aus den Niederlanden gezeigt hätten, dass – entgegen der allgemeinen Prognose der Kommission – die Freigabe zahnärztlicher Gebühren nicht automatisch zu einem Absinken der Gebühren geführt habe.

Curavíc berichtete über die Arbeit der Taskforce Freie Berufe, die die Europäische Kommission im Rahmen des EU-Aktionsplans Unternehmertum 2020 eingerichtet hat. Ziel dieser Arbeitsgruppe, der auch Lemor in seiner Funktion als stellvertretendes Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses angehört, sei es, freiberufliches Unternehmertum zu fördern und so wichtige Wachstums- und Beschäftigungsimpulse zu setzen.

In seinem Beitrag wies Henssler darauf hin, dass eine einheitliche Definition des Begriffs Freier Beruf auf europäischer Ebene fehlt, worin sich seiner Meinung nach das zum Teil sehr unterschiedliche Verständnis von Freiberuflichkeit in Europa widerspiegelt. Er zeigte auf, dass es verschiedene Regulierungsmodelle innerhalb der EU-Mitgliedstaaten gebe, wodurch auch die Rolle der Selbstverwaltungskörperschaften innerhalb der EU unterschiedlich ausgeprägt sei. Vor diesem Hintergrund unterstrich Henssler, dass eine weite Definition des Begriffs Freier Beruf, ähnlich wie im Rahmen der vom europäischen Dachverband der Zahnärzte (CED) ausgearbeiteten Charta der Freien Berufe erfolgt, sicherlich förderlich sei und daher in der Arbeitsgruppe Freie Berufe der Europäischen Kommission diskutiert werden sollte.

Definition erforderlich

Mit Blick auf die Europäische Kommission mahnte Niebler an, dass Deregulierung allein um des Wachstums willen kein Königsweg sei. Es gelte, die Interessen der Verbraucher und Patienten an einer hohen Qualität freiberuflicher Dienstleistungen zu berücksichtigen. Niebler regte angesichts des unterschiedlichen Verständnisses von Freiberuflichkeit in den EU-Mitgliedstaaten an, auf europäischer Ebene eine Definition des Begriffs zu erarbeiten und nannte in diesem Zusammenhang die von der europäischen Zahnärzteschaft verabschiedete Charta der Freien Berufe ein Vorbild.

Dr. Alfred BüttnerBZÄKLeiter der Abteilung Europa/InternationalesAvenue de la Renaissance 1B-1000 Brüssel

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